Connect with us

Politik

„Parallelstaat“: Dehnt die AKP ihren Kampf auf andere muslimische Gruppen aus?

Spread the love

In einem Interview rückt Premierminister Davutoğlu vorsichtig von den Pauschalvorwürfen gegen die Hizmet-Bewegung ab. Dennoch macht er weiterhin Gülen-Anhänger für illegale Lauschangriffe aus dem Staatsapparat verantwortlich.

Published

on

Die türkische Regierung soll den türkischen Botschaftern im Ausland untersagt haben, an Veranstaltungen der Türkisch-Olympiade teilzunehmen.
Spread the love

Der türkische Premierminister Ahmet Davutoğlu sagte am Donnerstag in einem Fernsehinterview, dass der Kampf gegen den so genannten „Parallelstaat“ nicht als gegen eine spezifische Gemeinschaft gerichtet betrachtet werden sollte, sondern dass es um eine „illegitime Macht“ gehe, die „Menschen terrorisiert“, indem sie diese illegal beschattet und erpresst.

„Wie immer Ihr sie nennt, Cemaat, Camia, Hizmet – wir haben kein Problem mit einer solchen Struktur“, äußerte Davutoğlu. „Das ist keine interne Angelegenheit oder ein Krieg mit ihren Wurzeln oder ehrlichen Menschen. Das Problem ist, dass es Kräfte gibt, die Justiz und Polizei gegen die derzeitige Regierung verwenden wollen, die legitime Macht ausübt und durch die Stimmen der Menschen an die Macht gekommen ist.“

Die drei von Davutoğlu verwendeten Begriffe beziehen sich auf die Anhänger des Islamgelehrten Fethullah Gülen, der seit mehr als einem Jahrzehnt im selbstgewählten Exil in den USA lebt. Die regierende Adalet ve Kalkınma Partisi (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung; AKP) behauptet seit Monaten, dass Personen im Staatsapparat, die unter anderem illegale Tonbandaufnahmen angefertigt und an die Medien weitergegeben haben, dieser Bewegung angehören und dass deren Angehörige im Staatsapparat versuchen würden, die Regierung zu stürzen. Beweise hat sie bis heute nicht.

„Keiner wird mehr unter diesem oder jenem Vorwand in die Privatsphäre von Menschen eindringen oder einen Tunnel der Angst schaffen können“, kündigte Davutoğlu an und erneuerte die bekannten Vorwürfe gegen Hizmet-Anhänger. „Vor zwei Jahren wurden regelrecht Touren nach Pennsylvania organisiert. War es, weil sie ihn so geliebt haben? Jetzt wissen wir, dass der Grund, warum die Leute dorthin gegangen sind, war, sich selbst zu vergewissern über die Fragen, die sie bewegten: ‚Gibt es ein Dossier über mich? Wird eines Tages die Polizei vor meiner Tür stehen? Wird irgendetwas, was die Polizei von mir abgehört hat, an die Gerichte geschickt werden, sodass ich bestraft werde?‘ Jetzt muss keiner mehr ins Ausland reisen, um sich wieder sicher fühlen zu können“, äußerte der Premierminister.

Beweise stehen bis heute noch aus

„Pennsylvania“ ist einer jener Begriffe, die in der türkischen Politik als Synonyme für Gülen und seine Anhänger verwendet werden. Der 73-jährige Prediger wird von der AKP-Regierung verdächtigt, die Korruptionsermittlungen organisiert zu haben, die sich gegen Offizielle und Geschäftsleute im Umfeld des nunmehrigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan gerichtet hatten.

Die darüber hinaus aufgetauchten Tonbandaufnahmen vertraulicher Gespräche, die teils bis in den Nationalen Sicherheitsrat reichten und in den Wochen vor den Kommunalwahlen am 30. März an die Öffentlichkeit gespielt wurden, werden einem organisierten Zusammenwirken von Personen innerhalb des Staatsapparat zugeschrieben, die auf diese Weise die Arbeit der Regierung unterminieren und der AKP im Wahlkampf schaden wollten.

Die AKP schreibt auch dieses Zusammenwirken der Gülen-Bewegung zu. Ein Beweis für eine solche Verbindung steht jedoch bis heute noch aus. Und die Tatsache, dass dennoch bis heute in öffentlichen Äußerungen von Regierungspolitikern der Eindruck erweckt wird, dass ein solcher erbracht wäre, lässt befürchten, dass künftig auch andere religiöse Gruppen in der Türkei auf diese Weise ins Visier der Regierung geraten könnten.