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Panorama

Redegewandte Feministinnen wissen mehr über den Islam als schweigsame Experten

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„Mord im Namen Allahs“ lautete der Titel der gestrigen Sendung Maybrit Illners. Mit ihren Gästen diskutierte sie darüber, was Terrorismus mit dem Islam zu tun hätte. Abschließend beantwortet werden konnte diese Frage – wie sonst so oft – nicht. (Foto: ZDF)

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In der Diskussionsrunde bei Maybrit Illner diskutierte man über "Mord im Namen Allahs".
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MEINUNG Ein spannender Titel der Sendung Maybrit Illners im ZDF – „Mord im Namen Allahs- Woher kommen Hass und Terror?“- versetzte mich in ein Déjà-vu. Erinnern Sie sich an die Sendung im September letzten Jahres bei Günther Jauch? Die Talkrunde wurde dort unter einem ähnlichen Titel geführt: „Gewalt in Allahs Namen – wie denken unsere Muslime?“ Ich gebe zu, ich habe nach den Erfahrungen in Jauchs Talkrunde auch hier mit einer Diskussion gerechnet, die außer Kontrolle gerät und nur dazu dient, vorhandene Ressentiments gegen Muslime und den Islam zu bestätigen.

Auch die Moderatorin Maybrit Illner schien sich auf das Schlimmste eingestellt zu haben. Die Erfahrungen einiger vergangener Talkrunden zeigen, wie Diskussionsrunden mit solchen Themen ausgehen können. Etwas nervös begann sie mit der Einleitung und verhaspelte sich hierbei. Kurz nachdem die Talkrunde begann, sprach sie die stellvertretende Parteivorsitzende der CDU, Julia Klöckner, mit „Frau Meyer“ an und entschuldigte sich direkt dafür. Nicht gut für eine professionelle Moderatorin, aber sie ist ja auch nur ein Mensch.

Bei der Vorstellung der Gäste schaute ich mir jeden einzelnen skeptisch an. Besonders gespannt war ich auf den Imam, der in der Runde seinen Platz einnahm. Ein Imam wie Herr Kamouss, der bei der Jauch-Talkshow zu Gast war, wird in solchen Sendungen wahrscheinlich nicht mehr zu sehen sein. Geladen waren neben der stellvertretenden Parteivorsitzenden der CDU, Julia Klöckner, Imam Husamuddin Meyer, ein Islamwissenschaftler und Gefängnisseelsorger,  Jürgin Trittin von Bündnis’90/Die Grünen, Seyran Ateş, Anwältin und Menschenrechtlerin, Guido Steinberg, Islamwissenschaftler und Terrorismusexperte sowie die zwei jungen Muslime, deren Arbeit ich mit Neugier verfolge: Nemi El-Hassan und Younes Al-Amayra von der Plattform I,slam.

Nachdem die Gäste vorgestellt wurden, stellte Illner ihre Fragen vorsichtig. Sie vermied es, auf eine urteilende Art zu sprechen. Es fand eine normale Talkrunde statt, in der jeder Gast den anderen aussprechen ließ und es keinen drastischen Meinungsverschiedenheiten kam. So weit, so gut.

Hat der Terror etwas mit den Muslimen zu tun? – Mit mir nicht! 

Etwas spannender wurde es, als Ateş ihre Behauptung mehrfach wiederholte: Man solle aufhören, sich hinzustellen und zu sagen, dass wir als Muslime nichts mit den Terroranschlägen zu tun hätten, denn diese „Menschen kommen aus unserer Mitte“. Es seien vor allem junge Männer, die den Koran oder die Hadithe weder gelesen haben noch kennen würden. Sie würden den Predigten von Imamen folgen, die einzelne Verse aus dem Koran herauslesen und für sich interpretieren. Dies führe sie zum Dschihad.

Was beabsichtigt Ateş mit dieser Erklärung? Sollen wir uns jetzt alle hinstellen und meditativ wiederholen, dass wir als Muslime nichts mit den Terror zu tun haben? Kriegen wir das Problem dadurch gelöst? Ich glaube nicht. Frau Ateş scheint es auch nicht zu wissen, denn eine Lösung auf das Problem über den theologischen Ansatz bietet sie auch nicht.

