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Kolumnen

Deutsche Muslime – die Patrioten der Zukunft?

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Islam in Deutschland: Peter Tauber, Generalsekräter der CDU, lädt Einwanderer in das Konrad-Adenauer-Haus ein und löst eine Debatte aus: Kann ein Muslim Deutscher werden? Meine Antwort: Sie werden es bereits. Eine Anpassung der Minderheit kann letztendlich nur die Mehrheit verhindern. (Foto: rtr)

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Kann ein Muslim Deutscher werden? Deutsch-Sein und Muslim-Sein – schließt sich das nicht einander aus? Oder gleicht das Ganze nicht vielmehr einem U-Boot, das nicht nass werden darf?

Darauf gibt es Antworten. Aber der Reihe nach:

Vergangene Woche hat die CDU Einwanderer aus aller Herren Länder in das Konrad-Adenauer-Haus in Berlin eingeladen. Darunter natürlich auch solche, die in Richtung Mekka beten, falls sie beten. Der Initiator der Einladung war Peter Tauber, der junge Generalsekräter der Partei.

Und… natürlich! Einige Medien, die Leser in rechten Kreisen bedienen (wollen), haben sich daraufhin um Überschriften bemüht, die besonders brisant klingen. Sie titelten: Die CDU sucht einen türkischstämmigen Kanzler!

Manche denken bei solchen Überschriften natürlich ein paar Schritte weiter – es ist offensichtlich so gewollt – und sehen den Untergang des Abendlandes vor Augen. Ein Kanzler mit Schnurrbart oder eine Kanzlerin mit Kopftuch? Solche Bilder müssen Konsequenzen nach sich ziehen, was sie auch tun.

Kritik ausschließlich wegen muslimischer Gäste

Peter Tauber berichtete danach von einer Welle der Empörung besonders in sozialen Netzwerken. „Mir ist in manchen Beiträgen blanker Hass entgegengetreten, den ich in dieser Form noch nicht erlebt habe“, so Tauber in der Welt. Der 40-Jährige weiter: „Wir haben Menschen mit Zuwanderungsgeschichte aus allen Kulturen eingeladen. Die massive Kritik in den sozialen Netzwerken konzentrierte sich aber ausschließlich auf muslimische Zuwanderer.“

Daraus zieht er dann die Schlussfolgerung: Die Vorstellung, dass ein Muslim Deutscher sein könne, sei manchen offenbar nicht nahezubringen!

Kommen wir nun zu der eingangs gestellten Frage: Kann ein Muslim Deutscher werden?

Lange Zeit habe ich auch geglaubt, das geht nicht. Auch heute kann man dafür Argumente finden mit der Schlussfolgerung: Nein – ein Muslim kann kein Deutscher sein!

Man könnte sagen: Deutschland ist ein zusammengewachsener Kulturraum mit einer eindeutigen Identität. Kleidung kann man wechseln, Identitäten nicht – es sei denn, man ist in der Lage, seine Mutter und seinen Vater zu wählen und zu wechseln.

Man kann das glauben. Aber dafür muss man die Geschichte irgendwo im letzten Jahrhundert beenden. Man muss die letzten 50 Jahre komplett aus dem Gedächtnis tilgen.

Man muss es auch ablehnen, anzuerkennen, dass Deutsche in Mallorca Urlaub machen, dass Deutschland nicht von Exporten lebt, dass Deutsche Ananas nicht kennen und Bananen für komisches Spielzeug halten. Man muss ausschließlich rückwärts gerichtet denken.

Man muss leugnen, dass Identitäten etwas Lebendiges sind, dass sie sich entwickeln.

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Warum ein Muslim Deutscher werden kann

Dass dieses Bild eigentlich nicht viel mit der heutigen Realität zu tun hat, liegt auf der Hand.

In den letzten 50 Jahren hat eine unumkehrbare Migrationsbewegung stattgefunden. Im Zuge dieser Bewegung sind nun mal Menschen auch aus muslimischen Ländern nach Deutschland gekommen. Auch sie leben in Deutschland, auch sie verständigen sich, zumindest außerhalb der Privatsphäre, in deutscher Sprache.

Viele mögen sich noch nicht alle als deutsch empfinden, was ja auch nicht unverständlich wäre angesichts nicht immer toleranten Umgebung. Wie deutsch sie geprägt sind, merken sie aber spätestens, wenn sie über die Grenze ins Ausland fahren oder nach internationalen Flügen aus dem Flieger steigen.

Die Erfahrung zeigt ebenfalls, dass Minderheiten sich der Mehrheit anpassen.

Also:

Ein Muslim kann Deutscher werden, sie werden es bereits, auch wenn manche für diese Erkenntnis noch lange brauchen. Ein U-Boot wird ja auch nicht überall nass. Im Innenraum dürften viele Bereiche trocken bleiben, auch wenn das Ding komplett sich unter Wasser befinden sollte.

Das Bewusstsein wird dem Sein folgen

Übrigens: Man sollte Schlagzeilen wie „Die CDU sucht einen türkischstämmigen Kanzler“ sein lassen. Viele lässt das kalt. Ich glaube nicht, dass es viele Türkischstämmige gibt, die eine Karriere als Kanzler anstreben und sich mit dieser Frage ernsthaft auseinandersetzen. Es reicht völlig, wenn sie einigermaßen erfolgreich die Schule bewältigen, nach Ausbildung oder Studium ihren Platz im Arbeitsleben finden und im Alltag als Gleichberechtigte völlig normal leben können.

Sein Glück und seine Lebenszufriedenheit wird man auch unterhalb des Kanzler-Status finden. Davon bin ich überzeugt. Wenn das gelingt, ist man praktisch Deutscher und Muslim. Irgendwann wird auch das Bewusstsein dem Sein folgen. Man wird zufrieden sein, mit sich und der Umwelt.

Manche werden das dann Patriotismus nennen, andere lassen sich da bestimmt wieder eine Neuwortschöpfung einfallen.