Connect with us

DTJ-Blog

Immer alles besser machen wollen oder war früher tatsächlich alles besser?

Published

on

Das Erbe, Streit, Katastrophe, Menschheit, Ziele
Spread the love

Ich muss mich doch langsam mal fragen, wo die ganzen Schrauben eigentlich hingerollt sind, die massenweise aus den Köpfen der Weltbevölkerung heraus gefallen sein müssen. Es rollen Probleme auf uns zu, die definitiv nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung zu lösen sind. Trotzdem streiten wir uns bis aufs Blut über Lächerlichkeiten, Banalitäten und Blödsinn, wie er dümmer nicht sein könnte.

Wo wir stehen

Das Google Release vom Dienstagabend hat wieder einmal gezeigt, was für Blitzbirnen wir Menschen eigentlich sind. Bald kommen sprachgesteuerte Allround-Assistenten ins Haus, die nicht nur jede Frage beantworten können, sondern auch unsere Terminplanung übernehmen, die Geräte ansteuern, mit unseren Partnern kommunizieren und noch vieles andere mehr…

Gleichzeitig wird die neue KI (Künstliche Intelligenz) der Übersetzungs-Software vorgestellt, mit der in Kürze sämtliche Sprachbarrieren fallen dürften.

Wir können – alles. Technisch. Theoretisch. Aber das reicht einfach nicht.

Eines der Hauptprobleme, die ich sehe, ist unsere Ziellosigkeit. Wir stehen am Ende einer dialektischen Oszillation, die uns mehr verwirrt als Antworten gibt. König und Feudalherrschaft? Funktioniert nicht. Diktatur und Faschismus? Nur für die ganz Doofen zu gebrauchen. Direkte Demokratie mit Volksentscheiden? Nett gemeint, geht aber in der Regel nach hinten los. Parlamentarische Demokratie? Fürs Tagesgeschäft ganz gut, aber Visionen und Zielsetzungen sind kaum umsetzbar.

Und das brauchen wir heute. Jeder einzelne muss sich die Frage stellen, was für eine Welt er eigentlich will. Die mediale Problembewusstsein-Kompetenz ist ja ganz schön und gut. Aber was genau wird erreicht, wenn wir die angeblichen Probleme lösen?

Wir brauchen ein Ziel

Was wird erreicht, wenn wir uns nur noch biologisch, vegan und fleischfrei ernähren, nur noch Fahrrad fahren, auf Konsum verzichten, zu Hause arbeiten und unsere Kinder bespaßen, keinen Müll produzieren und uns für den Weltfrieden einsetzen? Was genau steht am Ende der Reise, wenn Tiertransporte verboten werden, Schlachthöfe geschlossen werden, kein Fisch mehr aus dem Meer gezogen werden darf?

Abgesehen davon, dass die Umsetzung dieser Ziele nach gegenwärtigem Stand nicht durchsetzbar ist, muss man trotzdem bei allem willkommenen Problembewusstsein die Fragen zu Ende denken. Wenn keine Tiere mehr geschlachtet werden, werden auch keine mehr gezüchtet. Und die ganze Peripherie, samt Tierärzten, Futteranbau, Stalltechnik fällt dann auch weg. Gleiches gilt für Mobilität: Kein Auto bedeutet auch keine Autoindustrie mehr. Was ist damit erreicht, wenn damit die Grundfeste der Wirtschaftsordnung mal eben abgeschafft werden?

Nichts. Nichts wird erreicht. Die bestehenden Probleme werden verschärft und verlagert. Das war es aber auch schon, was am Ende der geforderten vegan-bewussten-ökologischen Revolution steht. Die Kernfragen werden von den Problembewusstsein-Weckern nicht beantwortet.

Autonomes Fahren. Industrie 4.0 mit erheblicher Ausweitung der Automatisierung. Züchtung von Fleisch direkt in der Petrischale. Volle Virtualisierung und Digitalisierung der Arbeitsprozesse. 3D Druck in allen Größen und mit allen Materialien. All das ist nur noch eine Frage von wenigen Monaten, bis es für uns zur Normalität wird. Wie schnell wir mittlerweile Innovationen adaptieren, können wir an Smartphones und Facebook sehen. Plötzlich können wir internationale Freundschaften schließen und uns jederzeit mit irgendwelchen wildfremden Menschen aus weit entfernten Ländern unterhalten, als würden sie im Nachbarhaus sitzen. Das ist alles ganz toll – aber wird es uns retten?

