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Gesellschaft

Mit diesen Tipps übersteht ihr das Fasten trotz Hitzewelle

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Neben langen Fastentagen müssen sich Fastende somit auch noch auf hohe Temperaturen einstellen. Welche Tipps gibt es? Wir haben eine Ärztin gefragt…

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Das Erzbistum Berlin hat erstmals Muslime und Christen zu einem „festlichen Fastenbrechen“ eingeladen.
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In Deutschland soll es am Wochenende wieder heiß werden. Während sich viele auf den lang ersehnten warmen Sommer freuen, stellen die hohen Temperaturen für fastende Muslime eine neue Herausforderung dar.

Wir haben mit Hatice Alkaya, einer 40-jährigen Ärztin aus Berlin, über das Fasten unter schwierigeren Bedingungen und seine Risiken gesprochen. Die dreifache Mutter ist seit knapp zehn Jahren im Berliner Klinikum am Urban tätig. Zurzeit befindet sich die erfahrene Ärztin in Elternzeit. Mit dem Fasten ist sie selbst schon seit ihrer Kindheit vertraut, wie sie sagt. Daher sei sie mit solchen Fragen seit jeher konfrontiert und kenne sich gut in der Thematik aus.

Beim Ramadan-Fasten wird von Sonnenauf- (3.40 Uhr) bis Sonnenuntergang (21.50) auch nichts getrunken. Das sind 18 Stunden ohne Flüssigkeit. Wie lange hält es der menschliche Körper ohne Wasser aus?

Es ist nicht möglich, eine exakte Anzahl von Tagen zu nennen, in denen ein Mensch ohne Wasser überleben kann. Die Spanne kann mitunter weit auseinanderliegen. Faktoren wie Gesundheitszustand, Alter, Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit können einen Einfluss darauf haben. Ein gesunder junger Mensch kann etwa 3-4 Tage durchhalten.

30 Tage stundenlang auf Essen und Trinken verzichten. Was sind die Folgen des Fastens für den menschlichen Körper?

Da gibt es einige. Ohne Zufuhr der wichtigen Nährstoffe und Mineralien, die ja in Nahrung und Wasser enthalten sind, kann es bei einigen zu gesundheitlichen Problemen wie Migräne, Verdauungsstörungen, Kreislaufprobleme, Nierenschäden, Gallensteine und Konzentrationsschwäche kommen. Denn bei anhaltendem Wassermangel kann sich der Körper weder von Abfall- noch von Giftstoffen befreien. Auch sind die Zellen der Organe auf Wasser angewiesen, um richtig arbeiten zu können. Bei einem Mangel werden dadurch Herz-, Magen-, Gehirn- und Leberzellen stark beeinflusst.

Sie sind Ärztin und kennen auch die Regeln des muslimischen Ramadan-Fastens. Viele Nichtmuslime stellen die Frage, ob das Fasten gerade an langen Sommertagen überhaupt gesund sein kann. Wie lautet ihre Antwort? 

Zunächst ist einzuschränken, dass nur eine bestimmte Gruppe vom Fasten betroffen ist. In erster Linie sind geschlechtsreife, gesunde und geistig Zurechnungsfähige fastenpflichtig. Ausgenommen sind Kleinkinder, Kranke, Schwangere und Reisende.

Ein normalgewichtiger Mensch kann ohne Nahrung ca. zwei Monate durchhalten, ohne Wasser ca. drei Tage. Wir haben in der Ramadanzeit täglich eine Fastenunterbrechung von ca. sechs Stunden, in der wir erneut Energie auftanken können. Wenn diese Zeit sinnvoll – mit guter und ausgewogener Wasser- und Nahrungszufuhr – genutzt wird, kann man nicht von einem gesundheitlichen Schaden sprechen. Ganz im Gegenteil. Gerade aus medizinischer Sicht sind positive Auswirkungen des Fastens belegt. Beispielsweise wird der Körper durch das Fasten entgiftet. Zudem kann das Fasten Ausdauer, Geduld und Selbstbeherrschung fördern. Je nach körperlicher Verfassung kann es selbstverständlich, auch bei diesen hohen Temperaturen, zu Kreislaufbeschwerden und Abfall des Blutdrucks kommen. Das Fasten sollte man in solchen Situationen in Absprache mit einem Arzt fort- oder aussetzen.

