Kolumnen
Medienkritik: Frühstücken mit dem Deutschlandfunk
Ich bin begeisterte DRadio-Hörerin. Insgesamt finde ich das Angebot des öffentlich-rechtlichen Hörfunks besser als das des Fernsehens. Gerade im Deutschlandfunk (DLF) werden viele Interviews geführt und immer wieder neue Perspektiven ausgeleuchtet – manchmal immer noch zu wenig, aber immerhin. Auch die Presseschau ist ein lohnenswertes Format. Dass das Thema Religion so dominant ist in diesem Sender, scheint mir nicht mehr zeitgemäß, sondern historisch gewachsen.
Nun, alles in allem, erhält man so beim Frühstück einen Eindruck über die Agenda des Tages. Das Agendasetting folgt natürlich dem der anderen Medien und der Politik, hier unterscheidet man sich nicht durch Ausscheren in die vielen unterbeleuchteten und ausgeblendeten Themen des Weltgeschehens – außer in extra Features beispielsweise.
Das große Aber habe ich also schon eingeleitet, denn natürlich gibt es immer noch Verbesserungspotential und dies möchte ich exemplarisch an zwei Themen des Morgens vom 23.10.2015 erläutern: Flucht und AfD sowie der Nahostkonflikt in Israel-Palästina.
Pegida und die AfD sorgen für ebenso viel Empörung, wie man Imagewerbung für die Rechten betreibt. Nach dem peinlichen Auftritt des aus Hessen stammenden thüringischen AfD-Scharfmachers Höcke in der Talkshow von Günther Jauch distanzierten sich führende AfD-Verantwortliche von seinem Stil. Dafür erhalten ihre Pressemitteilungen viel Medienaufmerksamkeit – so auch im DLF – und auch und immer wieder O-Töne.
Wer das für einen normalen Vorgang hält, vergleiche einmal die Berichterstattung über die Pegida-Gegner oder auch die Friedensbewegung damit. Letzterer wird ja medial zunehmend Rechtsextremismus unterstellt und von Querfront-Verschwörungen schwadroniert – sie kommen dabei aber nicht selbst zu Wort. Die Veranstalter von Friedenswinter & Co. etwa gaben entsprechende Erklärungen gegen falsche Unterstellungen ab. Ich kann mich nicht erinnern, dass diese ein breites Echo in den Medien fanden. Auch fehlte es weitgehend an O-Tönen in DLF & Co. Aus den Reihen der Partei die LINKE wurden nicht vergleichbar mit der AfD rehabilitierende Stellungnahmen ausgesucht. Eine Rehabilitierung der Friedensbemühungen sowie ein Ausleuchten der Zusammenhänge in Sachen Fluchtgründe – destabilisierende Kriege und ein ungerechtes Wirtschaftssystem – bleiben bis heute ausgeblendet.
Ähnliche Faschismusvorwürfe wie gegenüber den Kriegsgegnern gab es, bei einer zunächst fairen Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, vonseiten des Spiegel und WDR5 gegen die riesige TTIP-Demonstration in Berlin am 10. Oktober 2015, nachdem im Vorfeld bereits die B.Z. in einem diffamierenden Kommentar in diese Richtung vorgelegt hatte. Gegenteilige Stellungnahmen? Wenige bis gar keine. Nicht, dass es sie nicht gegeben hätte. Es kommt ja darauf an, was fürs Veröffentlichen von den Redaktionen ausgewählt wird und was nicht. Und da liegt derzeit die Präferenz ganz offensichtlich bzw. gut hörbar bei den echten Faschisten. Dass auch im negativen Framing von AfD & Co. die vielen Verlautbarungen ihrer Erklärungen durchaus werbende Effekte haben, wäre nur dann fair bis neutral, wenn es in anderen Kontexten auch geschieht.
Zum Abschalten des Radios an besagtem Morgen genügte dann die kurze Zusammenfassung der Ereignisse in Israel-Palästina am Ende der Nachrichtensendung um halb 9: „Seit Beginn […] wurden 10 Israelis getötet, […] darüber hinaus kamen 48 Palästinenser ums Leben.“ Ich empfehle eine Sprachanalyse.