Wenn man sich die dummdreiste Ausübung von grausamer Gewalt mit immer noch den gleichen, dämlichen Rechtfertigungsversuchen in den Krisenherden der Welt ansieht, dann muss man sich schon fragen, wo benannte Schrauben hin gerollt sind. Oder… stecken am Ende System und Absicht dahinter?

Wir sind die Katastrophe

Ich war sieben Jahre alt, als ich meine ältere Schwester gefragt habe, wie viele Menschen auf der Erde leben. Das war 1978 und ihre Antwort war „4 Milliarden“. Inzwischen haben wir fast doppelt so viele. Und hätte China nicht die rigorose Ein-Kind-Politik auf Jahrzehnte fest geschrieben, wären wir schon bei vielleicht zehn Milliarden. Was also wird erreicht, wenn wir die Kriege beenden, die Hungersnöte beseitigen, den Menschen faire Wachstumsbedingungen geben und die Erde ökotechnisch mal so richtig durchputzen? Im schlimmsten wie im besten Fall das Gleiche: Wir werden noch mehr werden. Nur dass wir dann auch noch zusätzlich noch älter werden.

Betrachtet man sich die riesigen Ödlandschaften, die es auf der Welt gibt, dann ist eine Vervielfachung der Weltbevölkerung eigentlich kein Problem. Die Technik steht bereit, um ökologisch nachhaltig Trinkwasser aus Meerwasser zu erzeugen, mit Indoor-Farming-Systemen genügend Gemüse anzubauen und Laborfleisch das benötigte Protein zu erzeugen. Trotzdem ist es dann immer noch nur ein Wachstum um des Wachstums willen. Wir werden dann eben immer mehr. Wie ein Schimmelpilz, der sich immer weiter ausbreitet und sich den eigenen Nährboden wegfrisst. Zu tun bleibt für den einzelnen dann dennoch immer weniger. Neben all den wirtschaftlich-technischen Herausforderungen lauert dann auch noch die kollektive Langeweile und gefühlte Nutzlosigkeit als Gefahr für den sozialen Frieden.

Keine Antwort in Sicht

Was also machen wir mit all diesen Menschen? Elon Musks Ruf zum Mars ist ulkig, aber irgendwie auch albern. Was haben wir denn erreicht, wenn wir DIESE Menschen auf andere Planeten bringen? Die Forderung nach dem „neuen Menschen“ ist ungefähr so alt wie die Menschheit selbst. Sie ist der Kern dessen, was von den Propheten der ersten Stunde eingefordert wurde: Wachse, Mensch. Lass das Tier hinter dir und erkenne deine Potentiale. Übernimm Verantwortung und schau nach vorne.
Leider waren es auch die grausamsten aller Diktatoren, die gleiches von ihren und anderen Völkern verlangt haben. Robespierre, Napoleon, Hitler, Stalin, Pol Pot, Mao und wie sie alle hießen und heute noch heißen: Sie versprechen den neuen Menschen und erreichen – nichts. Außer der Verzögerung des Kollapses der Erde durch Überbevölkerung. Müssen wir ihnen am Ende noch dankbar sein?

Der Plastikmüll in den Meeren und der kaum noch vorhandene Regenwald sollten uns zumindest für die nächsten zweihundert Jahre erst einmal genügend Arbeit geben. Wir und die Generationen nach uns sollten sich an den Gedanken gewöhnen, dass die individuelle Selbstfindungs-Egozentrik, welche seit dem zweiten Weltkrieg der heilige Gral der persönlichen Zielsetzung war, unglaublichen Schaden angerichtet hat. Die beliebte Fernsehserie „The Walking Dead“ erscheint beim gegenwärtigen Zustand der Welt geradezu prophetisch: Die Zombies sind Realität. Man braucht nur aus dem Fenster zu blicken. Es sind zwar nicht die zerlumpten Gestalten. Aber die Toten, die ihr Leben in vollen Zügen genossen haben, sind in Form ihrer tödlichen Hinterlassenschaften immer noch unter uns. Ob das durchseuchte Vietnam, der verklappte Atommüll, die durchrostenden Senfgasbomben in der Ostsee, der weggeholzte Regenwald oder die zugemüllten Ozeane – die Verbrauchsgenerationen sind zwar fleißig am Wegsterben. Ihren Dreck nehmen sie aber leider nicht mit.

