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Politik

Immer mehr FSA-Kämpfer laufen zum IS über

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Während kurdische YPG-Einheiten mithilfe der US-Luftschläge die Terrormiliz in Schach halten können, gewinnt IS in anderen Landesteilen an Boden. Vor allem auf FSA-Einheiten entfaltet der „Islamische Staat“ ungemeine Anziehungskraft. (Foto: reuters)

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Die Offensive der Anti-IS-Koalition im Norden Syriens zeigt in einigen Teilen des Landes und des benachbarten Iraks Wirkung. Vor allem den Kämpfern der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) gelingt es, mithilfe der Luftunterstützung durch die US-geführte Mission die Terrormiliz zurückzudrängen oder zumindest an einem weiteren Vorrücken zu hindern.

Ähnlich sieht es in Teilen des Irak aus, und zwar überall dort, wo einheimische Bodentruppen präsent sind, die in der Lage sind, den Support aus der Luft zu nützen und auch starken Rückhalt in der Bevölkerung aufweisen.

Dies sind Entwicklungen, die zweifellos geeignet sind, den Enthusiasmus der Befürworter der Luftoffensive gegen den IS zu bestätigen. Allerdings scheint, glaubt man den Analysen des „Guardian“, auch in diesem Zusammenhang zu gelten: „Die im Dunkeln sieht man nicht.“

Eine Reihe von Interviews der britischen Zeitung mit Kämpfern und Kommandanten der vom Westen unterstützten, die vermeintliche „moderate Opposition“ gegen Präsident Bashar al-Assad repräsentierenden Freien Syrischen Armee (FSA), deutet darauf hin, dass die US-Luftschläge in Syrien regierungsfeindliche Kräfte dazu veranlasst, mit der Terrormiliz Absprachen und Bündnisse einzugehen oder sogar komplett zu dieser überzulaufen.

„Drei Jahre lang hat uns keiner gegen Assad geholfen“

Manche Brigaden der FSA haben die Seiten gewechselt, andere suchten taktische Allianzen oder einen Waffenstillstand mit dem „Islamischen Staat“. Auch unter der Zivilbevölkerung komme es zu einer zunehmenden Solidarisierung mit dem IS, aus Wut und Enttäuschung über die US-geführte Militäroperation.

Ein Gesprächspartner namens Abu Talha, der vor einigen Monaten die FSA verlassen hatte und nun mit Kämpfern versprengter Gruppen und Al-Nusra verhandelt, spricht davon, dass „IS nun wie ein Magnet wirkt, das eine große Zahl an Muslimen anzieht“. Assam Murad von einer 600 Mann starken FSA-Brigade nahe Homs, betonte: „Wir würden auf keinen Fall gegen IS kämpfen nach der US-Militäroperation gegen die Gruppe“.

Abu Zeid, Deserteur der regulären Armee Präsident Assads und nun FSA-Kommandant, erklärt: „Alle hier fragen sich, warum die US-Koalition sich nie hat blicken lassen, um uns vor Assads Maschinengewehren zu schützen, aber sofort gegen die IS vorgeht, nachdem diese ein paar Flecken Landes erobert hatte. Wir hatten schwere Kämpfe gegen IS ausgefochten, nachdem sie die von uns befreiten Landstriche konfisziert hatte, aber jetzt haben wir einen Waffenstillstand, wenn nicht gar eine Allianz mit ihnen.“

Auch ein Blick in die sozialen Netzwerke zeigt, dass innerhalb der syrischen Opposition eher Enttäuschung über die US-Administration herrscht und bereits aus diesem Grund viele den Weg zur Terrormiliz suchen. „Wir haben drei Jahre keine Waffen bekommen, um uns gegen Assad zu verteidigen“, so Abu Talha. „Aber jetzt kommen US-Waffen, damit wir damit gegen IS kämpfen.“

IS als Garant der sozialen Ordnung?

Für ihn sind die IS-Kämpfer „an der Wahrheit orientierte Djihadisten“, er habe seine Kämpfer dazu ermutigt, mit ihm die Fronten zu wechseln – und mehr als 200 seiner Getreuen folgten ihm, gemeinsam mit weiteren FSA-Brigaden und Teilen der Bevölkerung.

In zahlreichen Städten hätten FSA-Brigaden heimlich dem IS die Treue geschworen, nicht alle würden sich öffentlich dazu bekennen. Und auch zahlreiche Normalbürger würden lieber vom IS regiert werden wollen.

Dies liegt zum einen daran, dass nicht wenige Assad-feindliche Syrer den Kampf der USA gegen den IS als „Kreuzzug gegen den Islam“ insgesamt betrachten, zum anderen auch daran, dass der IS auf Grund der sozialen Ordnung, die er in den von ihm kontrollierten Gebieten geschaffen hatte, an Rückhalt gewinnt.

Der IS, so Abu Talha, habe in Raqqa 57 kostenlose Restaurants für die Öffentlichkeit geschaffen, die täglich drei Mahlzeiten anbieten. Dadurch habe kein Plünderer mehr die Ausrede, er habe stehlen müssen, um seine Kinder zu ernähren. Auch kostenlosen Treibstoff gebe es, der vom IS bereitgestellt werde. Seit die Scharia in Raqqa eingeführt wurde, sei die Kriminalitätsrate in der Stadt und in anderen vom IS beherrschten Gebieten rapide gefallen.

Ghouta will von der IS „befreit“ werden

In Ghouta, einer Stadt nahe Damaskus, wo Al-Nusra herrscht, aber gegenüber dem IS an Boden verloren habe, erklärte ein Beschäftigter eines Restaurants, man könne es „gar nicht mehr erwarten, bis IS nach Ghouta komme.“

Der IS verfügt nicht über genügend Waffen, um die große Anzahl an ausländischen und vor Ort befindlichen Djihadisten, die sich der Miliz anschließen wollen, damit versorgen zu können. Auch Kämpfer aus Algerien, Marokko und dem Jemen schwören dem IS ihre Treue, kürzlich auch die von Israel gegen den Iran unterstützte pakistanische Dschundollah. „Bald werden wir in Gaza sein und dann im Iran. Die Menschen merken, dass IS die Sunniten verteidigt“, äußerte sich Abu Talha gegenüber dem „Guardian“.

Der Siegeszug des IS sei unausweichlich gewesen, fügte er hinzu. „Man hat den Menschen regelrecht die Luft zum Atmen genommen und sie haben es nicht mehr ertragen. Selbst eine kleine Katze wird dich kratzen, wenn du sie in die Ecke drängst. Sie schlachten uns ab und töten uns. Warum sollten wir dazu schweigen?“