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Panorama

Fünf Personen nach Aufzugunglück in Haft

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Als am Samstag am Torun Center in İstanbul ein Industrieaufzug 32 Stockwerke in die Tiefe stürzte, starben zehn Menschen. Fünf Personen sind nun in Haft. Die Opposition versucht das Unglück politisch zu deuten. (Foto: dha)

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Im Zusammenhang mit dem Unglück mit einem Industrieaufzug auf der Baustelle eines Luxuswohnungskomplexes, bei dem am Samstag zehn Menschen ums Leben kamen, wurden drei weitere Personen festgenommen, nachdem bereits am Wochenende zwei Personen in Gewahrsam genommen wurden, die im Verdacht stehen, Sorgfaltsbestimmungen in einer Weise verletzt zu haben, die den Vorfall zur Folge hatten.

Die zehn Arbeiter waren ums Leben gekommen, als ein Industrieaufzug, der sie getragen hatte, aus dem 32. Stockwerk des Gebäudes, an dem sie arbeiteten, in die Tiefe stürzte. Bei dem Bauwerk handelt es sich um das Torun Center, ein Wolkenkratzer für Einkaufs- und Wohnstätten der gehobenen Kategorie auf dem Gelände des früheren Ali Sami Yen Stadions in Istanbuls Bezirk Şişli.

Nach der Ursache für das Unglück wird immer noch gesucht. Der türkische Partner des Aufzugsbauers Geda-Major betonte in einer Erklärung am Montag, dass er nicht damit betraut war, den Aufzug zu betreiben. Das Mutterunternehmen aus Deutschland, die GEDA-Dechentreiter GmbH & Co. KG, sicherte Today’s Zaman zu, man werde alles tun, um zur Aufklärung der Unglücksursache beizutragen. „Als ersten Schritt werden wir so rasch als möglich unabhängige Experten nach Istanbul schicken.“

Es wurden Berichte laut, wonach der Aufzug überladen gewesen sei. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sich zusätzlich zur menschlichen Last noch 1000 kg an Baumaterial im Aufzug befunden haben sollen.

Seit Beginn des Baubooms in der Türkei vor 12 Jahren sind etwa 14 000 Arbeiter bei Arbeitsunfällen ums Leben gekommen. Gewerkschaften kritisieren, dass die Adalet ve Kalkınma Partisi (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung; AKP) seit ihrem Regierungsantritt Gesetze und Vorschriften zur Arbeitssicherheit liberalisiert habe und es Unternehmern auf diese Weise einfacher gemacht habe, in der Arbeitsorganisation leichtsinnig zu handeln. Bereits das Unglück im Bergwerk von Soma, bei dem im Mai 301 Menschen ums Leben gekommen waren, hätte Experten zufolge verhindert werden können, wären die Sicherheitsstandards strenger gewesen.

Cumhuriyet behauptet Verbindungen zwischen der Baufirma und der AKP

Die Opposition versucht nun einmal mehr, politisch aus dem Unglück Kapital zu schlagen, und macht angebliche Verbindungen zwischen dem Eigentümer der Firma Torunlar Construction, der Betreiberin des Projekts und Eigentümerin des früher im Staatsbesitz befindlichen Landes in der Şişli-Siedlung des Istanbuler Stadtteils Mecidiyeköy, und Präsident Recep Tayyip Erdoğan sowie der AKP zum Thema.

Dies hatte sie bereits nach dem Soma-Unglück so gehandhabt, als sie eine ähnliche Verbindung zwischen Erdoğan und dem Betreiber der Todesmine in Soma herausgefunden haben wollte. Allerdings entgegneten regierungsnahe Medien alsbald, Betreiber Alp Gürkan sei Teil eines alten kemalistischen Oligarchen-Netzwerks und stehe der Koç-Gruppe und der langjährigen Regierungspartei Cumhuriyet Halk Partisi (Republikanische Volkspartei; CHP) nahe.

Nun berichtet Cumhuriyet, Aziz Torun, der Eigentümer, Präsident und Generalmanager von Torunlar Construction, sei seit der gemeinsamen Zeit auf der gleichen Imam-Hatip-Schule ein Freund des heutigen Präsidenten. Darüber sei der frühere AKP-Bürgermeister Aziz Yeniay Vorstandsmitglied der Firma. Auch der frühere AKP-Minister Ali Coşkun habe zuletzt mit im Vorstand gesessen. Er habe nach eigenen Angaben mit Recep Tayyip Erdoğan das gleiche Boot zur Schule genommen und seine geschäftliche Karriere unter der AKP-Regierung gestartet. Mehmet Torun, einer der Eigentümer der Torunlar Unternehmensgruppe, ist der Forbes-Liste von 2013 zufolge auf Rang 78 unter den reichsten Menschen der Türkei.

Die Torunlar-Gruppe wurde allerdings bereits 1977 gegründet und blieb bis 1996 ein mittelständisches Unternehmen, als sie ihr Subunternehmen Toray Construction, gründete, welches das erste Einkaufszentrum des Unternehmens im Jahre 1997 errichten sollte. Seit diesem Zeitpunkt ging es mit dem Unternehmen stetig aufwärts.

Kontroverse um „unsensiblen“ Tweet eines Sabah-Journalisten

Der CHP-Abgeordnete Umut Oran (Istanbul) brachte am Dienstag einen Antrag im Parlament ein, die geltenden Befreiungen von der Inspektionspflicht aufzuheben, die für Projekte gelten, die von der staatlichen türkischen Entwicklungs- und Baugesellschaft TOKİ abgenommen worden waren. Ein solches Projekt war auch das Torun Center, das von dieser Befreiung Gebrauch machte, nachdem es auf dem Gebäude des jüngst abgerissenen Ali Sami Yen Stadions errichtet worden war.

Unterdessen entflammte ein Kondolenzanruf des Premierministers Ahmet Davutoğlu beim Vater des 21-jährigen Studenten Hıdır Ali Genç aus Tunceli, der als einer der zehn Arbeiter getötet wurde, eine Kontroverse. Der Vater Mustafa Genç gab Journalisten in seiner Heimatstat gegenüber an, der Regierungschef habe ihn angerufen, ihm erzählt, es sei ein Unfall gewesen und es gäbe nichts, was man tun könnte. Der Vater habe daraufhin gesagt, die Regierung habe „einen Mord begangen“ und er werde „gegen euch alle“ rechtliche Schritte einleiten.

Nazif Karaman, ein Journalist der von der Regierung kontrollierten Sabah, hatte daraufhin in einem Tweet diese Antwort als inakzeptabel bezeichnet und Davutoğlu attestiert, er habe ihn „wie ein Mann behandelt und angerufen“. Harsche Reaktionen auf den Tweet veranlassten Karaman, diesen zu löschen und die ganze Geschichte über den Telefonanruf und die Familie als unwahr darzustellen. Allerdings hatten zu diesem Zeitpunkt bereits zahlreiche Journalisten den trauernden Vater zitiert.