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Bildung & Forschung

Alevitische Gemeinde und LIB nehmen Khorchide in Schutz

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Die Kontroverse rund um die Theologie des Leiters des ZIT Münster, Mouhanad Khorchide, ebbt nicht ab. Trotz Rückendeckung durch einzelne Verbände scheint das Tischtuch endgültig zerschnitten. (Foto: screenshot/youtube)

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Khorchide vor der Kamera - Wissenschaftsjahr 2013
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Am Zentrum für Islamische Theologie (ZIT) in Münster will keine Ruhe einkehren. Nach der scharfen Kritik nun auch des größten und mitgliederstärksten islamischen Verbandes in Deutschland, der Türkisch-Islamischen Union (DITIB), an den theologischen Thesen des Leiters des ZIT, Prof. Mouhanad Khorchide, steht die Zukunft des umstrittenen Professors an der Lehreinrichtung stärker in Frage als je zuvor.

Nun haben die Alevitische Gemeinde Deutschland (AABF) und der Liberal-Islamische Bund e.V. (LIB) Unterstützung für Khorchide bekundet.

Khorchide müsse im Amt bleiben, erklärte die AABF, ein politischer Verband der Aleviten. Den Islamverbänden, die Khorchide in die Mangel genommen hätten, gehe es weniger um Religion, sondern um Politik und die Deutungshoheit des Islams in Deutschland. Sie würden aber entgegen ihrem eigenen Anspruch nicht die Mehrheit der Muslime in der Bundesrepublik vertreten. „Theologie braucht Debatte“, sonst könne sie sich nicht entfalten, so die Alevitische Gemeinde am Donnerstag in Köln.

Auch der Liberal-Islamische Bund (LIB) wandte sich dagegen, die Zusammenarbeit mit Khorchide aufzukündigen. Zwar seien dessen Ausführungen in vielerlei Hinsicht diskussionswürdig. Doch habe es im Islam stets unterschiedliche Meinungen gegeben. Dies habe sich immer wieder als nützlich erwiesen.

Möge doch am deutschen Wesen…?

Unterdessen legte Mouhanad Khorchide selbst noch einmal nach und unterstrich seinen Anspruch, Deutschland zum Zentrum einer islamischen Theologie zu machen, die offenbar einen tiefgreifenden Bruch mit dem darstellen würde, was viele Muslime von ihren Verbänden her kennen. „Vieles, was wir heute rezipieren ist nichts anderes als eine Theologie des 9. oder 10. Jahrhunderts“, sagte er jüngst bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin. Er stehe für eine Theologie, die dem Menschen dienen soll, nicht für eine, die ihren Schwerpunkt auf Restriktionen lege. In Deutschland bestehe die Chance, etwas anderes als das zu etablieren. In vielen islamischen Ländern gebe es diese nicht, erklärte Khorchide.

Die vier im Koordinationsrat der Muslime (KRM) zusammengeschlossenen Verbände hatten das Verhältnis zu Khorchide als zerrüttet bezeichnet. Er begehe methodische Fehler und betreibe eine „ideologisch begründete Selektion“ islamischer Quellen. 2010 hatten sie der Berufung Khorchides zugestimmt, der angehende Religionslehrer ausbildet. Nun aber berufen sich die Verbände auf eine Absichtserklärung vom 11.02.2010, die Khorchide zwar unterschrieben, aber nach Meinung der Verbände nicht eingehalten habe.

„Die Absichtserklärung diente als Grundlage des gegenseitigen Vertrauens und formulierte die Verpflichtung zur bekenntnisgebundenen Lehre und Forschung. Die Absichtserklärung umfasst ferner die institutionelle Einbindung der muslimischen Religionsgemeinschaften in die Ausbildung der Religionslehrerinnen und -lehrern, sowie die Geschwisterlichkeit und Vertraulichkeit bei gegenseitiger Kritik“, so die Ditib. Khorchide habe jedoch statt des vertraulichen Gesprächs den Weg der Profilierung über die Medien auf Kosten der Verbände gesucht.

Ohne Ijaza keine Theologie

Der Publizist Eren Güvercin, der den Beirat in Münster verlassen hat, sieht die Frage, ob Khorchide weiterhin das Institut leiten darf, nicht als entscheidend an. Sie habe lediglich formale Bedeutung. Relevant sei allein die Ijaza, also die von einer islamischen Autorität wirksam verliehene Lehrberechtigung. Und diese sei vom Beirat unabhängig. Die Universität habe einen Vertrag mit dem KRM und habe auf dieser Grundlage Khorchide berufen und das ZIT aufgebaut. Die Ijaza wurde aber nicht auf der Grundlage der Beiratsordnung erteilt, so Güvercin gegenüber dem DTJ. Ohne Ijaza könne Khorchide aber, sollte diese entzogen werden, keine Theologie betreiben.

Religionsverfassungsrechtlich könne die Universität nicht alleine ein theologisches Zentrum aufbauen. Deswegen sei diese Vereinbarung, in der der KRM als Kooperationspartner gewählt wurde, überhaupt erforderlich gewesen. Es sei daher plausibel, dass der KRM die Ijaza, die sie verliehen habe, wieder entziehen könne. „Der Beirat hat mit dieser Sache nichts zu tun. Man kann nicht einerseits den KRM als Ansprechpartner auswählen und auf Grundlage des KRM eine Ijaza erteilen, und dann jetzt auf einmal den KRM übergehen und davon reden, dass nur der Beirat über die Ijaza von Khorchide entscheiden könne“, so Güvercin.

„Der Beirat wird sich nicht über das Votum der Verbände hinweg setzen können“, glaubt auch Engin Karahan, der Vize-Generalsekretär der islamischen Gemeinschaft Milli Görüş (IGMG). „Khorchide muss einen anderen Lehrstuhl übernehmen – außerhalb der islamischen Theologie.“ Dort könne er dann lehren, was er wolle, tritt Karahan den Versuchen entgegen, Khorchides Position auf der Basis der „Freiheit der Lehre“ gegen den Willen der Verbände zu behaupten. (KNA/dtj/pro Medienmagazin)