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Kultur/Religion

Klangvoll die Kultur des Zusammenlebens demonstriert

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Das Konzert des Chors der Zivilisationen aus Antakya im Berliner „Haus der Kulturen der Welt“ rundete auf imposante Weise das interkulturelle Dialogjahr 2012 in Deutschland ab. Gäste und Prominenz waren restlos begeistert. (Foto: Tayfun Girgin)

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Nicht einmal bei den Gratulationen sollte eine der großen Weltreligionen leer ausgehen. Der „Chor der Zivilisationen“ aus Antakya war als Gast des Forums für Interkulturellen Dialog e.V. (FID) in Berlin und das „Haus der Kulturen der Welt“ war gut besucht.

Der türkische Botschafter Hüseyin Avni Karslıoğlu hielt zu Ehren der Sängerinnen und Sänger eine Begrüßungsansprache und beendete diese mit dem Wunsch nach einem fröhlichen Chanukka für alle jüdischen Gäste und einem frohen Weihnachtsfest für die Christen. Um die Muslime unter den Teilnehmern und Besuchern nicht ganz leer ausgehen zu lassen, schob er noch die besten Wünsche für einen „Gesegneten Muharrem“ hinterher – sodass auch der Aschura-Monat noch zu seinen Ehren kam.

Und in der singenden Gemeinschaft geht keiner leer aus. „Die Kultur des Zusammenlebens” ist es, was die Essenz des Chors ausmacht und was er den Gästen vorleben möchte. Der Chor, der aus Antakya kommt, vereint in sich jene Pluralität und Diversität, die auch die gemeinsame Heimatstadt der Sänger auszeichnet.

Den multikulturellen Geist Antakyas in die Welt tragen

In Antakya leben Muslime, Juden und Christen friedlich mit- und nebeneinander, Sunniten, Alewiten, liberale und orthodoxe Juden, Katholiken und Orthodoxe. So auch im 2007 gegründeten Chor. In diesem sind drei Religionen und sechs Zivilisationen vertreten. Sie möchten zeigen, dass ein Leben ohne Krieg und Zerstörung möglich ist. Sie zeigen, dass sie es geschafft haben, etwa 130 Persönlichkeiten aus den verschiedensten Berufsgruppen und unterschiedlichen Religionen bzw. Konfessionen in ihrem Chor zu vereinen. Es gibt unter dem Mitgliedern des Chors unter anderem einen Imam, eine Nonne, einen Lehrer und eine Krankenschwester. Kein einziger verfügt über eine musikalische Ausbildung. In der kurzen Zeit seines Bestehens trat der Chor bereits vor der UN in New York und dem Europäischen Parlament in Straßburg auf.

Nicht nur die türkischen, hebräischen, arabischen, aramäischen, kurdischen, armenischen und englischsprachigen Stücke wussten das Publikum zu überzeugen. Als besondere Geste widmete der Chor den deutschen Zuhörern ein deutschsprachiges Lied. Es gehöre zu den Gewohnheiten des Chors, jeweils ein Lied in der Sprache des Landes zu performen, in der er auftrete, erklärte Chorleiter Yılmaz Özfırat, der zwischen den Stücken bewies, dass er das Publikum auch zu unterhalten weiß. Seine gewitzen Anekdoten sorgten im Haus der Kulturen für eine heitere und aufgelockerte Atmosphäre.

Özfırat ging auch auf die Entstehungsgeschichte des Chors ein. Oft werde er nach dessen Erfolgsgeheimnis gefragt; wie er es geschafft habe, so viele verschiedene Menschen von einem solchen Projekt zu überzeugen und sie zu vereinen: „Ich wundere mich darüber, dass es andere nicht schaffen!” Es klingt wie eine Selbstverständlichkeit für ihn.

Dass die Kultur des Zusammenlebens für Özfırat eine Herzensangelegenheit ist, wurde spätestens dann klar, als er auf den Friedensnobelpreis zu sprechen kam – der Chor war 2012 ebenfalls nominiert. Özfırat gönnt der EU den Preis („Sie muss schließlich die Finanzlöcher in Südeuropa stopfen!”), doch hätte der Chor das Preisgeld bekommen, hätte man, so der Chorleiter, eine gemeinschaftliche Gebetsstätte in Antakya erbaut. „Ein Gebäude mit drei Außentüren, die jeweils zur Synagoge, Kirche und Moschee führen. Mittendrin der Innenhof, zu dem alle einen gemeinsamen Zutritt haben. So wurden in Antakya früher die Häuser gebaut: Von außen sehen sie aus wie separate Häuser, die Hintertür führt dann allerdings zum gemeinsamen Innenhof. Dort wird gemeinsam gespeist, gefeiert und getrauert.“

Übrigens wird es ein Haus in dieser Art bald in Berlin geben. Am Petriplatz entsteht das „Bet- und Lehrhaus”, das Vertreter der drei monotheistischen Religionen Judentum, Islam und Christentum gemeinsam konzipieren.

Die Welttournee geht weiter

Obwohl die Themen wie Dialog und friedliches Zusammenleben alle Anwesenden bewegt haben, widmete man sich am Ende doch mit besonderer Aufmerksamkeit den gesanglichen Darbietungen. Das Publikum im „Haus der Kulturen der Welt“ war begeistert. Rabbiner Tovia Ben-Chorin sprang sogar zum Ende eines jüdischen Liedes auf die Bühne und gratulierte den Chormitgliedern. Und zum Ende hin ließ Chorleiter Özfırat speziell den türkischen Gästen noch einmal einen sehnsuchtsvollen Heimatgruß zuteilwerden, indem er den Chor das Lied „Memleketim” (Meine Heimat) intonieren ließ.

Zum Ausklang gab es noch einige Wortmeldungen seitens ausgewählter Gäste. Botschafter Heinrich Kreft, Beauftragter des Auswärtigen Amtes für die Deutschlandkommunikation und den Dialog zwischen den Kulturen, fand noch einmal bewegende Dankesworte: „Ich bitte den Chor, seine Welttournee fortzuführen und seine Mission in alle Welt hinaus zu singen.”

Der Chor ist noch bis Donnerstag in Deutschland und tritt in Düsseldorf, Aalen, Mannheim und Tübingen auf.