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Politik

Kapitän der Fregatte Hamburg: „Das war kein freundschaftlicher Besuch“

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Jan Fitschen ist seit 1997 bei der Marine und seit Ende März dieses Jahres Kommandant der „Hamburg“. Erstmals nach der Eskalation auf hoher See spricht er über den Einsatz auf dem Frachtschiff Roseline A, bei der man Waffen vermutet hat. Der Einsatz wurde dann von der Türkei beendet und die Suche nicht abgeschlossen.

Mit der Kontrolle des türkischen Frachtschiffes „Roseline A“ lösten Sie und Ihr Team im November einen diplomatischen Eklat aus. Die Regierung in Ankara warf Deutschland vor, eine rechtswidrige Operation mit unbefugter Gewaltanwendung ausgeführt zu haben. Hatten Sie damit gerechnet, dass so etwas passieren kann?

Jan Fitschen: Natürlich war uns die Brisanz des Einsatzes klar, wir sind ja nicht blauäugig. Aber wir hatten einen Auftrag, und wir haben nur das gemacht, was von uns erwartet wurde – nämlich ein verdächtiges Schiff kontrolliert. So eine Kontrolle ist unabhängig davon, wo dieses Schiff herkommt. Was dann am Ende daraus gemacht wurde, lag nicht in unserer Hand.

Wie ist der Einsatz abgelaufen?

Es gab den Hinweis, dass die „Roseline A“ Waffen nach Libyen transportieren könnte und damit gegen das UN-Embargo verstoßen würde. Dann wurde der Flaggenstaat informiert, dass das Schiff durchsucht werden soll und es wurden ernsthafte Bemühungen unternommen, eine Einwilligung einzuholen. Da die Türkei als Flaggenstaat innerhalb einer bestimmten Zeit nicht reagiert hat, wurde das aber schließlich von der Operationsführung als stillschweigendes Einverständnis zum Boarding gewertet. Das ist gemäß UN-Resolution so vorgesehen. Wir sind dann mit unserem Bordhubschrauber rübergeflogen und haben mit der Inspektion begonnen. Die lief so lange, bis die Türkei der Untersuchung als Flaggenstaat am Abend offiziell widersprochen hat. Waffen wurden bis dahin nicht gefunden.

Diese Darstellung klingt unspektakulär. Videoaufzeichnungen, die auch im türkischen Fernsehen zu sehen waren, zeigten schwerbewaffnete deutsche Soldaten, die Besatzungsmitglieder mit erhobenen Händen regelrecht abzuführen scheinen und ein sehr hitziges Wortgefecht.

Ja, die Soldaten waren schwer bewaffnet, weil das kein freundschaftlicher Besuch war und keiner wusste, wie am Ende die Situation an Bord sein wird. Auch Polizisten habe ja in der Regel eine Waffe dabei, wenn sie eine Kontrolle durchführen. Was die Bilder angeht, waren das letztendlich nur zwei Szenen. In einer hat das Team mit dem Schiffsführer etwas heftiger diskutiert, weil bei dem Mann die Emotionen kurzzeitig hochgekocht sind. Die Situation wurde aber gelöst, ohne dass Gewalt angewendet wurde.

Und die erhobenen Hände der Besatzungsmitglieder?

Da ging es einfach darum, eine Bedrohung für unsere Soldaten auszuschließen, solange die Besatzung noch nicht nach Waffen durchsucht wurde. Die Gefahr wäre sonst zum Beispiel gewesen, dass jemand ein Messer aus der Tasche zieht und zusticht. Deswegen durften die Besatzungsmitglieder bis zur Durchsuchung nur mit erhobenen Händen an den Soldaten vorbeigehen. Nachdem festgestellt wurde, dass sie keine Waffen haben, konnten sie sich wieder ganz normal auf dem Schiff bewegen. Wir wussten übrigens, dass Videokameras an Bord des Schiffes sind und haben uns bewusst entschieden, sie nicht abzudecken.

Warum wurde das Schiff eigentlich nicht gegen den Willen der Türkei zu Ende durchsucht, wenn es Hinweise gab, dass es Waffen nach Libyen liefern könnte?

Das Mandat für die Operation sieht vor, dass wir gegen den Widerstand des Schiffsführers und der Besatzung an Bord gehen könnten. Gegen den Willen des Flaggenstaates geht es aber nicht. Mit anderen Worten: In dem Moment, wo ein Flaggenstaat einer Durchsuchung widerspricht, muss sie immer abgebrochen werden.

Hinweis: Das Interview wurde von der dpa durchgeführt.

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