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Politik

Iran auf dem Weg nach Westen

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Korruption muss verfolgt werden, ebenso wie Gesetzesverstöße. So weit kann der Soziologe Ali Bulaç die öffentliche Erregung über die Iran-Deals der Halkbank teilen. Andererseits betrachtet er deren Transaktionen mit dem Iran als legitim. (Foto: rtr)

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Korruption muss verfolgt werden, ebenso wie Gesetzesverstöße. Doch der Soziologe Ali Bulaç betrachtet die Transaktionen der Halkbank mit dem Iran als legitim.
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Der Korruptionsskandal hat die Türkei stark erschüttert. Ein wichtiger Teil dieser Affäre ist die Beteiligung de Halkbank, einer der drei Staatsbanken der Türkei, daran. Angeblich sei der Generaldirektor der Halkbank in Korruption involviert. Den Informationen, welche die Polizei an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet hat, zufolge seien 4,5 Millionen Dollar in Schuhkartons gefunden worden.

Dies sind vorerst alles nur Behauptungen. Ich hoffe, dass die Wahrheit durch einen fairen Prozess ans Tageslicht kommen wird.

Den Aussagen derjenigen zufolge, die behaupten, dass die Affäre das Ausmaß eines bloßen Falls von Korruption und Bestechung weit überschritten habe und eine klare politische Dimension erreicht habe, liege der eigentliche Skandal vor allem in der Beteiligung der Halkbank am illegalen Handel mit dem Iran, in dem die Bank als ein aktives Medium verwendet worden sei. Dies wäre, sollten sich die Vorwürfe bestätigen, in der Tat der Fall.

Es ist bekannt, dass der Iran versucht, durch verschiedene Methoden dem zunächst von den USA, dann auch von Israel vorangetriebenen Embargo zu entkommen. Vor allem Israel möchte um jeden Preis den Druck auf den Iran aufrechterhalten und würde auch einen Regimewechsel in Teheran begrüßen, weshalb Jerusalem auch ein besonders großes Interesse an der Aufrechterhaltung der Sanktionen durch den UN-Sicherheitsrat und den US-Kongress im Zusammenhang mit dem Atomprogramm des Landes hat.

Es ist auch wahr, dass sich auch die Türkei aufgrund der strategischen Beziehungen und des Partnerschaftsmodell mit der NATO, dem westlichen Lager und den Vereinigten Staaten an das Embargo halten muss. Somit stehen die Beziehungen zwischen Ankara und Teheran, vor allem ihr zunehmender bilateraler Handel kontinuierlich unter der Beobachtung der USA – von Zeit zu Zeit werden auch Warnungen ausgesprochen und Bedrohungen für die transatlantischen Verhältnisse beschworen.

Embargos treffen immer die Schwächsten

Doch diese Angelegenheit besitzt auch gewissensbezogene, moralische und rechtliche Aspekte. Wenn die Türkei trotz des Handelsembargos mithilfe der Halkbank ihren Handel mit dem Iran fortgesetzt hat, ist dies völlig legitim, legal und moralisch. Innerhalb von 10 Jahren erhöhte sie ihren Handel um das Doppelte und schaffte es, dabei ein Volumen von 30 Milliarden Dollar zu erreichen.

Wenn man schon die Grundlagen von Recht, Ethik und Legitimität bemühen will, müsste man eigentlich die Haltung der USA, welche ein Embargo gegen den Iran vorangetrieben hat, in Frage stellen. Ohne den geringsten Skrupel hatten die westlichen Staaten unter Führung der USA jahrelang ein Embargo gegen den Irak durchgeführt, vorgeblich um Saddam Hussein zu stürzen, währenddessen mehr als eine Million Kinder an Hunger und Krankheiten starb.

Der Iran befindet sich nun unter einer ähnlichen Blockade. Als Saddam erkannte, dass der 8-jährige Krieg gegen den Iran mit einer Niederlage enden würde, beschloss er, Chemiewaffen zu verwenden. Folglich war Iran gezwungen, einen Waffenstillstand zu unterzeichnen. Während Atomwaffen für die Länder der Region verboten sind, soll Israel Hunderte davon besitzen.

Gleiches Recht für alle

Einerseits versucht der Iran, Erdöl, das eines Tages zur Neige gehen wird, durch Atomenergie zu ersetzen, andererseits strebt er an, Israels Atommonopol zu zerstören. Doch ist es nicht nachvollziehbar, warum diese Tatsache die Türkei und die Länder der Region stören sollte. Wenn die Länder der Region klug sind, gehen sie eine nukleare Zusammenarbeit mit dem Iran ein und bewegen so entweder Israel dazu, selbst auf die Atomkraft zu verzichten, oder nutzen solche eben auch selbst.

Der gegebene Umstand, dass die Regierung der Türkei trotz des Embargos, den Handel mit dem Iran erweitert, lässt sich sowohl aus der moralischen Verantwortung gegenüber dem Bruderstaat als Nachbar, als auch aus den eigenen wirtschaftlichen Interessen heraus ableiten. Die trotz der Krise in Europa positive Lage des türkischen Marktes ist nicht zuletzt auch auf die Investitionen der arabischen Länder und aus dem Iran zurückzuführen. Darüber hinaus entscheiden sich die USA und die westlichen Länder zwar für ein Embargo, doch betreiben sie unter der Oberfläche trotzdem heimlich Handel mit dem Iran.

Dass der Iran mit diesem oder jenem Land Handel treibt, ist gleichzustellen mit dem Recht und der Pflicht eines Familienvaters, welcher auf der Suche nach Nahrung und Medizin für seine Kinder ist. Werden wir glücklich, wenn Kinder im Iran sterben?

Unterlaufen der Sanktionen führte zur Abkehr von Ahmadinedschad-Politik

An dieser Stelle gibt es noch einen weiteren Punkt: Das Verhältnis Saudi-Arabiens zu einer Reihe von Organisationen und das wiederholte Ausscheren der Türkei innerhalb der westlichen Allianz seit 2011 führten zu einer Normalisierung der Beziehungen zwischen dem Iran und der USA und dem Westen. Der Iran hat die Ahmadinedschad-Ära hinter sich gelassen und durch einen „klugen Zug“ mit Rohani eine neue Seite offenbart.

Sogar Peres, der Präsident Israels, hielt es für denkbar, dass er sich mit „Rohani, dem neuen Gesicht Irans“ treffen würde. Sowohl die allgemeinen Interessen der Türkei als auch die dringend erforderliche Lösung für Syrien sind von der Intensivierung der Beziehungen zum Iran abhängig. Mit anderen Worten: Über die Regierung in der Öffentlichkeit über deren Handelsbeziehungen zum Iran zu lamentieren, bringt weder eine moralische Legitimität noch einen politischen Nutzen hervor.

Dessen ungeachtet sollte nicht ignoriert werden, dass die Operation bezüglich der Halkbank den Iran-Faktor weit überschreitende, andere Dimensionen besitzt. Eine der beiden Hauptüberlegungen, welche man hervorheben sollte, lautet: Es muss geklärt werden, aus welchen Motiven und Gründen der Bankdirektor die 4,5 Millionen Dollar bei sich zu Hause aufgehoben hat. In der zweiten Überlegung sollte untersucht werden, an wen, an welche Firmen und Unternehmen, die Bank faule Kredite eingeräumt hat und wem seitens der öffentlichen Bank konkret ein Vorteil verschafft wurde.

Dies ist nun die Aufgabe der Justiz.