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Gesellschaft

Das „Dunkel der Unmündigkeit“

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Der Mensch, so heißt es in der islamischen Tradition, ist ein „Hayvan an-Natiq / al mutafakkir“, ein denkendes und sprechendes Lebewesen. Dementsprechend sind besonders die Sprache und das Denken zwei wichtige Merkmale, die uns von den übrigen Lebewesen dieser Welt auszeichnen. Aufgrund dieser Eigenschaften sind wir davon überzeugt, dass der Mensch über angeborene Rechte verfügt und allein aufgrund seines Menschseins Achtung und Respekt verdient und in seiner Würde unantastbar ist.

Östliche Klassiker beispielsweise teilten Unwissenheit in drei Kategorien ein: Dschahl al-Basit, etwas nicht zu wissen, ist die einfachste Stufe der Unwissenheit. Dem folgt Dschahl al-muk´ab, der Zustand, etwas nicht zu wissen und seiner Unwissenheit nicht bewusst zu sein. Die dritte Stufe, die Kant wahrscheinlich als das „Dunkel der Unmündigkeit“ bezeichnen würde, ist die Dschahl al-Murakkab, etwas nicht zu wissen, seiner Unwissenheit nicht bewusst zu sein und zudem zu glauben, es zu wissen. Wir beobachten, dass eben diese dritte Stufe zunehmend geläufiger wird.

Wir leben in einem Zeitalter, in dem das Denken vernachlässigt wird. Die Technologien und sozialen Medien unserer Zeit produzieren Menschen, die kurzlebige Informationen konsumieren, alles möglichst so visuell wie möglich mit wenig Aufwand haben möchten. Die Informationsflut überfordert uns und die Zahl der Menschen, die sich mehrere Jahre auf ein bestimmtes Thema konzentrieren, um mit einer ausgezeichneten Idee zu kommen, die die Welt um ein weiteres Stück verbessern könnte, sinkt. Das Schöpfen und Erlernen von nachhaltigem Wissen ist gerade nicht sehr populär.

Das stört(e) mich. Und mir wird so langsam bewusst, dass wir manchmal stehen bleiben sollten. Denn wir schwimmen mit dem Strom mit und brauchen Momente des Nachdenkens, eben weil wir Menschen sind.

Als Herr Bağ, Chefredakteur dieses Online-Nachrichtenmagazins, mir von seinem Blog-Projekt berichtete, war ich beeindruckt. Ich hatte die Idee, eine Art „Literaturblog“ zu schreiben, in dem ich alle zwei Wochen Bücher rezensieren würde. Dies würde nicht nur mich persönlich weiterentwickeln, sondern auch junge Menschen dazu anregen, zu lesen und über zeitlose Fragen zu reflektieren. Meistens werde ich einfach nur Brainstormen und dabei offene Fragen lassen und Euch dazu anregen, mitzudiskutieren. Dabei habe ich mir ein paar sehr interessante Bücher vorgenommen, von östlichen Klassikern bis hin zu westlichen Philosophien und moderner Literatur. Mein nächster Eintrag wird zum Werk „West-östliche Annäherungen“ von Annemarie Schimmel sein. Bis dahin muss ich aber erstmal Urlaub machen und eine gute Woche in Istanbul genießen.

Viel Spaß beim Lesen ;)