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Politik

„Anspruch nicht gerecht geworden“: Regierung will Bau von Flüchtlingsheimen erleichtern

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Der Innenminister von NRW, Ralf Jäger, hat nach Berichten über die Misshandlung von Flüchtlingen Versäumnisse eingeräumt. Die Bundesregierung will durch den erleichterten Bau neuer Heime nun die Unterbringungssituation verbessern. (Foto: dpa)

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Nach den Übergriffen auf Flüchtlinge in mehreren Unterkünften des Landes hat Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) Versäumnisse eingeräumt. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass Schutzsuchenden Unrecht geschehe, aber „diesem hohen Anspruch sind wir nicht gerecht geworden“, sagte Jäger am Donnerstag im Düsseldorfer Landtag. Man habe den Fokus darauf gelegt, den Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf zu verschaffen. „Dabei haben wir die Einhaltung der Standards aus den Augen verloren.“ Dieser Fehler dürfe sich nicht wiederholen. Die Vorfälle seien „beschämend“.

In mindestens drei Unterkünften – Burbach, Essen und Bad Berleburg – sollen private Sicherheitsleute Asylbewerber misshandelt haben. Es wird gegen elf Verdächtige ermittelt. Die rot-grüne Regierung werde lückenlos aufklären und habe bereits erste „wirksame Maßnahmen“ ergriffen, betonte Jäger.

Nach dem Misshandlungsskandal in nordrhein-westfälischen Flüchtlingsheimen war gestern auch ein neuer Verdachtsfall in Sachsen publik geworden. In einer Asylbewerberunterkunft in Hoyerswerda soll ein Sicherheitsmann einen Bewohner im Streit verletzt haben. Nach Polizeiangaben vom Mittwoch gab ein 29-jähriger Tunesier an, von dem 47 Jahre alten Wachmann so schwer gestoßen worden zu sein, dass er gestürzt sei und sich eine Rippenfraktur zugezogen habe. Betreiber des Heimes in Hoyerswerda ist wie in Burbach und Essen das Unternehmen European Homecare.

Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) kündigte am Mittwoch an, das Baurecht lockern zu wollen, damit Kommunen schneller neue Flüchtlingsheime bauen können. „Wir sind in der Pflicht, Flüchtlingen zu helfen und uns um sie zu kümmern. Dazu gehören natürlich auch angemessene, menschenwürdige Unterkünfte“, sagte die Politikerin der „Rheinischen Post“ (Mittwoch).

Laschet besuchte Flüchtlingsheim in Burbach

Unterstützung kam von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Die Bereitstellung von angemessenen Unterkünften für so viele Menschen stellt ein erhebliches Problem dar“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Deshalb unterstütze die Bundesregierung eine Initiative des Bundesrates, mit der auch in Gewerbegebieten oder auf siedlungsnahen, unbebauten Grundstücken neue Unterkünfte errichtet werden können.

In Düsseldorf ging die politische Debatte über menschenwürdige Unterbringung weiter. NRW-Oppositionsführer und CDU-Landeschef Armin Laschet besuchte das Flüchtlingsheim in Burbach im Siegerland und warf den Behörden mangelnde Aufsicht vor. Die Vorgänge müssten umfassend aufgeklärt werden. Angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen könne er die Probleme der Behörden jedoch nachvollziehen.

In Burbach sollen private Wachmänner einen Flüchtling unter anderem gezwungen haben, sich auf eine mit Erbrochenem verschmutzte Matratze zu legen. In mindestens zwei weiteren Unterkünften in NRW, in Essen und Bad Berleburg, soll es zu Misshandlungen durch Wachleute gekommen sein. Gegen elf Tatverdächtige wird ermittelt.

Sicherheitspersonal soll besser geprüft werden

Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) appellierte an die Politik, bei der Qualitätssicherung zu helfen. „Für uns ist das Grundübel bei den öffentlichen Vergaben, dass nur nach dem Preisranking geguckt wird“, sagte BDSW-Präsident Gregor Lehnert der Nachrichtenagentur dpa. Ein Auftraggeber für Flüchtlingsheime müsse sich damit beschäftigen, ob preiswerte Angebote realistisch seien. Kompetenz und Verantwortung seien nicht für den Mindestlohn zu haben.

Der BDSW setzt sich zudem dafür ein, dass Sicherheitsmitarbeiter bei den Industrie- und Handelskammern eine schriftliche und mündliche Sachkundeprüfung ablegen und künftige Unternehmer eine Ausbildung vorweisen müssen, wie etwa die zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit. Die Zuverlässigkeit aller Beschäftigten sollte einmal im Jahr überprüft werden. In dem Verband sind nach eigenen Angaben 896 der rund 4000 privaten Sicherheitsunternehmen zusammengeschlossen. (dpa)