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DTJ-Blog

Je Ne suis pas Horst

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Das Rad der Geschichte hat sich weitergedreht und wir befinden uns nicht mehr in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts, so unsere Bloggerin Anja Schwarz. In ihrem Beitrag hat sie sich mit der Aussage von Horst Seehofer beschäftigt.

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jenesuispashorst, Islam, Muslime, Seehofer
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Da ist sie also, die deutsche Lei(d)tkultur in Gestalt unseres Innen- und Heimatministers Horst Seehofer. Und während wir erfahren, dass dazu unsere christliche Prägung, der freie Sonntag, kirchliche Feiertage, Ostern, Pfingsten und Weihnachten gehören, gehört der Islam nicht dazu. Die Muslime aber schon, ein paar, vielleicht, irgendwie…

Ja, Deutschland – das es im Übrigen erst seit 1871 gibt – ist ein Land, dass christlich geprägt ist. Es gibt zahlreiche, oft leere Kirchen, die hohen kirchlichen Feste sind gesetzliche Feiertage und auch die kirchlichen Dienstleistungen wie Taufe, Hochzeit und Beerdigung werden immer noch rege in Anspruch genommen.

Aber das Rad der Geschichte hat sich weitergedreht und wir befinden uns nicht mehr in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Es hat sich viel getan

Während in den 50ern die Bekenntnisschule zumindest im Westen die Regel war, ist sie inzwischen die Ausnahme.

Während Adenauer erst 1961 eine Frau zur Ministerin ernannte und die Juristin Elisabeth Schwarzhaupt auch nur Gesundheits- und nicht Justizministerin werden dürfte, haben wir seit nunmehr 13 Jahren eine Bundeskanzlerin und Ehefrauen dürfen auch „schon“ seit 1977 ohne die Erlaubnis des Gatten einer Erwerbstätigkeit nachgehen.

Pasta hat der Kartoffel den Rang um die Lieblingssättigungsbeilage abgelaufen. Wir lieben Pizza (seit 1952) und Döner (1972).

Seit 1973 dürfen die Kinder an deutschen Schulen nicht mehr geschlagen werden, seit 2000 ist dies auch in der Familie offiziell unzulässig. Wir haben Ganztagesangebote an Kitas und Schulen, Pflegeheime, Bafög.

Ein Innenminister kann geschieden sein, ein Gesundheitsminister seinen Lebenspartner heiraten.

Und –  wir haben Muslime in Deutschland. Und mit ihnen den Islam

Sie sind Teil dieser bunten Republik. Sie sind als Arbeitsmigranten hierher gekommen und geblieben. Meine muslimischen Nachbarn teilen die gleichen Sorgen wie ich: Wir sorgen uns um die Existenzsicherung unserer Familien, den schulischen Erfolg unserer Kinder, das Diesel-Fahrverbot, den Hundedreck auf der Straße, den Giersch im Beet und die Erhöhung der Müllgebühren. Wir zahlen Steuern, Kita-Beiträge, Schulbücher, Krankenkassenbeiträge. Wir engagieren uns im Fußballverein, im Chor. Wir sind kein Museum und keine Blaupause, sondern viele verschiedene Menschen, die unsere Gesellschaft gestalten. Dazu gehören natürlich auch Muslime!

Und diesen Mitbürgerinnen und Mitbürgern unterstellt unser Innenminister, dass sie mit den Werten unserer Gesellschaft nur eingeschränkt kompatibel sind und sein wollen, dass sie von „uns“ verlangen, unsere „landestypischen Traditionen und Gebräuche aufzugeben“. Dieser Generalverdacht ist falsch, anmaßen und unverschämt. Er ist kränkend, grenzt aus und fischt tief im braunen Sumpf. Einmal mehr wird Migranten (und den „biodeutschen“ Muslimen, die gibt’s nämlich auch) deutlich gemacht: egal, was ihr macht, egal wie sehr ihr euch anstrengt, so richtig dazu gehören, lassen wir euch nicht.

Wer so redet, fördert den Extremismus in Deutschland, sowohl den rechten als auch den salafistischen (und dabei sollte er doch als Innenminister den Extremismus eindämmen, oder?)

Ich fürchte, er wird bis zur bayerischen Landtagswahl so weiterreden. Bis dahin heißt es für mich (und ich danke Markus Barth dafür): #jenesuispashorst!