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Panorama

Kopenhagen: Wozu Ermittlungen, wenn wir bereits wissen, dass es ein „islamistischer Terroranschlag“ war?

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Kopenhagen: Ein Attentäter greift zunächst ein Kulturcafé und dann eine Synagoge an. Die Polizei jagt ihn durch die Stadt. Zwei Unschuldige sterben. Bevor die Tat untersucht ist, wissen wir, dass es ein Terroranschlag war. (Foto: dpa)

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Die Polizei in Kopenhagen hat am frühen Sonntagmorgen den mutmaßlichen Attentäter gestellt und getötet. Der Mann ist den Polizeiangaben zufolge mit hoher Wahrscheinlichkeit für den Mord an einem 55 Jahre alten Gast einer Diskussionsveranstaltung sowie an einem jungen jüdischen Wachmann vor einer Synagoge verantwortlich. Die Polizei stützt sich unter anderem auf die Auswertung von Videomaterial aus Überwachungskameras.

Bereits jetzt werden Parallelen zu den Anschlägen auf die Karikaturisten von Charlie Hebdo in Paris gezogen. „Wir sind noch immer dabei herauszufinden, ob er alleine gehandelt hat“, sagte ein Polizeisprecher. Klar ist, bei dieser Art von Anschlägen muss es Hintermänner, Komplizen geben. Beim NSU wurde schnell der Begriff „NSU-Trio“ etabliert, um schon im Voraus klarzustellen, dass es sich nur um eine kleine Gruppe handelt. In den USA wurde der mutmaßliche Mörder der drei Studenten bereits als „geisteskrank“ klassifiziert.

Und anstatt die Tötung des Attentäters zu kritisieren, drückt die dänische Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt noch ihre Erleichterung über dessen Tod aus. „Die Polizei hat nach Lage der Dinge den mutmaßlichen Täter, der hinter beiden Angriffen steckt, neutralisiert“, heißt es einem Statement der Regierungschefin. „Neutralisiert“ – welch ein Euphemismus.

„Arabisch aussehend, wohnte in einem Stadtteil mit einem hohen Migrantenanteil“ – Frames stehen fest

„Nähere Angaben zu dem getöteten Mann lagen zunächst nicht vor“, heißt es. Wie auch, wenn er schon tot ist? Die Polizei gab nach dem ersten Angriff bekannt, dass sie einen etwa 25 bis 30 Jahre alten Mann „arabischen“ Aussehens sucht. Die Ermittler veröffentlichten ein Bild aus einer Überwachungskamera in der Nähe dieser Stelle. Die Aufnahme zeigt einen dunkel gekleideten Mann mit einer roten Mütze. Wie kommt man darauf, dass es ein Araber ist, wenn man nur Bilder aus einer Überwachungskamera hat?

Den Ermittlungen zufolge war der Mann nach dem Angriff auf die Diskussionsveranstaltung zum Thema „Kunst, Gotteslästerung und Freie Rede“ am Samstag zunächst in einem dunklen VW Polo geflohen, der später in Kopenhagen gefunden wurde. Danach setzte er seine Flucht in einem Taxi fort und ließ sich nach Hause in seine Wohnung fahren. Der Taxifahrer gab den Ermittlern den entscheidenden Tipp. Dieses Mal ist es also der Taxifahrer, und kein irrtümlich vergessener Personalausweis.

Als die Beamten den Verdächtigen am frühen Sonntagmorgen vor dem observierten Haus ansprachen, habe der Mann das Feuer eröffnet, berichtete die Polizei. Daraufhin hätten die Beamten zurückgeschossen und den Angreifer getötet. „Das Viertel in Kopenhagen ist bekannt für seinen hohen Migrantenanteil“, schreibt die dpa in diesem Zusammenhang. Das soll dem Leser vermitteln, Migranten sind überdurchschnittlich kriminell und gefährlich. Es ist perfide und unverschämt zugleich.

Es ist traurig mitanzusehen, wie mit Ereignissen in diesen Tagen umgegangen wird. Es mag alles stimmen, was passiert ist, doch sollten Medien mit „Eilmeldungen“ und „Breaking News“ etwas sparsamer umgehen und dabei Fingerspitzengefühl beweisen. Das gleiche gilt für Ermittler und Polizisten.

Wie hatte das Weiße Haus noch am Mittwoch nach den Chapel Hill-Morden reagiert? „Wir warten erst mal die Untersuchungen ab“. So und nicht anders muss es sein. Bei allen Morden, Attentaten, Anschlägen. (mit Material der dpa)