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Politik

Ukraine-Krise: Schockwellen bis nach Zentralasien

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Der Berliner Revolutionsexport in die Ukraine erschüttert das Kräftegleichgewicht bis Mittelasien. Wie die Unterstützung der Bolschewiki während des I. Weltkrieges könnte das jetzige Abenteuer eines Tages auf Deutschland zurückfallen. (Foto: reuters)

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Kasachstan: Der Berliner Revolutionsexport in die Ukraine erschüttert das Kräftegleichgewicht bis Mittelasien. Belehrungen aus Europa werden belächelt.
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Auf dem Weltgipfel über die Nukleare Sicherheit Ende März in Den Haag outete sich der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew als klarer Unterstützer russischer Positionen und beschuldigte Kiew, die Krise angeheizt zu haben, sprach von einem verfassungswidrigen Staatsstreich und klagte die Unterdrückung von Minderheiten in der Ukraine an. Aufgebrachte Offizielle in Kiew brandmarkten die Rede sogleich als „unakzeptabel“. Ein Sprecher des kasachischen Außenministerium beschrieb die ukrainische Entgegnung hingegen als „emotional“. Kasachstan hatte bereits am 16. März das Referendum auf der Krim als rechtmäßig anerkannt.

Bindet die Krise in der Ukraine Kasachstan jetzt noch fester an Russland? Kasachstan ist mittlerweile ein eigenständiges und auch ökonomisch selbstbewusstes Land geworden. Und eben nicht nur in dem aus dem Boden gestampften Astana, das Mitte der neunziger Jahre noch ein hochverschmutztes Provinznest im Niedrigtechnologiebereich war.

Dynamik durch Jugend

Seit 1997/1998 geht es aufwärts in dem zentralasiatischen Land. Wenn eine Straße wie in Karaganda oder erst recht in Almaty schon über vier Schmuckläden verfügt, dann macht eben noch ein fünfter auf. Und die Menschen kaufen. Sie kaufen, weil sie Geld verdienen. Hier steht die Bevölkerungspyramide nicht auf dem Kopf sondern auf solidem Fundament. 29 Tage Urlaub stehen jedem arbeitenden Menschen zu. Die Jugend fährt mitunter im Mercedes mit kostbarer Gebetskette aus Halbedelsteinen auf dem Rückspiegel zum Geschäft oder Studium. Gerade sie profitiert von den neuen Möglichkeiten im Internetbusiness, den Versicherungen, dem Immobiliengeschäft, dem Bergbau oder der Ölindustrie. Vergleichbar wichtige Positionen in Deutschland werden wie selbstverständlich hartnäckig von Greisen verwaltet.

Dialog nicht nur zwischen den Religionen

Nasarbajew ist sich seiner Situation mit fast 23 Prozent russischem Bevölkerungsanteil in Kasachstan voll bewusst. Die ethnischen Zusammenstöße zwischen Usbeken und Kirgisen im kirgisischen Osch und Umgebung zu Beginn der 90er Jahre oder auch der lang anhaltende Bürgerkrieg in Tadschikistan sind allen noch in Erinnerung. Solche Verhältnisse möchte man in hier unter allen Umständen vermeiden und setzt im Verhältnis zu den Russen im eigenen Land wie auch jenseits der Grenze auf Dialog und Ausgleich. Europa wird hier als weit entfernt empfunden, islamische, christliche, schamanische und auch jüdische Identitäten sind hier Normalität. Belehrungen aus Europa in dieser Hinsicht werden belächelt oder als das erkannt, was sie sind – gefährlich.

Kasachstan übernahm im Jahre 2011 den Vorsitz der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) und hat mittlerweile Erfahrungen in der Austragung von vier interkonfessionellen Religionskongressen gesammelt. Zwei Aufgaben stehen hier im Vordergrund. Zu einem, dem islamischen Fundamentalismus als Ideologie entgegenzuwirken, zum anderen, einen Dialog zwischen dem Westen und der islamischen Welt zu etablieren.

Umkehrung der Bedeutungen

Die Krise prüft allerdings Nasarbajews Politik des Ausgleich zwischen China, Russland und den USA in Mittelasien. Es bleibt zu hoffen, dass Kasachstan diese Mittlerrolle auch weiterhin ausfüllen kann. Die deutsche Außenpolitik versucht nicht erst seit dem jüngsten Besuch des chinesischen Staatspräsidenten XI Jinping in Deutschland, China gegen Russland in Stellung zu bringen, dürfte aber ihre Bedeutung für eine Einflussnahme auf chinesische Außenpolitik deutlich überschätzen.

Aus asiatischer Sicht ist Europa eben Teil der eurasischen Landplatte und nicht Asien Teil europäischer Machtpolitik.