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Politik

Keine klaren Mehrheiten in Niedersachsen – Schwarz-Gelb droht Abwahl

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Hochspannung in Niedersachsen: Bei der Landtagswahl liefern sich Schwarz-Gelb und Rot-Grün ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach den 18-Uhr-Prognosen muss Ministerpräsident McAllister um die Macht bangen. FDP und Grüne triumphieren. (Foto: dpa)

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Keine klaren Mehrheiten in Niedersachsen - Schwarz-Gelb droht Abwahl
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Hannover – Zittern in Hannover: Die schwarz-gelbe Landesregierung von Ministerpräsident David McAllister steht auf der Kippe. Die Landtagswahl in Niedersachsen brachte am Sonntag keine eindeutigen Mehrheitsverhältnisse. Nach den 18-Uhr-Prognosen von ARD und ZDF lagen die schwarz-gelbe Koalition und die rot-grüne Opposition nahezu gleichauf. Die ARD ermittelte eine hauchdünne Ein-Stimmen-Mehrheit für Schwarz-Gelb im neuen Landtag, das ZDF ein Patt. Zum Auftakt des Bundestagswahljahres überraschte die FDP mit einem Spitzenergebnis. Die SPD mit Herausforderer Stephan Weil und historisch starke Grüne, die lange Zeit als sichere Sieger galten, setzten sich nicht entscheidend ab. Die Linke flog aus dem Landtag, auch die Piratenpartei scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde.

Damit konnte sich auch in Berlin weder CDU-Kanzlerin Angela Merkel noch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück den erhofften klaren Wahlsieg auf die Fahnen schreiben. Davon hatten sich die Parteien Rückenwind für die Bundestagswahl im Herbst erwartet. Dem wegen miserabler bundesweiter Umfragewerte angeschlagenen FDP-Chef Philipp Rösler verschafft der Wiedereinzug der Liberalen in den Landtag seines Heimatlandes mit ihrem bislang besten Ergebnis Luft.

Die Abstimmung im zweitgrößten deutschen Flächenland mit 6,1 Millionen Wahlberechtigten gilt als wichtiger Stimmungstest für die Bundestagswahl. Zuvor wird nur noch in Bayern ein neuer Landtag gewählt.

Hauchdünne Mehrheit für Schwarz-Gelb?

Nach den Prognosen von ARD und ZDF (18.00 Uhr) wurde die CDU mit 36 bis 37 Prozent wieder stärkste Partei, gefolgt von der SPD, die auf 32,5 bis 33 Prozent kam. Die Grünen erzielten 13,5 Prozent, die FDP erreichte 9,5 bis 10, die Linke 3 bis 3,5 Prozent. Mit Überhang- und Ausgleichsmandaten ergibt sich damit nach den Prognosen folgende Sitzverteilung: CDU: 54 bis 59; SPD: 48 bis 52; Grüne: 19 bis 21; FDP: 14.

McAllister hatte die Landesregierung 2010 nach der Wahl seines Vorgängers Christian Wulff zum Bundespräsidenten übernommen. Er musste sich erstmals als Ministerpräsident in einer Wahl behaupten. Die FDP mit Umweltminister Stefan Birkner an der Spitze lag in den Umfragen lange Zeit unter der Fünf-Prozent-Marke und warb im Wahlkampf massiv um Zweitstimmen von CDU-Wählern – offenbar erfolgreich. Allerdings fehlten diese Stimmen dann der CDU. Am Ende verteidigte die FDP nach Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen den dritten Landtag in Folge.

Der Niedersachsen-SPD fehlte auch Rückenwind aus Berlin, wo Kanzlerkandidat Steinbrück seit Wochen wegen seiner Nebenverdienste und seiner Äußerungen zum Kanzlergehalt in der Kritik steht und in den Umfragen abgestürzt ist. Die Grünen fuhren zwar ihr mit Abstand bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl in Niedersachsen ein. Trotzdem bleiben sie wegen der Schwäche der SPD in Hannover möglicherweise auf der Oppositionsbank – und müssen auch im Herbst im Bund um ihren bevorzugten Koalitionspartner bangen.

Kubicki will FDP-Chef Rösler bei Wiederwahl unterstützen

Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki will nach dem überraschenden Wahlerfolg der Liberalen in Niedersachsen den umstrittenen Bundesvorsitzenden Philipp Rösler stützen. „Wenn er wieder antritt, wovon ich ausgehe, werde ich ihn unterstützen“, sagte Kubicki am Sonntag im ZDF. Nach dem „glorreichen Sieg“ könne die FDP-Spitze in Harmonie über die Aufstellung für die Bundestagswahl im Herbst sprechen, erklärte Kubicki, der bislang als einer der schärfsten Kritiker Röslers galt. „Ich wünsche mir, dass die Debatte um meinen Parteivorsitzenden etwas mehr an Ruhe gewinnt.“ Die FDP habe nun zuletzt bei Wahlen in drei Ländern gezeigt, dass sie gute Ergebnisse erzielen kann. Das sei auch ein gutes Signal für die Bundestagswahl.

Debakel für Linke und Piraten

Für die Linkspartei setzte sich die Serie von schweren Verlusten in Westdeutschland fort. Im vergangenen Jahr verpasste sie den Wiedereinzug in die Landtage von Schleswig-Holstein (2,2 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (2,5 Prozent). 2011 war die Linke schon in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg erfolglos geblieben. Stark ist sie damit nur noch in Ostdeutschland und im Saarland.

Für die Piratenpartei war Niedersachsen der erste schwere Dämpfer nach einer Erfolgsserie. Diese brachte die junge Partei in die Landesparlamente Berlins, des Saarlands, Schleswig-Holsteins und Nordrhein-Westfalens. In Niedersachsen lagen sie im Mai vergangenen Jahres in Umfragen auch noch bei 8 Prozent.

Der Kurz-Wahlkampf von knapp drei Wochen war unspektakulär. Hauptthemen waren die Bildungspolitik und die Energiewende. Gestritten wurde vor allem über die Studiengebühren. CDU und FDP halten daran fest, SPD und Grüne wollen sie abschaffen.

Um die regulär 135 Sitze im Landtag bewarben sich 659 Kandidatinnen und Kandidaten. Es traten 16 Parteien an, 11 von ihnen mit Landeslisten. 87 Abgeordnete wurden direkt in den Wahlkreisen gewählt, die anderen Sitze wurden nach den Zweitstimmenergebnissen der Parteien verteilt.

Bei der Landtagswahl 2008 war die CDU trotz herber Verluste mit 42,5 Prozent stärkste Partei geworden. Auch die SPD verlor und kam auf 30,3 Prozent. Die FDP holte 8,2, die Grünen 8,0 und die Linke 7,1 Prozent. Auf die CDU entfielen 68 Sitze im Landtag, auf die SPD 48. Die FDP errang 13 Mandate, die Grünen 12 und die Linke 11. Zuletzt hatte die CDU 69 und die SPD 46 Mandate, es gab einen fraktionslosen Abgeordneten. Die Beteiligung an der Wahl lag 2008 mit 57,1 Prozent auf einem historischen Tiefstand. (dpa)