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Panorama

In der Türkei festgenommen: Vater soll eigene Tochter umgebracht haben

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Als Kind flüchtet ein Mädchen mit ihrer Familie aus Syrien nach Deutschland. Die Jugendliche lebt sich in Unterfranken schnell ein, findet einen Freund. Ihrem Vater soll das nicht gepasst haben – mit fatalen Folgen.

Vor knapp vier Jahren verschwand in Unterfranken ein syrisches Mädchen. Im Dezember 2018 fanden Spaziergänger schließlich das Skelett der 16-Jährigen bei Aschaffenburg. Nach jahrelanger Flucht muss sich der Vater der Jugendlichen von heute an vor dem Landgericht Aschaffenburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 46-Jährigen Mord vor.

Der Mann soll den Lebensstil seiner Tochter nicht akzeptiert und sie im Mai 2017 getötet haben, um sie zu bestrafen und seine Ehre wiederherzustellen, wie es das Gericht formulierte. Die junge Frau hatte einen sieben Jahre älteren Freund.

Auch Freund attackiert

Vorgeworfen wird dem Angeklagten mit syrischer Staatsbürgerschaft zudem versuchter Mord an dem Freund seiner Tochter. Etwa einen Monat nach dem Verschwinden der Jugendlichen war der damals 23-Jährige am Floßhafen in Aschaffenburg mit einem Messer attackiert und am Hals schwer verletzt worden.

Die 16-Jährige war am 4. Mai 2017 von Verwandten als vermisst gemeldet worden. Das Mädchen wohnte in Goldbach im Landkreis Aschaffenburg und war von seiner Berufsschule nicht nach Hause gekommen. Vergeblich hatte die Polizei unter anderem mit Flugblättern an der Aschaffenburger Berufsschule nach der jungen Frau gesucht. Ein Polizeihubschrauber war im Einsatz, ebenso Taucher im Main. Im Dezember 2018 fanden Spaziergänger das Skelett in einem Wald.

Der Angeklagte ist bereits polizeilich bekannt. Wegen Körperverletzung und Bedrohung seiner Tochter im Jahr 2016 war er schon zu einer neunmonatigen Haftstrafe verurteilt worden, trat diese aber nie an. Nach der Attacke auf den 23-Jährigen verschwand er.

In der Türkei festgenommen

Nach internationaler Suche konnte der Mann im vergangenen Jahr in der Türkei festgenommen und im Oktober nach Deutschland ausgeliefert werden. Seither sitzt er in Untersuchungshaft.

Die Große Strafkammer des Landgerichts Aschaffenburg als Schwurgericht hat 14 Verhandlungstermine angesetzt. Um einen Corona-konformen Prozess zu ermöglichen, wird im Schloss Johannisburg verhandelt.

In Deutschland werden immer wieder vor allem muslimische Frauen wegen ihres Lebenswandels getötet, wie etwa die Frauenhilfsorganisation Terres des Femmes informiert. Die „Ehrlosen“ werden häufig von Familienmitgliedern attackiert, die sich zu Wächtern der Sittlichkeit berufen fühlen. Es gibt aber auch Kritik an dem Begriff „Ehrenmord“.

Keine Statistik über „Ehrenmorde“

„Die Ehrverletzung wird in jedem Fall durch das Verhalten einer Frau verursacht, die gegen die ihr auferlegten Verhaltensnormen, die die weibliche Sexualität und die soziale Stellung der Frau betreffen, verstößt“, schreibt Terres des Femmes. „Im sozialen Umfeld des Täters wird die Tötung des Opfers als notwendige und angemessene Reaktion auf die begangene Ehrverletzung betrachtet und durch einen entsprechenden Kodex gerechtfertigt. Es findet eine Form der Selbstjustiz statt.“

Die jährliche Polizeiliche Kriminalstatistik hat keine Kategorie namens Ehre; Morde und Mordversuche werden nicht nach Motiven unterschieden.

dtj/dpa

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