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Politik

Medienfreiheit: Erdoğan geht gegen unabhängige und kritische Medien vor

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Am frühen Sonntagmorgen hat es in der Türkei erneut eine Razzia gegen regierungskritische Medien stattgefunden. Landesweit gab es laut der Nachrichtenagentur Anadolu acht Festnahmen.

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Eine Gruppe demonstriert vor dem Zaman-Gebäude in Istanbul für Medienfreiheit.
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Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan und die AKP-Regierung gehen gegen unabhängige und regierungskritische Medien vor, um sie mundtot zu machen. Im Visier der zunehmend autoritären Regierung steht die auflagenstärkste türkische Tageszeitung Zaman und die Mediengruppe Samanyolu. Der Zaman-Journalist Savaş Genç sagte gegenüber DTJ-Online, dass die Verhaftungen nur der Anfang einer breitangelegten Operation gegen Kritiker seien.

Der Leiter der Sendergruppe Samanyolu, Hidayet Karaca, wurde mittlerweile verhaftet. Insgesamt seien landesweit Haftbefehle gegen 32 Personen erlassen worden, acht Personen sollen bereits in U-Haft sitzen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Bereits vor einigen Tagen hatte der Twitteraccount Fuat Avni eine Operation gegen Medien und Journalisten angekündigt.

Zaman und Samanyolu stehen der Hizmet-Bewegung um Fethullah Gülen nahe, der die Regierung vorwirft, staatliche Institutionen in der Türkei unterwandert, einen „Parallelstaat“ gebildet und einen Putsch vorbereitet zu haben. Beweise für diese Anschuldigungen wurden bisher nicht vorgelegt. Gülen weist die Vorwürfe entschieden zurück und sagte der Süddeutschen Zeitung (Samstagsausgabe): „So wie wir einst gegen das Joch der Militärs waren, sind wir heut gegen das Joch einer Partei. Deshalb werden wir als Verräter beschimpft.“

Hat Erdoğan persönlich die Razzia gegen Zaman und Samanyolu in Auftrag gegeben?

Noch am Freitag war Ekrem Dumanlı, Chefredakteur von Zaman, ins Istanbuler Gerichtsgebäude gegangen, um zu erfragen, ob ein Verfahren gegen ihn anstehe. Dies war verneint worden. Nur eine Stunde später unterzeichnete Staatspräsident Erdoğan ein Gesetzentwurf, wonach Personen auch schon bei „nachvollziehbarem Verdacht“ verhaftet werden können. Davor musste ein begründeter starker Verdacht für eine Festnahme vorliegen. So kommt die Frage auf, ob Erdoğan persönlich die Operation in Auftrag gegeben hat.

Dumanlı zufolge handelt es sich nicht um einen Schlag gegen Zaman und Samanyolu, sondern gegen die „Medienfreiheit und Demokratie in der Türkei“. Es werde versucht, Andersdenkende und Kritiker mit allen Mitteln zum Schweigen zu bringen. „Ich glaube kaum, dass dieses Verhalten in der türkischen und internationalen Öffentlichkeit Zustimmung finden wird“, so der Chefredakteur von Zaman, der, nicht wie regierungstreue Medien bereits berichteten, festgenommen wurde, aber gegen den ein Haftbefehl vorliegt. Die regierungstreuen und staatlichen Medien verbreiten bewusst Unwahrheiten über die aktuellen Ereignisse.

Interessant ist auch der Zeitpunkt der heutigen Razzia. Am 17. Dezember des vergangenen Jahres waren Korruptionsermittlungen gegen Regierungsmitglieder der damaligen Erdoğan-Administration bekannt geworden. Im Zuge der damaligen Ermittlungen waren mehrere Minister zurückgetreten. Die zuständige Staatsanwaltschaft erklärte die Ermittlungen offiziell für beendet.

Kılıçdaroğlu spricht von „Putsch-Prozess“

Oppositionspolitiker übten harsche Kritik am Vorgehen der Polizei gegen die Medien. Kemal Kılıçdaroğlu, Vorsitzender der Cumhuriyet Halk Partisi (Republikanische Volkspartei, CHP) sprach von einem antidemokratischen „Putsch-Prozess“. Es sei nicht „hinnehmbar“, dass derart gegen die Medienfreiheit vorgegangen werde.

Der Sozialdemokrat Oktay Ekşi, ehemaliger Vorsitzender des türkischen Presserates und CHP-Abgeordneter, zeigte sich solidarisch mit Ekrem Dumanlı. „Ich bin nicht immer gleicher Meinung mit Ekrem Dumanlı. Aber ich bin hier, um meine Solidarität mit ihm zu bekunden, damit er seine Meinung kundtun kann.“