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Gesellschaft

Der Islam hat mehr zu bieten als das ewige Höllenfeuer

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Im Rahmen des Freitagsgebetes dominiert erfahrungsgemäß der Diskurs und die Predigt über die Hölle und damit verbundenen Sanktionen, die einen Muslim im Jenseits erwarten, falls dieser nicht seinen Verpflichtungen nachkommt.

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Im Rahmen des Freitagsgebetes dominiert erfahrungsgemäß der Diskurs und die Predigt über die Hölle und damit verbundenen Sanktionen, die einen Muslim im Jenseits erwarten, falls dieser nicht seinen Verpflichtungen nachkommt.
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GASTBEITRAG Der Imam, aber auch vor Ort anwesende „Berufsmuslime“ sowie selbsternannte Islamexperten verstärken das verzerrte Bild des Islam, indem sie klischeebeladene und einseitige Meinungen wiedergeben. Der Islam hat viel mehr zu bieten als die ewige Predigt über das Höllenfeuer. Das Feuer im Herzen ist der Kern im Islam. Die Liebe zu Gott und die Nächstenliebe.

Der Freitag ist im Islam ein Feiertag, an dem das Mittagsgebet in der Gemeinschaft verrichtet wird. Das Freitagsgebet ist das wichtigste Gebet in der Woche. An diesem Tag versammelt sich die Gemeinde in der Moschee, dem muslimischen Gebetshaus, zum gemeinsamen Gebet. Vor diesem Hintergrund nehmen Menschen mit muslimischem Glauben an dem Gebet teil und ein Prediger (Imam) hält vor und kurz während des Gebets eine Predigt von der Kanzel.

Das Freitagsgebet ist für muslimische Männer und Jungen ab der Pubertät verpflichtend. Muslimische Frauen können, müssen aber nicht daran teilnehmen.

Oftmals, wenn ich zum Freitagsgebet eile, frage ich mich, ob es im Islam nur um Himmel und Hölle geht und welche grundlegend humanitären Werte für den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt und allgemein für eine bessere Welt vermitteln werden. Besteht eine Diskrepanz in puncto Wertevermittlung zwischen dem, was im Koran und in Hadithen steht und dem, was der Imam predigt? Ist Angst ein probates Mittel, den Islam näher zu bringen und die Moscheen für Kinder und Jugendliche attraktiver zu gestalten? Ist der Islam eigentlich noch am Puls der Zeit?

Viele Fragen schießen mir durch den Kopf, aber eine lässt sich leicht beantworten.

Der Islam ist am Puls der Zeit

Die Menschen sind es, die den Islam mit kulturellen Lebensweisen und Ideologien nicht differenzieren und an herkömmlichen Gewohnheiten und maroden Denkweisen festhalten. Die Grenzen zwischen dem monotheistischen Glauben und der Kultur und Tradition scheinen fließend zu sein. Es wird eine Kultur der Angst gepflegt. Die Angst vor Konsequenzen wird zu einem Nährboden für Vorurteile. Sie führt zu einem fruchtlosen Klima. Dabei sollte doch gerade die Religion, insbesondere in schwierigen Zeiten, als wegweisender Leuchtturm dienen. Das Licht, das die Liebe zu Gott und die Nächstenliebe erblühen lässt.

Ich habe den Koran gelesen. Ja, der Koran erzählt über die Strafe in der Hölle, aber auch von der Liebe zu Gott, seinen Geschöpfen und den Mitmenschen. Gute Taten im Diesseits, Barmherzigkeit und Vergebung stehen im Mittelpunkt der koranischen Botschaft. Was höre ich immer: Das drohende Höllenfeuer! Manchmal weiß ich wirklich nicht, ob ich in der Moschee oder doch bei Burger King bin. Das Feuer ruft dich. Hell is calling!

Vor einigen Jahren gab es einen Imam, der unmittelbar nach dem Nachtgebet im Monat Ramadan zu sagen pflegte: „Die Älteren bitte ich jetzt für 20 Minuten draußen zu warten, damit unsere Kinder in der Moschee spielen und sich etwas austoben können.“

So werden Kinder ihren Glauben lieben lernen und respektieren. Nicht durch eine erstickende Angstkultur. Auch wir müssen lernen, Kinder zu respektieren, denn sie sind Erwachsene im Werden. Sie sind die Zukunft.

Bildung und Aufklärung in adäquater Sprache stärken den Glauben und wirken einer Radikalisierung entgegen

Aufgeweckte Kinder und Jugendliche werden von der rückwärtsgewandten Pädagogik der Lehrenden in den Moscheen teils abgeschreckt. Bloß keine kritische Frage stellen, die über das Wissensspektrum der Imame hinausgehen könnte. Man könnte bekanntlich vom Glauben abfallen. Auch nicht in der Familie und erst recht nicht bei Verwandten sowie in der Öffentlichkeit. Die Konsequenz wäre verheerend und das Image der Familie würde einen Kollateralschaden erleiden.

