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Politik

İncirlik: Bundestagspräsident bringt deutschen Abzug aus der Türkei ins Spiel

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Nicht einmal die Kanzlerin hat Präsident Erdoğan umstimmen können. Ankara verwehrt Bundestagsabgeordneten weiterhin einen Besuch der Bundeswehreinheiten in der Türkei. Was bedeutet das für den Einsatz?

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Im Bundestag wächst die Empörung über das Besuchsverbot für deutsche Parlamentarier auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt İncirlik. Bundestagspräsident Norbert Lammert schließt auch einen Abzug der dort stationierten Bundeswehreinheiten nicht mehr aus. Der CSU-Abgeordnete Reiner Meier verließ am Dienstag aus Protest gegen das Besuchsverbot die deutsch-türkische Parlamentariergruppe.

„Unser Dialog mit der Türkei läuft zunehmend ins Leere“, sagte Meier. Dass der Nato-Partner Türkei Bundestagsabgeordneten verbiete, die in İncirlik stationierten Bundeswehrsoldaten zu treffen, sei „eine unnötige Provokation“. Der stellvertretende Vorsitzende der Parlamentariergruppe, Özcan Mutlu, zeigte Verständnis für Meiers Austritt. „Seine Argumente sind absolut nachvollziehbar“, sagte der Grünen-Politiker. Er selbst wolle aber in der Gruppe bleiben, „denn die Türkei ist nicht nur Erdoğan, und unsere Aufgabe ist es, Risse zu kitten, wenn es Ärger gibt“. Sollte Ankara nicht einlenken, müsse jedoch über einen Abzug nachgedacht werden.

Lammert sagte der Süddeutschen Zeitung am Dienstag: „Vielleicht muss noch einmal verdeutlicht werden, dass der Bundestag dem Einsatz deutscher Soldaten im Ausland grundsätzlich nur zustimmt, wenn sie im Rahmen internationaler Missionen dort gebraucht werden und willkommen sind.“ Im Fall İncirlik müsse jeder wissen, dass die Soldaten „dort, wo sie nicht willkommen sind, nicht dauerhaft bleiben werden“.

Auch SPD-Generalsekretärin Karharina Barley zeigte sich verärgert über das Verhalten der türkischen Regierung. Für die Bundeswehr als Parlamentsarmee sei es „eine Selbstverständlichkeit, dass deutsche Abgeordnete unsere Soldaten im Ausland besuchen“. Deshalb müsse Angela Merkel „dem türkischen Präsidenten jetzt klarmachen, dass eine weitere Weigerung aus deutscher Sicht nicht ohne Folgen bleiben kann – sollte sich die Türkei weiter gegen einen Besuch sperren, ist der Abzug unserer Truppen eine denkbare Option“.

Die Bundeswehr ist als Teil der Anti-IS-Allianz auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt stationiert. Von dort starten deutsche Piloten zu Aufklärungs- und Betankungsflügen über Syrien. Dass die türkische Regierung neuerdings keine Abgeordneten mehr als Besucher in İncirlik dulden will, hängt mit der Armenier-Resolution zusammen. Ankara ist verärgert, weil der Bundestag im Juni eine Erklärung verabschiedet hatte, in der die Massaker an den Armeniern 1915 im Osmanischen Reich als Völkermord verurteilt werden.

Kurz darauf hatte die Türkei die Erlaubnis für einen für Mitte Juli geplanten Besuch von Verteidigungsstaatssekretär Ralf Brauksiepe (CDU) und einigen Abgeordneten verweigert. Die Verteidigungsexperten aller Bundestagsfraktionen haben inzwischen angekündigt, im September gemeinsam zu den Soldaten in die Türkei reisen zu wollen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Wochenende in einem Gespräch mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan am Rande des Nato-Gipfels vergeblich versucht, eine Einigung in der Sache zu erzielen.

Die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, forderte einen sofortigen Abzug aus der Türkei. Sie sagte, die Regierung dürfe sich nicht „von einem Erpresser und Terrorpaten abhängig machen“. Dass Merkel beim Nato-Gipfel trotz des Besuchsverbots der Entsendung von AWACS-Flugzeugen in die Türkei zugestimmt habe, sei „Politik im Tollhaus“. (dpa/ dtj)