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Kolumnen

Kuba: Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit

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11 Millionen Kubaner hoffen darauf, dass die jüngste Begegnung zwischen Staatschef Raul Castro und US-Präsident Obama zu einer raschen Verbesserung der trostlosen wirtschaftlichen Lage führt. Eindrücke aus Kuba.

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Wir sind es seit einiger Zeit gewohnt, uns mit den Krisen in unmittelbarer Nachbarschaft zu befassen, mit der Ukraine, mit dem Nahen und Mittleren Osten, mit Nordafrika. Dabei wird leicht übersehen, dass es in anderen Gegenden der Welt eine Wende zum Besseren gibt, etwa in Mittel- und Südamerika. Dort kann vor allem nun das entstehen, was eine stabile demokratische Gesellschaft benötigt: eine Mittelschicht.

Ich bin gerade von einer Reise nach Kuba zurückgekehrt, das bis heute unter dem Ost-West-Konflikt zu leiden hat, der in Europa vor 25 Jahren zu Ende ging. 11 Millionen Kubaner hoffen nun darauf, dass die Begegnung zwischen Staatschef Raul Castro und US-Präsident Obama bei einer Konferenz in Panama in der letzten Woche zu einer raschen Verbesserung der trostlosen wirtschaftlichen Lage führt. Die tropische Insel, eine halbe Flugstunde von Miami entfernt, leidet unter dem Handelsembargo, das die Supermacht Zug um Zug über Kuba verhängt hat.

Viele, die das Land vorwärts bringen könnten, haben es im Laufe der zurückliegenden 50 Jahre verlassen, eine Entwicklung, die die Deutschen mit ihrer Erfahrung der Teilung des Landes durchaus kennen. Alle die, die nicht in Kuba das Glück haben, mit Urlaubern aus der ganzen Welt in Kontakt zu kommen, in einer großen Ferienanlage an einem weißen Strand zu arbeiten, müssen mit 15-20 Euro im Monat auskommen.

Glanz vergangener Tage

Die Kubaner sind wunderbare Menschen, Überlebenskünstler. Ein warmes Klima und vor allem die zauberhafte Musik tragen dazu bei, den mehr als grauen Alltag zu meistern. Große Teile der Hauptstadt Havanna ähneln einem Museum, das in raschem Tempo zerfällt. Nach einem starken Regenguss empfiehlt es sich nicht, sich unter Balkonen aufzuhalten. Viele Häuser sind zusammengebrochen, andere nur in Teilen bewohnbar. Die Menschen gehen zu Fuss, sie können sich öffentliche Verkehrsmittel, die es nur in begrenztem Umfang gibt, kaum leisten.

Als der Taxifahrer mitten in Havanna an einem unbeschrankten Bahnübergang hält, nur unzureichend gesichert, quält sich ein uralter, völlig heruntergekommener blauer Zug vorbei. Auf die Frage, wohin dieses Gespenst von Eisenbahn unterwegs ist, erhalte ich die Antwort, dass Santiago de Cuba das Ziel ist, also die zweitgrößte Stadt des Landes im Osten der Insel. Auf die nächste Frage, wie lange der Zug für die über 800 Kilometer lange Strecke benötigen wird, bekomme ich die Antwort: 2-3 Tage, genauer Zeitpunkt der Ankunft ungewiss.

Der Mann, der mich fährt, schämt sich beim Vorbeifahren des Zuges, diese Eisenbahn, diese völlig herunter gekommene Infrastruktur, seien eine Schande für das Land, sagt er auf Englisch. Ähnlich alt wie die Züge sind die bunten Autos, die durch Havanna fahren, amerikanische Straßenkreuzer aus den 1950er Jahren, als Kuba ein Treffpunkt der amerikanischen und südamerikanischen High Society war, natürlich auch der Gangster.

Konterfeis von Castro aus Stadtbild Havannas verschwunden

Diese Cadillacs, Studebakers und Buicks werden nun als Taxis eingesetzt und legen auch einen Stopp am ‚Platz der Revolution‘ ein. Dort erwecken sie mehr Aufsehen bei den Touristen als die trostlosen Reminiszenzen der sogenannten kubanischen Revolution. Eklatanter könnte der Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit nicht sein. Die Menschen ändern sich nicht, die Parolen zum Sieg des Sozialismus sind längst verhallt, die Plakatwände mit Konterfeis von Castro und seinen wenigen Freunden zumindest aus dem Stadtbild von Havanna verschwunden. Alle hoffen, dass nun Geld in das Land hineinkommt, dass investiert wird und dass es eine faire Bezahlung gibt, anstatt die Menschen in großen Zahlen für ein paar Pesos Gehalt beim Staat zu beschäftigen.

In den großen Ferienanlagen wird der europäische und nordamerikanische Urlauber mit einem all-inclusive-Angebot verwöhnt, von dem die Einheimischen nur träumen können. Vor allem die Kanadier, die es mit drei Flugstunden leicht haben, dem langen Winter daheim zu entfliehen, sprechen dem kostenlos angebotenen Alkohol in Mengen zu. Unter den Cocktails, die der Bar-Keeper im Angebot hat, befindet sich auch das beliebte Getränk ‚Cuba Libre‘. Es besteht aus 2 Produkten, die einerseits in Kuba, andererseits in den USA sehr beliebt sind: Rum und Cola.