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Gesellschaft

«Kedi»: Zartes Dauer-Schnurren am Bosporus

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Wer eine Katze hat, weiß, wie es ist: Die flauschigen Vierbeiner müssen einfach geliebt werden. Es geht nicht anders. Auch viele Einwohner Istanbuls sind total verknallt in ihre Katzen.

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Wer eine Katze hat, weiß, wie es ist: Die flauschigen Vierbeiner müssen einfach geliebt werden. Es geht nicht anders. Auch viele Einwohner Istanbuls sind total verknallt in ihre Katzen.

Istanbul, eurasische Metropole am Bosporus. Gute Nachrichten sind derzeit Mangelware aus der Stadt, in der immer wieder Bombenanschläge drohen und die sich wie viele andere Gegenden in der Türkei in Anhänger und Gegner des autokratisch regierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdogan teilt. Das Leben geht dort aber an vielen Stellen so weiter, wie es schon seit Jahrhunderten läuft. Und es gibt dort auch Einwohner, die sich um die große Politik von Natur aus nicht scheren. Es sind Istanbuls Katzen.

Die Leisetreter dominieren weite Strecken des Stadtbildes und sind auch wichtiger Teil im Leben vieler Menschen, ob Mann oder Frau, ob groß oder klein, ob reich oder arm. Sie haben besitzen ergriffen von schlichten Tierfreunden, knallharten Geschäftsleuten, Fischern und Rentnern. Die Freude an den Katzen und die Sorge um sie vereint die Einwohner Istanbuls, so gegensätzlich sie auch leben und denken mögen. «Ohne Katzen würde Istanbul einen Teil seiner Seele verlieren», sagt ein Mann im Film «Kedi» (Katzen), ab 10. August auch in deutschen Kinos mit Untertiteln zu sehen – zwei Tage nach dem Internationalen Katzentag.

Regisseurin Ceyda Torun lebte bis zu ihrem elften Lebensjahr in Istanbul. Sie habe mehr Katzen denn Menschen als Freunde gehabt, sagt sie. «Ich wäre nicht die Person, die ich heute bin», sagt Torun laut Presseheft. Die Samtpfoten seien die einzige Konstante, die die Stadt mit sich führe. Die muslimische Bevölkerung verehre die Katze, weil rund um den Propheten Mohammed viele von ihnen lebten und sie immer wieder in den Geschichten vorkämen.

Meist aus der tiefer gelegten Katzenperspektive und mit Hilfe von Drohnen fing Regisseurin Torun gemeinsam mit Kameramann Charlie Wuppermann zwei Monate lang die vielen Überlebenskünstler auf vier Pfoten ein, die sich am Ufer von Fischen, in der Kanalisation von Ratten und auf Märkten von allen möglichen Resten ernähren und damit noch ihre Jungen durchbringen. Dabei verliert kein Tier seinen Stolz, jedes Tier hat seinen eigenen Charakter, im Grunde sind sie wie Menschen: Sie lieben, hassen und jagen ihrem Glück hinterher.

Und jede unterscheidet sich von der anderen: Da ist die Gaunerin Sari, die am Galataturm wohnt und große Bettelspezialistin ist. Oder Bengü, die Liebhaberin mit ihren smaragdgrünen Augen, oder Aslan Parcasi, der nachts Ratten und Fische frisst und tagsüber schläft. Oder Psikopat, die kämpferisch ist und voller Eifersucht steckt, oder Deniz, der Schmetterling, der auf Märkten Kunden und andere Katzen zur Weißglut bringt. Oder Gamsiz, der mit seinen scharfen Krallen der eindeutige Chef in seiner Straße ist – und nicht zuletzt Duman, der nie bettelt, aber durch zartes Kratzen an der Tür Wünsche äußert.

Über die gegenwärtig schwierigen politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse erzählt der Film nichts. Eine Katzenfreundin, Künstlerin mit kleinem Atelier in einem belebten Viertel Istanbuls, berichtet über ihr Lieblingstier, es schreite mit der Leichtigkeit im Ausdruck durchs Leben, wie sie selbst es auch gern tun würde. Eine Frau habe es nun mal nicht leicht in der türkischen Gesellschaft. Eher zufällig gerät einmal ein Graffiti-Schriftzug ins Bild, der vielleicht ein Stück Hoffnung zum Ausdruck bringen soll: «Erdo-gone».

Von Carsten Rave, dpa

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