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Gesellschaft

Istanbul: Prozess gegen die Sürücü-Brüder geht in die nächste Runde

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Hatun Sürücü wurde vor elf Jahren in Berlin von ihrem jüngsten Bruder ermordet. Der behauptet, die Tat alleine geplant zu haben. Die Istanbuler Staatsanwaltschaft sieht das anders.

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Prozess gegen die Brüder von Hatun Sürücü in Istanbul
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Der Prozess gegen zwei Brüder der ermordeten Deutsch-Türkin Hatun Sürücü wird am Donnerstag in Istanbul fortgesetzt. Nach Angaben des Gerichts im Bezirk Kartal sollen am Nachmittag weitere Zeugen vernommen werden. Sürücü war vor elf Jahren in Berlin erschossen worden. Den 35 und 36 Jahre alten Brüdern wird laut Anklageschrift das vorsätzliche Töten eines nahen Verwandten vorgeworfen. Sie sollen demnach den jüngsten Bruder mit dem Mord beauftragt haben.

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt die Männer außerdem, die Tatwaffe besorgt zu haben. In bisherigen Aussagen hatten beide Angeklagten die Vorwürfe zurückgewiesen, wie aus Gerichtsakten hervorgeht.

Zum Prozessauftakt vor rund drei Monaten sagten der jüngste, 29 Jahre alte Bruder sowie ein weiterer, 43 Jahre alter Bruder aus. Beide bestritten, dass die Familie die Tat zusammen geplant habe. Der 29-Jährige war in Berlin wegen Mordes verurteilt worden.

Die Berliner Anwältin und Frauenrechtlerin Seyran Ateş beobachtet den Prozess in Istanbul vor Ort. Sie kritisierte im DTJ-Interview das türkische Gericht für seine unambitionierte Vorgehensweise und bezweifelt, dass es überhaupt zu einer Verurteilung kommen wird. Sie sehe Indizien dafür, „dass man nicht zu tief bohren möchte.“

Das Gericht ordnete am ersten Verhandlung zudem eine erneute Vernehmung der Ex-Freundin des Täters in Deutschland an. Sie gilt als wichtige Zeugin und lebt im Zeugenschutzprogramm. Der Mörder hatte ihr nach der Tat erzählt, dass er die Tatwaffe von einem der beiden Brüder bekommen habe, wie aus der Anklageschrift beim Istanbuler Strafgericht hervorgeht.

Die 23-jährige Hatun Sürücü war am 7. Februar 2005 von ihrem damals 18-jährigen Bruder in Berlin-Tempelhof erschossen worden. Die Tat hatte Deutschland erschüttert und eine Debatte über Parallelgesellschaften ausgelöst.

Der Täter war im Sommer 2014 nach neuneinhalb Jahren Haft in die Türkei abgeschoben worden. Die nun angeklagten Brüder waren in Berlin zunächst aus Mangel an Beweisen freigesprochen worden. 2007 hatte der Bundesgerichtshof die Freisprüche aber aufgehoben. Ein neuer Prozess kam nicht zustande; die Männer hatten sich in die Türkei abgesetzt.

2013 leitete die türkische Seite ein eigenes Strafverfahren gegen sie ein. Eine Anhörung hat es laut Prozessbeobachtern schon im Oktober vergangenen Jahres gegeben, zu der jedoch weder Angeklagte noch Zeugen erschienen waren. (dpa/dtj)