Die viel gescholtene Generation der Erben hat es, global betrachtet, längst nicht so gut, wie immer behauptet wird. Denn der physisch vorhandene Müll ist längst nicht das schlimmste Erbe, welches uns unsere Vorfahren hinterlassen haben.

Die ARD wiederholt seit Jahren die „Tagesschau“ vor 20, 25 oder auch 30 Jahren. Und was begleitet mich, seit ich bewusst fernsehen kann wie ein Mantra? Richtig, Israel. Der ewige und nicht enden wollende Konflikt Israel. Zuletzt sind es messerstechende Jugendliche aus Palästina, die postwendend von gleichaltrigen Jugendlichen aus Israel täglich erschossen werden. Da frage ich mich doch: Wenn eine 19-jährige Soldatin eine 16-jährige Terroristin töten muss – was genau steckt dann dahinter? Doch nur eines: Die beiden bedauernswerten Mädchen leben das ungelöste Erbe ihrer Eltern, Großeltern und Urgroßeltern weiter. Und jede Volksgruppe wird unweigerlich auch der nächsten und übernächsten Generation die Mär vom Erbfeind ins Bewusstsein hämmern.

Wie kommt man da raus? Vor allem: Wie kommt man aus diesen Zyklen, ohne dabei sich dem Vorwurf des Verrats an den Eltern auszusetzen? Wir Deutschen haben in den 1960er Jahren der Kriegsgeneration ihre Verbrechen der Nazizeit nur so um die Ohren gepfeffert. Heute ist das Familienleben insgesamt eher ein Auslaufmodell und die muslimischen Mitbürger fragen sich, warum wir lieber Katzen und Hunde als Kinder zu Hause haben. Ein Blick in die Geschichte und die komplexe Volksseele der Deutschen gibt die Antwort: Wir wollen nicht so schuldig werden wie unsere Eltern.

Generationenkonflikte hat es immer gegeben. Heute ist aber ein Neustart und Infragestellen der elterlich angeeigneten Konzepte in einem Ausmaß erforderlich, das sehr schmerzlich sein wird. Aber bei allen Schuldzuweisungen an die Elterngeneration: Wie will man es denn bitteschön selbst besser machen?

Zynismus, Ignoranz, Akzeptanz?

Was also sollen wir machen? Dem neuesten BMW nachjagen, das Haus bauen und uns um unseren eigenen Kram kümmern, wie wir es immer gemacht haben? Das geht, fragt sich nur wie lange. Die alberne Prepper-Bewegung aus den USA verschiebt das Problem auch nur. Ist ja schön, dass die sich mit allem eingedeckt haben, was sie zum „Überleben“ nach dem Big Bang benötigen. Miteinander und mit der Welt klar kommen müssen sie aber dennoch.

Die Wirtschaft gebärdet sich als von der Realität entkoppeltes Fremdwesen, dessen Verantwortung nur dem eigenen Erhalt, nicht aber seiner Schnittstellen zur Wirklichkeit dient. Von dort können wir keine Antworten erwarten. Von mir leider auch nicht. Denn „die Antwort“ hat sich seit Tausenden von Jahren als immer das gleiche Trugbild, die immer gleiche Lüge erwiesen: Sie ist Tolkiens „Ring der Macht“. Die ultimative Idee, die sich toll anhört und der sich bequem nachrennen lässt. Das, was alle haben wollen, bei dem alle teilnehmen wollen, weil sie dort am wenigsten für ihr eigenes Tun verantwortlich sind. Ob nun eine Manager-Konferenz über die Qualität von militärischem Entlaubungsmitteln entscheidet oder eine Politiker-Konferenz die Vernichtung eines ganzen Volkes beschließt – im Endeffekt ist es das gleiche Muster. Agent Orange oder Zyklon B – einer Idee wird gefolgt, die von sämtlicher Verantwortung enthebt und jedes Mittel rechtfertigt. Insofern hat der IS das Rad auch nicht gerade neu erfunden.

Tja. Da stehen wir also. Wie soll es weiter gehen? Lasst mal hören. (Foto: Pixabay)