In der Sendung wurde eine ZDF-Umfrage vorgestellt, aus der hervorging, dass die Bürger in Deutschland in der Frage, wie mit dem Islam umzugehen ist, gespalten und verunsichert sind. Eine eingeblendete Grafik zeigte, dass 48% der deutschen Bürger dem zustimmten, dass der Islam zu Deutschland gehöre, wohingegen 48% sich dagegen aussprechen. Auf die Frage, ob Klöckner der Aussage der Bundeskanzlerin, dass der Islam zu Deutschland gehört, zustimmen würde, antwortete sie: „Ich würde den Satz modifizieren. Ich würde sagen: Muslime gehören zu Deutschland!“ Außerdem halte man sich im Islam an die Scharia und die Scharia könne „niemals über dem Grundgesetz stehen. Zu uns gehört jeder, der sich zum Grundgesetz bekennt und da ist der Glaube egal.“ Klöckner führte hier wieder ein Totschlagargument vor, der im Alltag von Muslimen keine Rolle spielt. Wie viele Muslime gibt es denn, die die Scharia über das Grundgesetz stellen und eine Einführung dessen verlangen? Ob sie von der Antwort des Imams Meyer, dass das islamische Recht Muslime dazu auffordert, sich an das Grundgesetz zu halten, überzeugt war und in der Zukunft auf dieses Argument verzichten wird, bin ich mir nicht sicher. Konservative Politiker sind nicht dafür bekannt, dass sie ihre Argumente ändern, wenn ein kompetenter Muslim eine Aussage trifft. Sie hören lieber auf extremistische Stimmen. Auch sonst schien sie sich nichts sagen lassen zu wollen. Bei einem Versprecher wurde sie von Jürgen Trittin korrigiert und ihre Antwort war ein sarkastisches „Danke, Herr Lehrer“, nach dem sie unbeirrt weiter spricht.

Die Besserwisserin von der CDU 

Auch der folgende Vergleich von Klöckner brachte mich zum Lachen: „Ich habe ein Problem damit, wenn man sagt, die Vollverschleierung sei in Ordnung, aber das geht nicht dann für das gleiche Gehalt für Männer und Frauen zu kämpfen“. Schließlich dürfe man auch nicht mit einem Motorradhelm in eine Sparkasse und dort Geld abheben. Was hat das eine mit dem anderen zu tun, dachte ich mir?

Der Imam Meyer war nicht diskussionsfreudig. Er sprach lange nicht, sodass die Moderatorin ihn herausfordern musste: „Der Koran stuft Ungläubige niedriger als Tiere ein.“ Außerdem fordere der Koran die Muslime auf, einen „Dschihad“ gegen die Ungläubigen zu führen. Was für Feststellungen! Ich frage mich, zu welcher neuen Erkenntnis solche Aussagen, die fast bei jeder Talkshow wiederholt werden, führen sollen? Imam Meyer antwortete mit einem Lächeln darauf. Wenn dies tatsächlich der Fall sei, so würde die Welt ganz anders aussehen. Ich weiß, Journalisten haben das Recht, sich dumm zu stellen, der Imam jedoch blieb cool.

Zunehmende Rekrutierung in Deutschland: „Was hat es mit unserer Gesellschaft zu tun?“

Was mir und ich vermute auch vielen Zuschauern aufgefallen ist, ist der Hintergrund, vor dem die Runde stattfand. Hinter den Talk-Gästen befand sich ein riesiger Bildschirm, auf dem abwechselnd Bilder von IS-Anhängern sowie deren Flagge zu sehen waren. Doch dann erschien ein Bild, das mir besonders gefiel. Man sah die Symbole der drei monotheistischen Religion in einem Zusammenspiel, sodass das Wort „Coexist“ entstand.

