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Gesellschaft

Was die Bild macht, ist nicht neu in den deutschen Medien

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Am Freitag titelte die Bild „Nie wieder Judenhass in Deutschland“. Schon darauf waren die Reaktionen geteilt. Doch was sich Vize-Chefredakteur Nicolaus Fest wenige Tage danach erlaubte, löste eine Welle der Entrüstung aus. (Foto: reuters)

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Die BILD hetzt gegen Muslime. Ist zwar nicht das erste Mal, aber man fragt sich, was denn jetzt schon wieder passiert ist. Die Geschichte im Schnelldurchlauf:

Ein Auszug aus dem Kommentar des BILD-Redakteurs Nicolaus Fest: „Nur der Islam stört mich immer mehr. Mich stört die weit überproportionale Kriminalität von Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund. Mich stört die totschlagbereite Verachtung des Islam für Frauen und Homosexuelle.“

Ein darauf antwortender Verriss des Türkei-Korrespondenten Hasnain Kazim (Spiegel): „Nur Idiotismus stört mich immer mehr. Mich stört die weit überproportionale Dummheit von Journalisten mit konservativem Hintergrund. Mich stört die totschlagbereite Verachtung des Konservatismus für Andersdenkende und Andersgläubige.“ Ähnlich äußerte sich der „besorgte Deutschtürke“.

Vor allem auf Twitter kam es schnell zu einem Shitstorm.

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Auch Politiker reagierten schnell. Der Tagesspiegel sprach mit Volker Beck von den Grünen, der sich zu der Hetze wie folgt äußerte: „Ich wünsche mir, dass der Autor einsieht, dass er mit seinem Text völlig daneben gelegen hat“. Auch Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, äußert sich in der gleichen Publikation und hält den Kommentar in der BILD für einen „Kübel Dreck, den Fest über den Islam schüttet“. Weiter heißt es: „Wer Judenhass sät, erntet Islamhass, und umgekehrt“.

Der Bild-Chefredakteur Kai Diekmann distanzierte sich schnell von Fest. Auf seine Bitte hin schrieb Özcan Mutlu von den Grünen einen Gastkommentar für die BILD: „Als überzeugter Demokrat in einem liberalen Land bin ich stolz auf unser Grundgesetz und das Recht auf freie Meinungsäußerung. Der Kommentar ist jedoch für mich Rassismus pur. Die Hasstiraden des Autors schüren ohne Not Vorurteile, Ängste und Menschenfeindlichkeit.“

Trotz des Shitstorms und der Distanzierung der BILD blieb Fest stur und pöbelt auf Twitter weiter:

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Zeit-Online schrieb dazu: „Persönliche Konsequenzen müssen Fest oder die oberste BamS-Chefin Horn wohl keine fürchten. Auf die Frage, ob sich Fest einen neuen Arbeitgeber suchen muss, schrieb BILD-Chef Diekmann: ‚So ein Quatsch‘ und erläuterte: ‚Zuallererst darf für solche Kommentare bei uns kein Platz sein!‘ Darauf komme es an. Was auf ‚Zuallererst‘ dann noch folgen könnte, schrieb er nicht.“

Für Merve Gül ist Fest kein Deutscher und ein Integrationsverweigerer. „Viele Menschen sind gerade hier, weil sie woanders auf der Welt nicht so sein dürfen, wie sie sind. Toleranz wird nicht vollkommen in Deutschland praktiziert, ist aber dennoch fester Bestandteil der deutschen Kultur. Das scheint Herr Fest mit seiner Anhängerschaft nicht verstanden zu haben. Und jetzt will mir so jemand etwas von Integrationshindernis erzählen. Intoleranz ist das einzige Integrationshindernis, das wir in unserer Gesellschaft haben. Herr Fest, da Sie durch ihren Kommentar gerade diese Intoleranz verkörpert haben, sind Sie für mich kein Deutscher. Denn ein wahrer Deutscher kennt und lebt das oberste Gebot der Toleranz und Gleichheit. Sie sind ein Integrationsverweigerer, der die Vielfalt in Deutschland nicht akzeptieren will“, schrieb Gül in der Huffington Post.

In der taz sieht man den Fest-Kommentar nur als etwas profanere Fassung dessen, was auch in anderen Medien längst Gang und Gäbe ist. „Vermutlich weiß der Autor gerade gar nicht, wie ihm geschieht und was da plötzlich über ihn hereinbricht. Er dürfte sich durchaus auf der sicheren Seite gewähnt und geglaubt haben, dass er im Kern doch nichts anderes geschrieben hat als Kolleginnen und Kollegen anderer Medien. Nur eben etwas deutlicher. Damit hätte er recht. In der FAZ sind ähnliche Behauptungen wie jetzt im Kommentar der Bild-Zeitung regelmäßig zu lesen, nur eleganter formuliert und intellektuell verbrämt.“