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Politik

Krimtataren fordern mehr Engagement von Ankara

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Nachdem der bedeutende politische Aktivist der Krimtataren, Mustafa Kırımoğlu, an der Einreise auf die Krim gehindert worden war, wandte dieser sich an Premierminister Erdoğan. Derweil halten die blutigen Unruhen in der Ukraine an. (Foto: dha)

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Mustafa Kırımoğlu
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Der krimtatarische Aktivist Mustafa Abdülcemil Kırımoğlu, der am Freitag und Samstag von Sicherheitskräften an der Einreise auf die Krim gehindert worden war, gab an, dass der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdoğan sich der Sache annehmen würde und die Bemühung um eine Lösung zugesagt hätte.

„Ich habe der türkischen Regierung mitgeteilt, dass mein Einreiseverbot auf der Krim unter einem vorgeschobenen Prätext erteilt wurde. Im Gegenzug hat der türkische Premierminister Erdoğan mir zugesagt, mit dem russischen Präsidenten Vladimir Putin Kontakt aufzunehmen, um die Angelegenheit schnellstmöglich zu bereinigen. Danach bin ich nach Kiew zurückgereist, um Spannungen in der Region entgegenzuwirken und unerwünschten Problemen für mein Volk entgegenzuwirken. Ich warte hier in Kiew“, äußerte sich Kırımoğlu am Samstag gegenüber einem TV-Sender in Kiew.  

Außenminister Ahmet Davutoğlu wird Berichten zufolge die Situation der Krimtataren auf die Tagesordnung des Ministertreffens der Europaratsmitglieder bringen, das vom 5.-6.5. tagt. Davutoğlu soll dabei ein Dokument präsentieren, das sich mit Problem der Krimtataren nach der Sezession der Krim und ihrer anschließenden Aufnahme in den Staatsverband der Russischen Föderation befasse. Dazu soll auch das Einreiseverbot für Kırımoğlu zählen, der in früherer Zeit Vorsitzender des Mejlis (Versammlung der Krimtataren) war. Kırımoğlu war in Ungnade gefallen, weil er der Übergangsregierung in Kiew seine Loyalität erklärt hatte, die im März nach einem gewaltsamen Putsch gegen den gewählten Präsidenten Viktor Janukowytsch die Macht übernommen hatte.   

Massaker durch Rechtsextreme in Odessa

Die Krim hatte wenig später in einem Referendum ihre Sezession von der Ukraine erklärt. Auch zahlreiche lokale Autoritäten und Volkswehrverbände in der Ostukraine, die angesichts der zusammengebrochenen Staatsgewalt in weiten Teilen des Landes gebildet worden waren, erkennen die von den USA und der EU unterstützte Übergangsregierung in Kiew nicht als legitim an und fordern eine Föderalisierung des Landes.

In Odessa war es am Freitag dabei zu Ausschreitungen zwischen den Anhängern eines Referendums und Kämpfern des ultranationalistischen Rechten Sektors gekommen. Die Extremisten steckten, so berichtet RIA Novosti, ein Zeltlager in Brand, in dem die Aktivisten die Unterschriften für ein Referendum über die Zukunft des Gebiets Odessa sammelten. Mehrere Aktivisten versteckten sich im benachbarten Gewerkschaftshaus. Die Angreifer versperrten alle Ausgänge und bewarfen das Gebäude mit Molotow-Cocktails. Bis zu 40 Menschen verbrannten bei lebendigem Leibe oder starben beim Sprung aus den Fenstern. Fernsehbilder zeigten, wie verletzte Anti-Maidan-Aktivisten, denen die Flucht aus den Flammen gelang, von den Radikalen zusammengeschlagen wurden. Die Polizei schritt nicht ein.

Aksjonow: „Kırımoğlu ist vom Westen gekauft“

Durch Schüsse in die Luft seitens der Sicherheitskräfte auf der Krim wurden wiederum hunderte Anhänger Kırımoğlus daran gehindert, eine Straßensperre zu durchbrechen, die an der Grenze zwischen der Ukraine und der mittlerweile in den Russischen Staatsverband aufgenommenen Halbinsel aufgerichtet worden war. Unter den Beteiligten waren dabei auch der Vorsitzende des Mejlis, Refat Chubarov und der stellvertretende Premierminister der Krim, Lenur Islamov. In der entgegengesetzen Richtung gelang es einer Vielzahl an krimtatarischen Aktivisten, die Ukraine zu erreichen, um ein Treffen mit den am Grenzübertritt gehinderten politischen Führern zu veranstalten. In weiterer Folge soll allerdings die Grenze abgeriegelt worden sein.  

Der Präsident der Krim, Sergej Aksjonow, erklärte, Kırımoğlu würde die Einreise verweigert, weil er die Stabilität in der Region gefährde und auf der Gehaltsliste westlicher Geheimdienste stünde.

Premierminister Erdoğan und der Präsident der Russischen Föderation, Vladimir Putin, hatten mehrfach die Situation der Krimtataren telefonisch erörtert. Erdoğan hatte dabei mehrfach betont, der Frage der Sicherheit der Krimtataren höchste Wichtigkeit zuzumessen.

Ankara zeigt wenig Interesse an Konfrontation mit Moskau

Politische Vertreter der Krimtataren fordern nun von der Regierung in Ankara eine aktivere Rolle in der Krisenbewältigung. Ankara hatte auch Moskau dazu aufgefordert, alle erdenklichen Maßnahmen zu treffen, um die Sicherheit der krimtatarischen Community auf der Krim zu gewährleisten. Russland hatte der Gemeinschaft, deren politische Repräsentanten sich gegen das Sezessionsreferendum vom 16. März und für den Verbleib bei der Ukraine ausgesprochen hatten, weitgehende Autonomierechte und politische Rechte zugesichert. Auch wurde seitens des Parlaments der Russischen Föderation eine offizielle Rehabilitierung der Krimtataren in die Wege geleitet, die zu Zeiten der kommunistischen Diktatur in der Sowjetunion der Kollaboration mit den Nazis beschuldigt und einer blutigen Vertreibungspolitik unterworfen wurden, die hunderttausende Todesopfer forderte.

Ankara hatte sich zwar im Vorfeld des Referendums vom 16. März ebenfalls für die territoriale Integrität der Ukraine ausgesprochen, aber im Unterschied zu westlichen Staaten in weiterer Folge Zurückhaltung hinsichtlich einer Verurteilung Moskaus geübt, das umgehend nach der Sezession den Weg für die Aufnahme der Krim in den russischen Staatsverband frei gemacht hatte. Westliche Länder hatten Moskau beschuldigt, damit gegen das Völkerrecht zu verstoßen.

Dass Ankara kein übermäßiges Interesse an einer Konfrontation mit Moskau erkennen lässt, könnte nach Einschätzung vieler Beobachter auch damit zusammenhängen, dass Russland zu den wichtigsten Partnern der Türkei auf dem Gebiet der Energieversorgung zählt. Darüber hinaus hatte Moskau seinerseits – im Unterschied zu einer Reihe von westlichen Staaten – immer wieder von kritischen Anmerkungen zur Innenpolitik der Türkei Abstand genommen, wie sie beispielsweise kürzlich in Ankara seitens des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck geäußert worden waren und wie sie seitens der türkischen Regierung als unzulässige Einmischung qualifiziert worden waren.