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Politik

Merkel-Handy im Visier der NSA

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Aufgeregtes Treiben in Europas Regierungsetagen: Nachdem bereits Frankreich den US-Botschafter im Zusammenhang mit mut-maßlichen Abhöraktionen gegen Regierungsmitglieder einbestellt hatte, zieht nun Noch-Außenminister Westerwelle nach. (Foto: dpa)

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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sitzt am 22.11.2012 im Reichstag in Berlin während einer Sitzung des Bundestags auf ihrem Platz und schaut auf ihr Mobiltelefon. Das Handy von Merkel ist möglicherweise von US-Geheimdiensten überwacht worden.
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Wie Regierungssprecher Steffen Seibert nach ersten Berichten von „Spiegel Online“ mitteilte, geht die Bundesregierung davon aus, dass das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel vermutlich von US-Geheimdiensten überwacht worden sei.

Merkel habe seinen Angaben zufolge am Mittwoch mit US-Präsident Barack Obama telefoniert und betont, dass sie „solche Praktiken, wenn sich die Hinweise bewahrheiten sollten, unmissverständlich missbilligt und als völlig inakzeptabel ansieht“.

Nach einer Überprüfung durch den Bundesnachrichtendienst und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hielt die Regierung SpOn zufolge den Verdacht offenbar für ausreichend plausibel, um die US-Regierung damit zu konfrontieren.

US-Präsident Barack Obama hat seinerseits Bundeskanzlerin Angela Merkel versichert, dass die US-Geheimdienste ihre Telefonate nicht überwacht haben, teilte der offizielle Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, am Mittwoch in Washington mit.

„Der Präsident hat mit der Kanzlerin gesprochen und versichert, dass die USA ihre Gespräche nicht überwacht haben und dies auch jetzt nicht tun“, so Carney. Außenminister Guido Westerwelle bestellt ungeachtet dessen für den Nachmittag den hiesigen US-Botschafter John B. Emerson ins Auswärtige Amt.

Aufregung auch in Frankreich; Europaparlament will SWIFT-Abkommen aussetzen

Bereits am Montag hatte es in Frankreich Wirbel gegeben, nachdem „Le Monde“ unter Berufung auf Dokumente des flüchtigen US-Geheimdienstlers Edward Snowden berichtet hatte, dass die NSA vom 10. Dezember 2012 bis 8. Januar dieses Jahres 70,3 Millionen Telefonverbindungen in Frankreich überwacht hätte.

Der Nationale Geheimdienstdirektor der USA, James Clapper, gab daraufhin der AFP gegenüber an, die Information, dass der Geheimdienst NSA mehr als 70 Millionen Telefonate französischer Bürger abgehört habe, sei falsch“, zitiert AFP Clapper. Die von „Le Monde“ veröffentlichten Berichte seien „falsch und irreführend“, so Clapper.

Das französische Außenministerium hat auf die Enthüllungen mit Empörung reagiert und US-Botschafter Charles Rivkin einbestellt. Der französische Premierminister Jean-Marc Ayrault forderte von den USA, die Gründe für derartige Kontrollmethoden deutlich zu erklären.

Auch der französische Staatschef Francois Hollande hat sich am Montag in einem Telefongespräch mit US-Präsident Barack Obama zu den Medienberichten über die Überwachung französischer Bürger durch die NSA geäußert.

Als Konsequenz aus den mutmaßlichen Späh-Aktionen des US-Geheimdienstes NSA hat das Europaparlament die Aussetzung des SWIFT-Abkommens verlangt. Das Abkommen solle so lange auf Eis gelegt werden, bis vollständig geklärt sei, ob sich US-Dienste unter Verletzung der Vereinbarung einen nicht genehmigten Zugang zu Finanzdaten verschafft haben, verlangte das Parlament in einer Entschließung. Diese ist jedoch nicht bindend und es handelt sich bei SWIFT um ein wechselseitiges Abkommen. Das SWIFT-Abkommen – ein Vertrag zwischen der EU und den USA – erlaubt US-Terrorfahndern seit 2010 den gezielten Zugriff auf die Kontobewegungen von Verdächtigen in der EU – allerdings nur unter strengen Auflagen für den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre.

Insbesondere mit Blick auf die Wanderungsbewegungen so genannter „Djihadisten“ zwischen Europa und Syrien bzw. Afghanistan rechnen Experten nicht damit, dass der Empfehlung des Europaparlaments seitens der Regierung Folge geleistet werden wird.

Mexikos Ex-Präsident Fox: „Machen alle so…“

Wesentlich gelassener als die aufgeregten Westeuropäer betrachtet beispielsweise Mexikos Ex-Präsident Vicente Fox die Sache. Er findet die weltweiten Ausspäh-Aktivitäten des US-Geheimdienstes NSA nicht außergewöhnlich. Nachdem die mexikanische Regierung infolge von Abhörgerüchten die Tonlage gegenüber Washington deutlich verschärft hatte, erklärte Fox (71), er verstehe die Aufregung nicht. „Wir werden jeden Tag bespitzelt, alle Bürger, überall auf der Welt“, versicherte er dem mexikanischen Radiosender MVS am Mittwoch in der spanischen Hauptstadt Madrid. Er wisse nicht, warum Mexikos Regierung jetzt beleidigt tue.

Während seiner Amtszeit (2000-2006) war Fox ein enger Verbündeter von US-Präsident George W. Bush. Am Dienstag hatte die Regierung von Präsident Enrique Peña Nieto eine Untersuchung zur NSA-Spionage in Mexiko angekündigt. Nach neuen Informationen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ war eine Abteilung der NSA 2010 in das E-Mail-Konto des damaligen Präsidenten Felipe Calderón eingedrungen. Auch Amtsinhaber Peña Nieto soll später bespitzelt worden sein. (dpa/RIAN/dtj)