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Gesellschaft

Islam in deutschen Medien: Hart, aber nicht fair

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Und schon wieder eine Fernsehtalkshow zum Thema „Islam“ – diesmal bei Plasberg. Die Art und Weise, wie deutsche Medien sich mit dem Islam befassen, scheint entscheidend dessen Bild in der Öffentlichkeit zu prägen. (Foto: ARD)

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„Ob IS-Terror in Syrien oder radikale Salafisten in unseren Städten: Der Islam erscheint vielen Deutschen fremd und bedrohlich. Aber darf man von islamischen Extremisten auf die ganze Religion schließen? Oder ist der Islam ein Glaube wie jeder andere?“

Mit diesem Aufmacher warb Frank Plasberg für seine Sendung „hart aber fair“ am Montag. Die Sendung befasste sich mit einem Thema, von dem es nicht einfach sein dürfte, substanziiert zu behaupten, es wäre in der Welt deutscher Polittalkshows und in Medien allgemein unterrepräsentiert: dem Islam.

Anstelle der sonst regelmäßig präsenten Stammgäste – aufseiten der „Islamexperten“ sind das etwa Necla Kelek, Alice Schwarzer, Wolfgang Bosbach, Hamed Abdel-Samad oder Sabatina James oder Matthias Matussek, aufseiten der muslimischen Community umstrittene Persönlichkeiten wie Nora Illi oder Hassan Dabbagh – war diesmal die Besetzung der Diskussion zum Thema „Deutschland und der Islam – wie passt das zusammen?“ etwas modifiziert. Wenigstens in der Auswahl der Gäste ist eine Entwicklung zu verzeichnen.

Mit dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, und der Turkologin Özlem Nas aus dem Vorstand der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg waren diesmal aufseiten der teilnehmenden Muslime Persönlichkeiten vertreten, die eher dem Mainstream der muslimischen Community in Deutschland zuzuordnen waren.

Mit dem früheren EKD-Vorsitzenden Wolfgang Huber, der sonst für Frauen- und Familienthemen zuständigen Publizistin Birgit Kelle und der Kabarettistin Lisa Fitz waren auf der anderen Seite auch keine bekannten Scharfmacher dabei. Allerdings übernahmen diverse Gästebuchposter und Kommentatoren diesen Part, deren Einträge auch in der Sendung zitiert wurden.

Umfrage im Vorfeld

Ansonsten das Übliche: Der Islam müsse „durch eine Aufklärung gehen“ (vom früheren Vorsitzenden der unter chronischem Mitgliederschwund leidenden EKD), „Steinigungen, Ehrenmord, Unterdrückung“ und man „müsse anzweifeln dürfen, ob alle hier lebenden Muslime auf dem Boden der deutschen Verfassung stünden“ (Birgit Kelle, die einer Kirche angehört, in der entgegen Art. 3 des Grundgesetzes und diversen Antidiskriminierungsgesetzen das Frauenpriestertum ausgeschlossen ist).

Es ist verständlich, dass das Mediengeschäft geradezu danach verlangt, reißerische und pauschalisierende Szenarien wie im Aufmacher für die Sendung am Montag aufzuwerfen. Und es ist auch klar, dass Muslime oder Personen, die sich als solche ausgeben, Material liefern, das von den Medien dankend entgegengenommen wird. Aber für das schlechte Gesamtbild, in das eine gesamte Religion gerückt wird, zeichnen am Ende des Tages doch auch die deutschen Medien verantwortlich. Oder kennen alle, die Angst vor der Ausbreitung des Islam haben, Muslime aus ihrem Alltag so gut, so dass sie in der Lage sind, sich ein eigenes Bild über dem Islam zu machen? So, wie es mündige und aufgeklärte Bürger eben tun (würden).

Wie sonst ist eine Umfrage einzuordnen, die im Vorfeld der Sendung in Auftrag gegeben wurde? 42 Prozent der Deutschen haben demnach „große Sorge, dass sich der Islam in der hiesigen Gesellschaft zu stark ausbreitet“. Ebenso gibt es aber auch Bürger, die sich weniger Sorgen machen, wie eine am Montag in Köln veröffentlichte Studie von Infratest dimap im Auftrag der ARD-Sendung „hart aber fair“ ergab. Etwa jeder Sechste (16 Prozent) hegt keine Befürchtungen dieser Art.

Damit ist die Zahl der Besorgten in den vergangenen Jahren trotz aller Integrationsbemühungen weiter gestiegen, hieß es. 2009 äußerten bei einer vergleichbaren Studie nur 36 Prozent große Sorgen vor einer zu starken Ausbreitung des Islam, während sich 22 Prozent damals gar keine Sorgen machten.

Furcht vor dem Islam: Ältere und Ungebildete betroffen

Bei der aktuellen Umfrage steigt die Zahl der Besorgten mit dem Alter und mit sinkendem Bildungsstand und Nettoeinkommen. Demnach zeigte sich jeder Zweite (52 Prozent) der über 60-Jährigen sehr besorgt, während die Gruppe der 18- bis 29-Jährigen mehrheitlich (54 Prozent) wenig Sorgen vor einer zu starken Ausbreitung äußerte. Jeweils 54 Prozent der Deutschen, die weniger als 1500 Euro im Monat verdienen oder einen Haupt- oder Volksschulabschluss haben, machen sich große Sorgen über eine zu starke Ausbreitung des Islam. Wie Untersuchungen zeigen, sind ältere Mitbürger und solche ohne höheren Schulabschluss den traditionellen Medien am stärksten verbunden.

Sehr skeptisch sehen die Deutschen, wie sich die Vertreter der muslimischen Verbände in Deutschland von den Terrormilizen „Islamischer Staat“ in Syrien und dem Irak distanzieren. Für eher nicht überzeugend halten 60 Prozent die Aussage der Verbände, die Gräueltaten hätten nichts mit dem Islam zu tun, da der Islam eine friedliche Religion sei. Ein Drittel (33 Prozent) empfindet die Distanzierungen als überzeugend. Besonders kritisch werden laut den Angaben die Aussagen der muslimischen Verbände von Rentnern (70 Prozent), Menschen in den ostdeutschen Bundesländern (71 Prozent) und Arbeitslosen (73 Prozent) gesehen. (KNA/dtj)

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