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Politik

Israels Militäraktion führt zur Eskalation

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Nach verstärktem Raketenbeschuss aus Gaza flog die israelische Armee eine Reihe von Luftangriffen. Nun wird eine Eskalation wie Anfang 2009 befürchtet. Während die USA Israel in Schutz nehmen, kritisiert Ankara dessen „aggressive Politik“. (Foto:dpa)

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Israels Militäraktion führt zur Eskalation
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Nach Wochen des anhaltenden Beschusses israelischer Grenzstädte wie Ashdod, Sderot oder Beerscheba durch Raketen aus dem Gazastreifen droht nun eine weitere Eskalation der Kampfhandlungen.

Die israelische Armee hat am gestrigen Mittwoch den Oberkommandierenden der Al-Qassam-Brigaden, Ahmed Jabari, im Zuge eines gezielten Luftangriffs während einer Autofahrt getötet. Israel macht den langjährigen Chef des militärischen Flügels der Hamas für zahlreiche Anschläge gegen israelische Zivilisten sowie für die langjährige Entführung des im letzten Jahr freigekommenen Soldaten Gilad Shalit verantwortlich. Auch soll Jabari die Raketenangriffe auf Städte im Süden Israels gesteuert haben.

Als Reaktion auf den Angriff auf ihren Oberkommandierenden intensivierte der militärische Flügel der Hamas den Raketenbeschuss gegen Israel. Die IDF reagierte ihrerseits mit Angriffen auf Ziele im Gazastreifen. Neben Jabari sollen nach palästinensischen Angaben mindestens neun weitere Personen bei dem Angriff ums Leben gekommen sein. Darüber hinaus seien 100 Personen im Zuge der Angriffe verletzt worden.

Nach Angaben der „Jerusalem Post“ sollen in der Nacht zum Donnerstag 95 Raketen im Süden Israels explodiert sein. Allen Schulen im Umkreis von 40 Kilometern um den Gazastreifen wurden geschlossen, die Bevölkerung wurde dazu aufgefordert, sich an die Anweisungen vonseiten der Armee zu halten.

Die israelischen Streitkräfte sprechen von einer „breit angelegten Offensive gegen terroristische Infrastruktur“ in Gaza, nachdem seit Beginn des Jahres 700 Raketen auf israelischem Territorium eingeschlagen wären und mindestens 120 seit dem vorangegangenen Samstag.

Bevölkerung wird durch Flugblätter vor weiteren Angriffen gewarnt

Die IDF geben darüber hinaus an, am Morgen des heutigen Donnerstags an zahlreichen Orten des Gazastreifens Flugblätter in arabischer Sprache abgeworfen zu haben, in denen Zivilisten dazu aufgefordert werden, sich von Personen und Einrichtungen fernzuhalten, die der Hamas zuzurechnen wären. Israel wirft der Hamas vor, Unbeteiligte als „menschliche Schutzschilder“ zu missbrauchen und aus propagandistischen Gründen bewusst zivile Opfer in Kauf zu nehmen.

In der Nacht hätten die Einheiten etwa 20 Angriffe geflogen, wobei an die 100 Abschussbasen für Raketen mit mittlerer oder hoher Reichweite sowie Infrastruktureinrichtungen militanter Organisationen unter Beschuss genommen worden wären. Darunter seien Raketen gewesen, die das Potenzial aufgewiesen hätten, bis zu 25 Kilometer weit auf israelisches Territorium zu gelangen. Gleichzeitig habe das Luftabwehrsystem „Iron Dome“ 13 aus dem Gazastreifen abgefeuerte Raketen abgefangen.

Palästinensische Einheiten drohten ihrerseits mit Vergeltung. „Die Besetzung hat die Tore der Hölle aufgestoßen“, wird der bewaffnete Flügel der Hamas zitiert. Die Gruppe „Islamischer Djihad“ soll sich dahingehend geäußert haben, dass Israel „Gaza den Krieg erklärt“ hätte und die Konsequenzen zu tragen hätte.

Die nunmehrige Eskalation folgt auf ein Wochenende, das von verstärktem Raketenbeschuss aus Gaza sowie dadurch hervorgerufene israelische Luftschläge gekennzeichnet war. Sieben Palästinenser sollen dabei ums Leben gekommen sein, zahlreiche Israelis verletzt.

Hamas ruft zu Vergeltung auf

Der Gesundheitsminister von Gaza, Dr. Mufeed Mkhallalati, sprach nach Angaben des US-Fernsehsenders FOX News von insgesamt zehn Toten infolge der gestrigen Luftangriffe, inklusive Jabari. Die Hamas rief für das Territorium Gazas den Ausnahmezustand aus und evakuierte alle Sicherheitseinrichtungen. Der Hamas-Offizielle Khalil al-Haya rief zur „Befreiung Palästinas und Jerusalems“ auf. Einige Tausend Personen marschierten durch die Straßen und riefen zur Vergeltung sowie dazu auf, Tel Aviv anzugreifen.

IDF-Sprecherin Lt.Col. Avital Leibovitch gab an, der Israelische Generalstab habe infolge der verstärkten Raketenangriffe gegen israelische Zivilisten die Eröffnung einer Offensive genehmigt, die sich gegen Terrorziele in Gaza richten soll. Jabari hätte „eine Menge Blut an den Händen“ gehabt, die Militärführung habe auch „andere Ziele autorisiert“.

Der Knesset-Abgeordnete Dov Hanin von der kommunistischen Chadasch verurteilte den Angriff. „Es ist nie eine Lösung, Führer zu töten. An ihre Stelle werden andere rücken und es wird einen neuen Kreislauf aus Feuer und Blut geben“, sagte er.

Die Tötung Jabaris belastet auch die Beziehungen Israels mit dem Nachbarland Ägypten, das durch die mit der Hamas sympathisierende Muslimbruderschaft regiert wird. Ägypten zog in Anbetracht der Luftangriffe seinen Botschafter aus Israel ab. Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten hatten sich seit dem Sturz des Langzeitpräsidenten Hosni Mubarak massiv verschlechtert, Mubaraks Nachfolger stellten bereits des Öfteren den Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten von 1979 in Frage. Ägypten rief angesichts der Eskalation nach einer Sondersitzung der Außenminister der Arabischen Liga.

Solidarität mit Israel aus den USA, Kritik aus der Türkei

Der UN-Sicherheitsrat tagte noch in der Nacht, kam aber nicht über Aufrufe zum „Ende der Gewalt“ hinaus. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon äußerte „Besorgnis“ angesichts des Wiederaufflammens des Konflikts.

Israel Premierminister Netanyahu gab an, noch am Mittwochabend mit US-Präsident Barack Obama, Vizepräsident Joe Biden und der außenpolitischen Beauftragten der EU, Catherine Ashton telefoniert zu haben.

Namens der USA betonten Präsident Obama und Außenministerin Hillary Clinton das Recht Israels auf Selbstverteidigung. Das State Department hatte bereits im Vorfeld der Eskalation in einem Kommuniqué den verstärkten Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen verurteilt.

Das türkische Außenministerium verurteilte seinerseits die Angriffe, rief Israel auf, diese zu beenden und warf dem Land eine „aggressive Politik” vor. Dabei verwies ein Sprecher des Außenministeriums auf die zivilen Opfer der Angriffe.