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Kolumnen

Der Islam gehört nicht zu Deutschland

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…aber auf Zucker, Kaffee, Matratze und Guitarre wollen wir nicht verzichten. Und das ist Teil unserer arabo-islamischen Kulturtradition und noch viel mehr. Lange vor der Invasion Napoleons in Ägypten 1798, wo das Wochenmagazin Stern den Kontakt zwischen Morgen- und Abendland beginnen lassen will, gab es fruchtbare Kulturkontakte. Dies schlägt sich in der Wissenschaft und der Sprache nieder, wie es beispielsweise Nabil Osman in seiner Wortkunde dargelegt hat. Neben dem zumeist am Rande erwähnten Einfluss auf die europäische Wissenschaft, wofür Astrologie, Astronomie, Algebra & Co. stehen, zeugen aber gerade die genannten Alltagsgegenstände, die wir aus unserem Leben nicht mehr wegdenken mögen, von Kontakt und Beeinflussung.

Nun ja, weniger Zucker wäre für die Gesundheit der Gesellschaft schon gut, aber mal ehrlich: Wer denkt dabei an ein Beharren auf dem angeblich christlich-jüdischen Abendland? Dieser Abgrenzungsdiskurs macht hier genauso wenig Sinn, wie in den jetzt bemühten Kontexten. Terroristische Entgleisungen kennen nicht nur alle Religionen, sondern auch die modernden Wertekonzepte, wie sie in der Charta der Menschenrechte dargelegt sind – in deren Namen auch genug Unheil angerichtet wird.

Sind die Muslime auch an der Wirtschaftskrise schuld?

Aber da gibt es ja auch noch die Wirtschaftskrise, die wir zur Abgrenzung benutzen könnten – wenn wir denn wüssten, dass ein Großteil der Bankenterminologie aus dem Arabischen über Italien nach Nordeuropa gekommen ist. Die Möglichkeit, die Krise Islam und Muslimen in die Schuhe zu schieben, wurde bisher nicht erkannt. Kann also Unwissenheit gar vor Rassismus schützen?

Wie verwoben die Kulturen sind, wird allein an diesen wenigen Beispielen deutlich. Ich empfehle zur weiteren Lektüre sowohl das entsprechende Kapitel in meiner Doktorarbeit, als auch das kleine Lexikon von Nabil Osman „Kleines Lexikon deutscher Wörter arabischer Herkunft“.

Da stellt sich die Frage, warum dieser Teil unserer Geschichte nicht Teil des normalen Geschichtsunterrichts an Schulen ist. Warum wird etwa in der humanistischen Bildung auf die lateinisch-griechischen Wurzeln unserer Kultur verwiesen, nicht jedoch auf unsere arabischen? Dann wären freilich einige Talkshows – wie etwa die vom 28. Januar bei Anne Will – überflüssig. Allerdings hätten wir dann auch nicht die erfrischenden Analysen und Statements von Herrn Daimagüler hören können – das wäre wiederum schade gewesen. Aber vielleicht ließen sich ja auch unaufgeregtere Formate finden und konstruktive, statt feindselige Debatten.

Empfinden von Fremdheit ist konstruiert

Die Unterlassung an realistischer Aufklärung ermöglicht einer ganzen Reparaturindustrie ihre Existenz. Reparaturkonzepte à la Interkulturelle Bildung und Diversity Schulungen würden an Brisanz verlieren, wenn die Normalität vermittelt wird, wie sie war und ist.

Freilich kann man immer noch Informationen über die Religion anbieten – aber bitte nur für diejenigen, die religiös interessiert sind. In einer säkularen, wenig religiösen Gesellschaft können gerade solche Bildungskonzepte als Bedrängungen empfunden werden und sind damit kontraproduktiv – mal abgesehen von der Exotisierung des Anderen, die nicht selten dabei passiert.

Das Empfinden von Fremdheit ist konstruiert, und zwar durch das Ausblenden unserer vielfältigen historischen Wurzeln. Mit wenig Ergänzung ließe sich hier viel erreichen – wenn man will.