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Politik

„Made in Israel“ nur noch für Produkte aus israelischem Kernland

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Israelische Produkte aus besetzten Gebieten dürfen nicht mehr die Kennzeichnung „Made in Israel“ tragen. Befürworter sehen dies als auch im Interesse Israels gelegen, Kritiker fühlen sich an dunkle Zeiten der Geschichte erinnert. (Foto: ap)

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„Made in Israel“ nur noch für Produkte aus israelischem Kernland
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Die Arbeitslosenquote im Gazastreifen liegt gemäß dem Weltbank-Bericht für das Jahr 2012 bei 32,2 Prozent. Das Exportvolumen des seit 2005 zur Selbstverwaltung übergebenen Palästinensergebietes betrug lediglich 7 Prozent des eigenen Bruttoinlandsproduktes. Damit gehört der Gazastreifen zu den schwächsten Exporteuren der Welt. Der Gazastreifen insgesamt gehört trotz einiger Prunkbauten zu den ärmsten Wirtschaftsregionen der Welt.

Generell lässt sich dies über alle Palästinensergebiete behaupten. Die Gebiete verfallen wirtschaftlich. Arm sind fast alle Palästinenser in der Region. Misswirtschaft, Korruption, Gewalt und falsche Prioritätensetzung tragen ihren Teil dazu bei.

Schuld an ihrer Misere seien die Palästinenser aber nicht alleine, diese Auffassung vertreten nun auch die Politiker der mächtigen Europäischen Union. Schuld sind nach ihrer Auffassung in großem Maße auch die Konditionen, unter denen die Menschen auf den Palästinensergebieten wirtschaften müssen. Anhaltende Bewegungseinschränkungen und knebelnde Wirtschaftsabkommen mit Israel erschweren demnach ein erfolgreiches Streben nach Prosperität. Vor allem würde die Situation durch den forcierten israelischen Siedlungsbau verschärft. Dieser schaffe für die Menschen in der Region nicht nur neue politische Tatsachen, sondern auch neue wirtschaftliche, die sich beträchtlich auf ihr individuelles Leben auswirken – auch wenn Zehntausende Palästinenser ihr eigenes Geld im Siedlungsbau verdienen.

Berlin sucht einen israelisch-palästinensischen Ausgleich

Nun nahm sich auch die Bundesregierung der Problematik an. Ihr geht es, auch im Interesse der deutschen Verantwortung gegenüber der jüdischen Welt, um eine grundlegende Befriedung des Israel-Palästina-Konfliktes. Deutschland steht aus Gründen der Staatsräson für die Sicherheit Israels ein. Einseitig handeln möchte die Regierung allerdings nicht.

Man möchte eine gerechte Politik betreiben, die zwar Israels Integrität sichert, die Palästinenser aber nicht unnötig vor den Kopf stößt. Die Bundesregierung möchte sich ausgewogen, menschlich und verantwortungsbewusst zeigen. Es ist allgemein bekannt, dass der israelische Siedlungsbau in der Region für unüberbrückbare Differenzen zwischen Israelis und Palästinenser sorgt. Den Palästinensern erscheint Israel als eine Okkupationsmacht. Nur ein Rückzug aus den Gebieten kann für Frieden und ein gleichberechtigtes Miteinander sorgen, dieser Meinung sind zumindest die meisten Palästinenser. Und die palästinensische Elite sieht einen Rückzug sogar als Voraussetzung für neue Verhandlungen an.

Die Bundesrepublik Deutschland betrachtet den seit Jahrzehnten anhaltenden Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern als eine große Gefahr für den Nahen Osten. Menschlich bringt er Tragödien mit sich und politisch schafft er ein Pulverfass.

Die deutsche Regierung erkannte die Tragweite des Siedlungsbaues. Um Israels Zukunft zu wahren, setzt Berlin zunehmend auch auf die Befriedung der Palästinenser, die durch israelische Repressalien radikalisiert werden und damit ein erhebliches Sicherheitsrisiko für die Zukunft Israels darstellen. Die israelischen Siedler auf den besetzten Gebieten werden offen kritisiert. Produkte aus diesen Regionen werden aber bislang nach wie vor als „Made in Israel“ verkauft und deren Absatz trage zur Stabilisierung und Ausweitung des Siedlungsbaues bei. Dies laufe jedoch der Strategie zuwider, die Siedlungspolitik zu kritisieren und auf eine Zweistaatenlösung zu setzen.

Kritiker sehen Handlangerdienste für Boykottkampagnen

In Berlin wirft man Israel nun einen Etikettenschwindel vor. Es geht um Waren, die in den Siedlungsgebieten hergestellt und in die EU exportiert werden. Diese Gebiete gehören nach Auffassung der UNO und auch zahlreicher westlicher Politiker und Völkerrechtslehrer nicht zum Staatsterritorium Israels. Bislang trugen Produkte aus dem Siedlungsgebiet aber ebenso „Israel“ als Herkunftsbezeichnung wie solche aus dem Kernland.

Diese Waren dürften aber nicht mehr mit „Made in Israel“ etikettiert werden. Das geht nun aus einer Antwort der Bundesregierung hervor. Die Anfrage kam vonseiten der Grünen-Fraktion im Bundestag. Schätzungen zu Folge führt die EU Waren aus den besetzten Gebieten mit einer „Made in Israel“- Kennzeichnung im Wert von 230 Millionen Euro ein.

Die israelische Führung zeigte sich über den Schritt der Bundesregierung empört und verurteilte diese Antwort aufs Schärfste. Es sei „ein weiterer Versuch, Israel negativ herauszuheben, und dabei zu einem wirtschaftlichen Boykott aufzurufen“, heißt es in einer Stellungnahme der israelischen Botschaft. Auch die Anfrage der Grünen als solche erfuhr scharfe Kritik. Sie würde nach Auffassung zahlreicher Publizisten, israelischer Regierungsvertreter oder jüdischer Verbände Wasser auf die Mühlen von Boykottkampagnen gießen, die zum einen an dunkle Zeiten deutscher Geschichte erinnern und zum anderen den Interessen in diesen Gebieten beschäftigter Palästinensern schaden würden.

Befürworter der Maßnahme argumentieren, dass die Bundesregierung dem jüdischen Staat langfristig aus einer Bredouille helfen würde, was von den Hardlinern der israelischen Regierung jedoch nicht gesehen werde.