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Politik

Merkel gesteht: „Wir siezen uns noch mit Erdoğan“

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Angela Merkel wird mit hoher Wahrscheinlichkeit als Kanzlerin für weitere vier Jahre aus der bevorstehenden Bundestagswahl hervorgehen. In der Einwanderercommunity ist ihr Rückhalt hingegen immer noch ausbaufähig. (Foto: dpa)

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Im Sender TGRT Europe stellte Angela Merkel beispielsweise Visa-Erleichterungen für Türken bei Reisen nach Deutschland in Aussicht.
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Angela Merkels Wiederwahl zur Kanzlerin wird immer wahrscheinlicher. Rund dreieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl sind die Grünen in der jüngsten Forsa-Umfrage auf ihr Jahrestief gefallen. In dem am Mittwoch veröffentlichten Wahltrend von „Stern” und RTL rutschten sie im Vergleich zur Vorwoche um 2 Prozentpunkte auf 11 Prozent ab – ihr schlechtester Wert seit Oktober 2012. Nach oben ging es in der Wählergunst hingegen für die Linken: um zwei Punkte auf 10 Prozent, ein Zweijahreshoch für die Partei.

Da sich in Summe nur die Stimmen am linken Rand des Parteienspektrums verschoben haben, konnten Union und FDP ihren Vorsprung gegenüber den bisherigen Oppositionsparteien verteidigen. Die Union landete wie in der Vorwoche bei 41 Prozent. Die FDP verschlechterte sich um einen Punkt auf 5 Prozent. Die SPD verharrte bei 22 Prozent. Die statistische Fehlertoleranz der Erhebung liegt bei +/- 2,5 Prozentpunkten. Schwarz-Gelb käme damit auf 46 Prozent, Rot-Grün auf 33 Prozent, die Opposition insgesamt auf 43 Prozent. Die Piraten und die rechtsoffene Anti-Euro-Partei AfD spielen mit 3% keine Rolle.

Trotz der guten Umfragewerte hat Angela Merkel weiterhin Akzeptanzprobleme in der Einwanderercommunity. Wie zuletzt auch die endaX-Studie ergab, tendieren Einwanderer, vor allem solche mit türkischem Hintergrund, immer noch weit überwiegend zu Rot-Grün. Der Befragung zufolge wollen etwa 43% der Deutsch-Türken die SPD und 22% die Grünen wählen. Die CDU käme in dieser Bevölkerungsgruppe nur auf 20%.

Mit einem Auftritt im türkischen Fernsehen versucht die Kanzlerin nun, gegenzusteuern. Im Sender TGRT Europe stellte die Kanzlerin beispielsweise Visa-Erleichterungen für Türken bei Reisen nach Deutschland in Aussicht. Sie wies darauf hin, dass die Visa-Politik immerhin bereits erleichtert worden wäre und diese mittlerweile auch von ländlicheren Regionen der Türkei aus beantragt werden könnten. In der künftigen Legislaturperiode will Merkel vor allem die Visabestimmungen für Geschäftskontakte, Jugendliche und Studierende erleichtern.

„Heute andere Zeit als während der ersten Kohl-Regierungsjahre“

Was die EU-Mitgliedschaft der Türkei anbelangt, sei sie weiterhin für ergebnisoffene Gespräche. Es müssten noch zahlreiche Bereiche abgearbeitet werden, insbesondere mit Blick auf das „Ankara-Protokoll“ und dessen Konsequenzen für die Zypern-Problematik. Ein kommunales Wahlrecht für Türken in Deutschland lehnte die Kanzlerin ab; sie rief die Türken auf, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, um dann alle Bürgerrechte in Anspruch nehmen zu können.

Das oftmals als problematisch gekennzeichnete Verhältnis zum türkischen Ministerpräsidenten bezeichnete Merkel als „ehrlich und offen”, jedoch würden sie und Erdoğan sich noch siezen.

Auf die früheren Plänen des Altkanzlers Helmut Kohl angesprochen, der die Hälfte der türkischen Einwanderer zur Rückkehr in ihre Heimat bewegen wollte, betonte Merkel, dass heute eine andere Zeit wäre als damals. Heute wäre eher die Gefahr, dass gerade gut ausgebildete, jüngere Einwanderer in die Türkei gehen würden, da diese ihnen mittlerweile ähnliche Chancen bieten würde.

Mit Blick auf den NSU-Terror äußerte die Kanzlerin Verständnis für die Verunsicherung vieler Einwanderer. Man solle jedoch nicht das Vertrauen in den Staat als solchen in Frage stellen. Merkel versprach, Strukturen im Sicherheitsbereich zu verändern und Rechtsextremisten besser zu erfassen.

Um die Stimmen der Deutsch-Türken warb Merkel, indem sie auf die niedrige Arbeitslosigkeit in Deutschland, die guten Lebensperspektiven für Einwanderer und die Chancen hinwies, die das Land biete. „Wer hier seine Chance sucht, muss seine Heimat nicht vergessen“, betonte die Kanzlerin, die sich als „Kanzlerin aller” bezeichnete, mit Blick auf die Integrationspolitik. (dtj/dpa)