Jürgen Trittin, der sich am Anfang direkt als Atheist bekannte und zugab, sich in der Theologie nicht auszukennen, betonte, dass der Islam mittlerweile zu Deutschland gehöre, „wie Gott sei Dank wieder das Judentum und schon lange das Christentum“. Er stimmte den Aussagen des ehemaligen Bundespräsidenten Wulff und der Bundeskanzlerin Merkel also zu. Was er allerdings kritisch finde, sei, dass die jungen Menschen, die sich Terroristen anschließen würden, Kinder der dritten Generation seien, die meist aus laizistischen Familien stammen. „Sie suchen sich den Islam aus und legen ihn auf ihre eigene Art und Weise aus“. Daher solle man sich nicht die Frage stellen, ob es etwas mit dem Islam zu tun habe, sondern, ob es nicht vielleicht etwas „mit unserer Gesellschaft zu tun hat“. Eine interessante These: Die laizistische Familie als Brutstätte des islamistischen Terrors!

Vom Islamwissenschaftler Steinberg hörte man nur wenig. Er suchte eine Antwort auf die Frage, wieso sich die IS-Anhänger das Saudi-Arabien des 18.Jahrhunderts als Vorbild für ihren eigenen Staat nehmen.

I,slam: Wir wollen alle erreichen! 

Kurz vor Sendeschluss kommt das Team von I,slam zu Wort. Ich fand es richtig, dass sie nicht in der Runde saßen und an der Diskussion teilnahmen, denn das hätte von ihrem Projekt abgelenkt. Ihr Ziel sei es, mit dem Projekt, das vor drei Jahren gegründet wurde, die Mehrheitsgesellschaft, die Muslime sowie alle Menschen in Deutschland zu erreichen, da man „viel ÜBER Muslime redet, aber nur selten MIT ihnen“.

Nach der Vorstellung des Projekts fragte die Moderatorin sowohl El-Hassan als auch Al-Amayra, wie sie sich ihre Moschee aussuchen würden. Kurzes Schweigen. Was war das für ein Frage? Fragt man Christen oder Juden, wie sie sich ihre Gotteshäuser aussuchen? Eine Moschee ist schließlich auch nur ein einfaches Gebetshaus. Al-Amayra wusste gelassen darauf zu reagieren. „Ich habe da so einen Kompass…“ Er lacht nach diesem kurzen Scherz und sagt, dass er in die Moschee gehe, die sich in der Nähe befinde.

Nach einigen weiteren Fragen an die Gäste endete die Sendung. Wurde der Titel der Sendung beantwortet? Wie zu erwarten: Nein. Wurden alle Themen angesprochen, die relevant waren, um auf die Fragestellung der Sendung antworten zu können? Nein. Es war eine Sendung, an der ein zurückhaltender Imam beteiligt war, der stets von den zwei geladenen Feministinnen unterbrochen wurde. Oft haben sie auf Fragen, die dem Imam Meyer gestellt wurden, geantwortet. Anscheinend braucht man keine islamische Theologie zu studieren, um auf Fragen, die den Islam betreffen, zu antworten. Unterstützung bekam der Imam von einem Atheisten, der zu Selbstkritik aufrief, bevor man mit dem Finger auf andere zeige. Der unscheinbare Islamwissenschaftler beteiligte sich ebenso wie der Imam kaum an der Diskussion. Zwei junge Muslime, die sich für Dialog einsetzen und für etwas frischen Wind während der Sendung sorgten. Ob Frau Illner und ihre Programmmacher mit der vor der Sendung geplanten Akteurenkonstellation auch danach zufrieden waren?

Was mich angeht, denke ich, dass es ein langer Weg zu einer friedlichen Koexistenz ist. Vielleicht erreicht man diesen Zustand nie und muss andauernd daran arbeiten. Unsere Gesellschaft ist wie der Bildschirm im Hintergrund der Talkrunde: Fast ununterbrochen wurden die Bilder der IS-Anhänger ausgestrahlt und nur kurz ist das Bild mit der Aufschrift „Coexist“ zu sehen. Wir sehen meist nur das Schlechte, das im Vordergrund steht und das Gute wird schnell wieder ausgeblendet…