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Kolumnen

Kurdisch Roulette

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Irakische Streitkräfte bei der Offensive auf Mossul
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Nach dem Referendum im irakischen Kurdengebiet marschiert das irakische Militär gen Kirkuk. Die ölreiche, kurdische Stadt bereitet sich auf einen Bürgerkrieg vor. Bagdad spielt mit den Kurden Russisch Roulette um den Irak.

Von STEFAN KREITEWOLF

Im Norden des Iraks herrscht seit zwei Wochen der Ausnahmezustand – genauer genommen herrscht dort der Ausnahmezustand seit dem Referendum. In der Volksabstimmung votierten Ende September die Kurden im Nordirak mit großer Mehrheit für ihre Unabhängigkeit, entgegen aller Drohgebärden aus Ankara, Bagdad und Teheran sowie Warnungen der Vereinten Nationen. Die Freude über das gute Ergebnis hielt nicht lange an. Dieser Tage herrschen Panik und Unruhe.

Die Zeichen stehen im Irak nämlich einmal mehr auf Konfrontation. Irakische Regierungstruppen sind in die ölreiche Provinz Kirkuk einmarschiert. Das Militär meldet die Einnahme zweier wichtiger Ölfelder. Die ARD-Tagesschau berichtet von Tausenden Flüchtlingen, die weiter gen Norden in die kurdischen Städte Erbil und Suleymaniya unterwegs sind.

Auf Panzern und Humvees, gepanzerten Militärvehikeln, ziehen kurdische Milizen in die andere Richtung – an die Front. Die Peschmerga-Kämpfer wollen die nahegelegenen Ölfelder verteidigen, die seit 2014 unter ihrer Kontrolle stehen. Damals floh das irakische Militär hilflos vor dem sogenannten IS.

Voll auf Konfrontation

Jetzt, nach der fast vollständigen Zerschlagung des IS, kommen die Regierungstruppen zurück. Iraks Ministerpräsident Haider al-Abadi hatte in der vergangenen Woche zwar via Twitter mitgeteilt, er wolle keinen arabisch-kurdischen Konflikt. Die Regierungskräfte seien angehalten, keine irakischen Bürger anzugreifen, eingeschlossen Araber oder Kurden. Zugleich lehnte er das Referendum der Kurden entschieden ab. Der Einmarsch seiner Truppen sagt nun mehr als jeder Tweet.

Bagdad hat seit dem Ende des dritten Golfkriegs 2003 jede Chance für ein friedliches Zusammenleben in einem föderalen Irak im Keim erstickt. Sollte das irakische Militär nun militärisch gegen die Kurden im Norden des Landes vorgehen, droht ein Bürgerkrieg. Bagdad spielt mit den Kurden in diesen Stunden Russisch Roulette um den Irak. Ein falscher Schuss genügt, um die Lage vollends eskalieren zu lassen.

Die Kurden, schon heute mit eigener Verfassung, eigenem Parlament, eigenem Präsident und eigener Armee, frönen indes ihrem Opferkult. Kurden-Präsident Masud Barzani erinnert in seinen Reden oft an die Verbrechen an den Kurden unter Ex-Diktator Saddam Hussein in den 1980er-Jahren. Er mag recht damit haben. Seine Anhänger werden seine Worte in Kombination mit einer Provokation des irakischen Militärs allerdings weiter anstacheln.

Mit der Volksabstimmung für die Unabhängigkeit sind die Kurden bereits ein sehr hohes Risiko eingegangen. Ihnen droht nun ein Krieg von allen Seiten. Die irakische Militäroffensive könnte nur der Anfang sein.

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