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Bildung & Forschung

Keine Angst vor schlauen Kindern!

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Vor zehn Jahren startete die erste Kinderuniversität als Pilotprojekt in Tübingen. Seither hat das Konzept einen beispiellosen Siegeszug durch Europa angetreten. Auch in der Türkei werden kleine Genies in ihrem Forscherdrang bestärkt. (Foto: reuters)

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Keine Angst vor schlauen Kindern!
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Als 2002 an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen die erste Vorlesung für Kinder stattfand, rechnete wohl niemand damit, dass diese Idee so schnell so attraktiv werden könnte. Mittlerweile aber gibt es Kinderuniversitäten fast in jeder Stadt. Tausende kleine Studenten drängen sich in die Hörsäle altehrwürdiger Universitäten. Fast könnte man meinen, die Welt habe nur darauf gewartet, Kinder und Universitäten zusammenzubringen. Mehr als 200 Kinderuniversitäten sind mittlerweile in Europa entstanden, 120 davon findet man im deutschsprachigen Raum. Nun hat die Idee, dem Nachwuchs die Chance zu geben, eigenes Wissen zu vertiefen und Talente zu entfalten, auch die Türkei erreicht.

Kinderuniversitäten organisieren ein reichhaltiges Spektrum an Veranstaltungen, um Kinder für die Wissenschaft zu begeistern und gleichzeitig an den Hochschulen mehr Verständnis für die Wissensvermittlung zu wecken. Längst werden Massenvorlesungen mit Workshops zum Mitmachen ergänzt. Zielgruppe für die Universitäten sind zumeist Kinder von 6 bis 12 Jahren. Für die wissbegierigen Kinder wurden beispielsweise in München zweimal im Jahr 150 verschiedene Workshops angeboten. In Wien hat sich für die Sommerferien der Kinder eine „Summer School“ etabliert. Erfolgreiche Vorlesungen werden sogar an Volkshochschulen oder in Gemeindesälen wiederholt. Überall, wo es in Deutschland Universitäten gibt, gibt es mittlerweile auch Kinderuniversitäten. Selbst Hochschulen versuchen sich an diesem Projekt.

Vielfältige Themen, die Kinder bewegen

Die erste Vorlesung, die an der Uni Tübingen gehalten wurde, nannte sich „Warum spucken Vulkane Feuer?“. Die Uni Münster hingegen erklärt, „wie die Welt in den Computer kommt“, die Uni Saarbrücken fragt, wie fit eigentlich Fußballspieler seien, und die Uni Bonn weiß, wie man Gold findet. Die Universitäten zeigen sich in der Themenwahl gerne sehr vielfältig. Das stößt auf entsprechend viel Anklang bei Eltern und Kindern. Und für Universitäten ist es eine Marktlücke. Sie haben die Chance, auf diese Weise für die eigene Institution zu werben.

Ähnlich wie im deutschsprachigen Raum entstanden Kinderuniversitäten unter anderem auch in Italien, England, der Slowakei und Liechtenstein. Man gründete das European Children‘s Universities Network, dem sich die Türkei 2009 anschloss, um die Aktivitäten der unterschiedlichen Einrichtungen miteinander zu vernetzen.

Schon 2007 beschäftigte sich die Universität von Ankara mit dem Konzept Kinderuniversität, denn parallel zu dem mit den politischen Reformen einhergehenden wirtschaftlichen Boom im Land bemüht sich der Staat, die frühkindliche Erziehung auszubauen. Neben zahlreichen Schulreformen entschied sich die Regierung 2011 in diesem Zusammenhang für die Einführung der vielversprechenden Kinderuniversitäten.

Es ist wichtig, Potenziale so früh wie möglich zu fördern. Schließlich wünscht man sich, eine junge Elite heranzubilden. Deutsche und türkische Professoren wissen, dass die Kleinen von heute die Großen von morgen sein werden. Deshalb gibt es seit 2011 Vorlesungen für Kinder unter anderem an der Universität Istanbul, der Anadolu-Universität, der Trakya-Universität, der İnönü-Universität in Malatya, der Sinop-Universität, der Ege-Universität, der Fatih-Sultan-Mehmet-Universität, der Ordu-Universität, der Düzce-Universität, der Aydın-Universität und vielen weiteren mehr. Im Istanbuler Stadtteil Üsküdar werden seit Januar 2013 etwa 290 hochbegabte Kinder zwischen 6 und 18 Jahren an der ersten offiziellen Kinderuniversität unterrichtet.

Heute werben um die Talente von morgen

Um den Elitecharakter zu unterstreichen, wurden letzte Woche in Istanbul 44 hochbegabte Kinder mit einem Abschlussdiplom ausgezeichnet. Ismail Yüksek, Direktor der Yıldız Teknik-Universität, schwärmte von seinen jüngsten Studenten. Er hofft, sie bald wieder an seiner Universität als große Studenten begrüßen zu dürfen. Die Dozenten sind sich einig, dass es neben einer reinen Wissensvermittlung vor allem auch um die Entwicklung von Denkfähigkeit, audio-visueller Wahrnehmung und Kreativität geht.

Vor allem wollen Eltern ihren Kindern die Möglichkeit geben, an der akademischen Ausbildung teilzunehmen. Beide Seiten sehen dies als eine Bereicherung an und als Grundlage für zukünftige Entscheidungen und Lebenswege. Den Kindern macht es aber vor allem Spaß. Der hochbegabte Mehmet Ali Halac (14) sagt auch, warum: „Meine Fragen werden beantwortet und ich lerne viel dazu.“ Der Wissensdurst der neugierigen Kinder wird von Professoren gestillt. Damit ist laut Dietrich Willier, Redakteur beim SWR und zuständig für die Kinder-Uni-Initiative in Deutschland, die Universität für Kinder mehr als nur ein tolles Event für Kids. Sie ist auch tatsächlich eine Option, um Talente zu fördern.