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Wirtschaft

Mehr als ein Viertel der Neugründungen in Deutschland geht auf das Konto von Migranten

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Neugründungen von Unternehmen durch Migranten spielen einer Studie zufolge eine wichtige Rolle für die deutsche Wirtschaft. Dabei beschränken sich die Gründungen von Personen mit Migrationshintergrund längst nicht mehr nur auf die Gastronomie und den Einzelhandel.

„Gründungen sind wichtig für die Erneuerungskraft und somit für die Zukunftsfähigkeit einer Volkswirtschaft“, erläuterte Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW. „Deutschland profitiert deshalb seit vielen Jahren von der höheren Bereitschaft von Migrantinnen und Migranten, sich selbstständig zu machen.“ Das habe sich auch 2019 gezeigt.

Im vergangenen Jahr gab es demnach in der Bundesrepublik 605.000 Existenzgründungen. In rund 160.000 Fällen hatten die Gründer ausländische Wurzeln – ein beträchtlicher Teil. Dabei liegt in dieser Zahl ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr um fünf Prozentpunkte auf 26 Prozent, wie eine Sonderauswertung des KfW-Gründungsmonitors zeigt.

Kulturelle Eigenschaften und soziale Ungleichheit als Rampe

Innovationsgeist und die Wachstumsorientierung von Migranten bergen Köhler-Geib zufolge große Möglichkeiten. Migranten wagen den Sprung in die Selbstständigkeit der Studie zufolge auch, weil sie häufig schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben – aber auch wegen ihrer höheren Risikobereitschaft. Diese Chancenungleichheit fange in ganz kleinem Alter an und ziehe sich durch alle staatlichen Institutionen hindurch. Dass gerade diese unfaire Verteilung von Chancen einen so positiven Effekt auf die deutsche Wirtschaft hat, bestätigt das von dem Soziologen Aladin el-Mafaalani in seinem Buch „Mythos Bildung“ beschriebene Paradox.

Hinzu komme eine überdurchschnittlich starke Vorbildwirkung von Bekannten und Verwandten, die sich selbstständig gemacht haben. Als Migrant wird gezählt, wer die deutsche Staatsbürgerschaft nicht oder nicht von Geburt an besitzt. In der Corona-Krise wurden der KfW zufolge generell zwar viele Gründungspläne erst einmal auf Eis gelegt. „Allerdings kann die Krise auch als Katalysator für Innovationen wirken. Gründerinnen und Gründer, die die neuen Bedarfe mit innovativen Geschäftsideen decken, können die großen Gewinner von morgen sein“, sagte Köhler-Geib.

Prof. Şahin und Dr. Türeci setzen neue Maßstäbe

Zu den ganz aktuellen Gewinnern zählt zweifelsfrei die Mainzer Firma Biontech. Das Unternehmen und sein US-Partner Pfizer haben vielversprechende Zwischenergebnisse zur Wirksamkeit ihres Corona-Impfstoffs vorgelegt. Gegründet wurde Biontech vor zwölf Jahren vom Krebsforscher Uğur Şahin und seiner Frau Özlem Türeci. Şahin, der in der Türkei geboren wurde und später mit seinen Eltern nach Deutschland kam, promovierte in Köln. Die in Deutschland geborene Türeci machte ihren Doktor im saarländischen Homburg.

Damit gehören die beiden Ärzte einem exklusiven Kreis an, nämlich jenem der wohlhabendsten Türkeistämmigen in Deutschland. Dazu zählt mit Metin Çolpan auch ein weiterer Entwickler für Bio-Technologie. Als Sohn eines türkischen Gastarbeiterpaares gründete er in Nordrhein-Westfalen mit drei weiteren Wissenschaftlern das Biotechnologie-Unternehmen Qiagen. Çolpan berühmt machte unter anderem die Erfindung im Bereich der DNA-Sequenzierung.

An- & Verkauf oder doch Dönerbude?

Und dennoch gibt es auch die vielen kleinen Unternehmen, die gerade in Krisenzeiten für wichtige und sichere Arbeitsplätze sorgen. Dazu zählen natürlich auch die klassischen Gastronomie-Betriebe sowie der Einzelhandel. In vielen deutschen Kommunen gibt es diese eine „Türkenmeile“, wo eine Dönerbude an eine andere gereiht ist. Sie konkurrieren mit den identischen Produkten zu den selben Kampfpreisen. Unterschiede gibt es da allenfalls bei den Soßen. Warum so viele Deutsch-Türken immer wieder die selbe Geschäftsidee umsetzen, hat womöglich mit einer gewissen Einfallslosigkeit, aber auch mit der großen Vorbildfunktion des sozialen Umfeldes zu tun. Wenn der Onkel das macht, dann hat er sicherlich einen triftigen Grund dafür.

Unternehmen im Hightech-Bereich oder der Kunst und Kultur sind neuerdings neue Stärken der Deutsch-Türken. Sie gehören zu den besonders eifrigen Firmengründern. In Berlin beispielsweise liegt ihre Quote von Neugründungen 25 Prozent über dem Wert der sogenannten „Bio-Deutschen“, also jenen, die die deutsche Staatsbürgerschaft von Geburt an besitzen.

dtj/dpa/AFX

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