Dabei heißt es im Islam „Ikra“. Jeder Muslim und Muslimin ist verpflichtet, sich weiterzubilden und seinen Glauben zu vertiefen. Der „Iman“, also die innere Überzeugung, kann nur gefestigt werden, wenn man am Grundgerüst des Islam rüttelt, kritisch hinterfragt und nach Antworten sucht.

Viele Jugendliche suchen im digitalen Zeitalter tendenziell im Internet nach Antworten, da es schlicht bequemer ist und vor allem in deutscher Sprache angeboten wird. Diese Vorgehensweise weist Chancen auf, birgt aber auch viele Gefahren. Imame aus anderen Ländern sind längst out. Sie sind keine Vorbilder für muslimische Jugendliche, da sie nicht mit den Problemen und Herausforderungen, mit denen Jugendliche alltäglich konfrontiert werden, vertraut sind.

Außerdem ist die Rhetorik zu konventionell. Jugendliche orientieren sich eher an coolen, deutschsprachigen Imamen. Sie predigen im Jugendjargon und erfahren zunehmend Zustimmung. Endlich jemand, der die Problematik der hier lebenden Muslime kennt. Ein Sprachrohr der jungen, muslimischen Community. Es gibt auch viele deutsche Konvertiten zu, die sich anschließen, um ein Teil dieser Gruppe zu sein. Nicht, weil sie in erster Linie aus Überzeugung konvertieren. Sie bekommen Anerkennung und Wertschätzung in der Gruppe, die sie weder im Elternhaus noch in der Moschee erfahren.

Junge Menschen werden systematisch angeworben und rekrutiert. Gefährlich wird es dann, wenn ein Imam missverständliche Botschaften in einer aufgeladen radikalisierten Stimmung religiös begründbar werden lässt. Dann stellt sich die Frage, ob es geistige Brandstiftung gibt, die junge Leute radikalisiert und ihnen den Eindruck vermittelt, sie hätten eine Legitimation, diese Gewalt auszuüben, dann wird der Anstifter ebenso ein Verbrecher, wie auch der junge Mensch, den er führt.

Aus diesem Grund ist es wünschenswert, dass islamische Organisationen ihr Programm auf die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen zuschneiden und Moscheen zeitgemäß gestalten. Moscheen müssen ein Ort der Begegnung werden. Wir brauchen junge Menschen, die Verantwortung übernehmen und unterstützt werden. Junge Menschen, die die Zukunft nicht nur verfolgen, sondern aktiv mitbestimmen und mitgestalten.

Darüber hinaus sind die Strukturen der islamischen Organisationen und Verbände, insbesondere auf lokaler Ebene, veraltet. Vetternwirtschaft und prinzipiell patriarchalische Strukturen bestimmen den alltäglichen Ablauf. Verwandte und Freunde werden bei der Besetzung von Ämtern und Funktionen bevorzugt, ohne die fachliche Kompetenz grundlegend zu berücksichtigen.

Frauen werden bevormundet und agieren durchweg als Statisten. Sie werden als symbolisches Objekt für eine vermeintlich gleichberechtigte Ausrichtung instrumentalisiert. Lapidar ausgedrückt, Frauen sind lediglich die Mascara für das äußere Erscheinungsbild einer islamischen Organisation.

Miteinander statt Übereinander!

Es wird häufig pauschal über den Islam in der Öffentlichkeit und in den Medien debattiert. Muslime werden zu einer Masse ohne Gesichter, in der einzelne Individuen nicht sichtbar werden. Einseitige Berichterstattungen verzerren die öffentliche Wahrnehmung und inszenieren ein Feindbild, das gerne kurz vor den Wahlen gegen Menschen aus diversen Kulturkreisen und mit unterschiedlichen Konfessionen instrumentalisiert wird. Vorurteile werden geschürt. Daraus resultieren soziale Unruhen und diese wirken sich negativ auf den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt aus.

Islamische Organisationen führen erfahrungsgemäß ein zurückgezogenes Inseldasein. Eine konfessionsübergreifende Zusammenarbeit ist verschwindend gering. Eine Beteiligung an öffentlichen Meinungsbildungsprozessen wird nicht weitreichend gepflegt.

Vor diesem Hintergrund ist religiöses Kapital sehr wertvoll, das sich hinsichtlich des Zusammenhalts bereichernd auswirken und Menschen zusammenführen kann. Ein interreligiöser Dialog oder sogar ein Rat der Religionen würde die Möglichkeit einräumen, den Austausch anzuregen und zu intensivieren. Außerdem könnte er über ethnische, soziale, kulturelle und religiöse Grenzen hinweg Menschen miteinander verbinden. Eine professionelle Außendarstellung in der Öffentlichkeit und in den Medien könnte auf dieser Grundlage vorangetrieben und positive Beispiele hervorgehoben werden.

Im Rahmen des kooperativen, interreligiösen Dialogs entwickeln sich impulsreiche Diskurse. Vorurteile werden abgebaut, Gemeinsamkeiten entdeckt und das Wir-Gefühl gestärkt. Wir müssen mehr miteinander reden statt übereinander!