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Politik

Schwieriger Gast: Ägyptischer Machthaber al-Sisi in Berlin

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Der ägyptische Staatspräsident Abd al-Fattah al-Sisi wird für Dienstagabend in Berlin erwartet. Viele Abgeordnete wollen ihn nicht treffen, Kanzlerin Merkel hingegen schon. (Foto: dpa)

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Merkel mit al-Sisi
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Die Bundesregierung hat mit ihrer Einladung an den ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah al-Sisi länger gezögert als einige andere europäische Regierungen. Denn der Ex-Militärchef, der sich vor einem Jahr zum Staatschef wählen ließ, ist ein schwieriger Gast. Al-Sisi regiert seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr per Dekret. Wann ein neues Parlament gewählt wird, ist offen. Internationale Menschenrechtsorganisationen stellen der neuen ägyptischen Führung ein vernichtendes Zeugnis aus.

Dass die deutsche Regierung dem Alleinherrscher aus Kairo jetzt trotzdem den roten Teppich ausrollt, ist ein Stück weit Realpolitik. Denn angesichts der Auflösungserscheinungen, die arabische Staaten wie Syrien, der Jemen oder Libyen momentan zeigen, ist man bald froh um jedes Regime, das noch aufrecht steht – auch wenn an seiner Spitze kein lupenreiner Demokrat steht.

„Sicher, man muss im Zweifel auch mit einem Militärdiktator sprechen, wenn es um die extrem schwierige Lage des Nahen Ostens geht“, sagt die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt. Trotzdem hält sie den Staatsempfang für Machthaber Al-Sisi, der unter anderem Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) in Berlin treffen wird, für das falsche Signal. Nach Ansicht der Grünen hat die Bundesregierung durch diese Einladung die Chance vertan, Al-Sisi klarzumachen, dass deutsche Unterstützung nur zu haben sei, „wenn er endlich freie und faire Wahlen zulässt, eine demokratische Grundordnung für die Justiz auf den Weg bringt und ein Parlament akzeptiert, das seinen Namen verdient“.

Lammert sieht keine Gesprächsgrundlage

Doch Kritik kommt nicht nur aus der Opposition. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) teilte zwei Wochen vor dem Besuch mit, er wolle Al-Sisi nicht treffen. Der Christdemokrat begründete seine Entscheidung mit der Verfolgung von Oppositionellen und der „unfassbar hohen Anzahl von Todesurteilen“, die in Ägypten zuletzt ergangen waren.

Auch von den Grünen, die mit Al-Sisi vor allem über Menschenrechte sprechen wollten, kam eine generelle Absage. Zur Begründung hieß es: „Für uns war wichtig, dass das ursprüngliche Treffen in Arbeitsatmosphäre im Bundestag stattfinden sollte; an Gesprächen in einem anderen Format nehmen wir nicht teil“.

Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Volker Kauder (CDU), hat damit kein Problem. Er will den ägyptischen Präsidenten am Donnerstag in seinem Hotel aufsuchen. Auch die Linksfraktion hat keine Berührungsängste. Sie bemühte sich noch kurz vor Ankunft von Al-Sisi um einen Termin mit dem Präsidenten.

Todesurteil gegen Mursi verschoben

Unterdessen hat ein Kairoer Gericht die Entscheidung über das Todesurteil gegen den ehemaligen ägyptischen Präsidenten Muhammad Mursi verschoben. Die Richter vertagten sich am Dienstag auf den 16. Juni.

Der Aufschub war wegen des Deutschlandbesuchs des neuen Machthabers für nicht unwahrscheinlich gehalten worden. Eine Bestätigung des Mitte Mai gefällten Todesurteils hätte den Besuch belasten können. Mursi soll sich Anfang 2011 mit der palästinensischen Hamas und der libanesischen Hisbollah dazu verschworen haben, einen Gefängnisausbruch zu organisieren, lautete das Urteil gegen das vom Militär abgesetzte ehemalige Staatsoberhaupt. (dtj/dpa)