Seit gestern erhöhen sich die Temperaturen in Deutschland. Worauf sollten fastende Muslime bei sehr hohen Temperaturen besonders achten?

Sie sollten unbedingt die zwei Mahlzeiten, Iftar und Sahur, einhalten. Insbesondere das Sahur-Essen ist sehr wichtig und sollte unbedingt wahrgenommen werden. Es ist die Gelegenheit, noch einmal Flüssigkeit und Nahrung zu sich zu nehmen, um auf den Tag gut vorbereitet zu werden. Auch wenn kein Durst- oder Hungergefühl vorhanden ist, sollte man nicht darauf verzichten. Nebenbei könnte man, wenn möglich, schwere körperliche Arbeit vermeiden, wenn nicht sogar ganz auslassen. Ein Mittagsschlaf, auch wenn er nur kurz ist, lohnt sich auch oft.

Gibt es besondere Getränke, die sie den Fastenden empfehlen oder lautet die Devise so viel Wasser wie möglich? Wie viel Liter Wasser sollte man trinken und wie sollte die Aufnahme zwischen Iftar und Sahur verteilt werden?

Heutzutage werden viel Kaffee, Tee und Softdrinks konsumiert. Diese beinhalten aber Koffeine, die eine diuretische (wasserausscheidende) Wirkung haben. Damit allerdings das Koffein wieder aus dem Körper ausgeschieden werden kann, muss der Körper Wasser aus den Zellen entziehen. Wenn man eine Tasse Kaffee trinkt, muss der Körper das dreifache entziehen, um das Toxin wieder ausscheiden zu können. Das ist eher ungünstig im Ramadan.

Ich würde ausschließlich Wasser, Fencheltee (verdauungsfördernd), ungesüßte Kräutertees, Ayran, frisch gepresste Obstsäfte oder Mineralwasser empfehlen. Obst und Gemüse mit hohem Wasseranteil, wie z.B. Wassermelone oder Gurken, sind ebenfalls gut.

Ein ausgewachsener Mensch sollte täglich 2- 2,5 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen. Diese Menge an Wasser auf sechs Stunden fastenfreie Zeit gleichmäßig zu verteilen, ist zwischen Iftar und Sahur am gesündesten. Alles auf einmal zu trinken, würde nur die Nieren überlasten. Das Wasser würde direkt ausgeschieden werden, noch bevor die Organzellen erreicht werden.

Am Tag verliert man mit dem Verzicht auf Wasser durch den Schweißverlust Mineralien (insbesondere Sodium), wie kann man das ausgleichen?

Natrium (Sodium) ist ein Elektrolyt, das man über die Nahrung in Form von Tafelsalz einnimmt. Was viele nicht wissen: es dient im Körper der Funktionsfähigkeit der Zellen und dem richtigen Informationsaustausch zwischen den Organen. Es reguliert ebenfalls den Wasserhaushalt des Körpers. Durch mangelnde oder falsche salzarme Ernährung kann es zu Natriummangel kommen. Diese zeigt sich in Form von Müdigkeit, Bewusstseinsstörungen bis hin zu neurologischen Ausfällen. Daher sollten Fastende, die viel schwitzen oder in der Hitze arbeiten, beim Sahur-Essen salzigen frischen Ayran trinken, um dem entgegenzuwirken.

Wie sollte man im Ramadan mit salziger und fettiger Nahrung umgehen? 

Gebratenes, frittiertes, stark gesalzenes, gewürztes und gesüßtes Essen sollten auf jeden Fall vermieden werden. Diese erhöhen das Durstgefühl. Außerdem verursachen sie auch gesundheitliche Schäden wie Verdauungsprobleme, Sodbrennen, Gewichtsprobleme und Trägheit.

Was würden Sie für ein gesundes Fasten empfehlen?

Wie ich bereits schon erwähnt habe, sollte man für ein gesundes Fasten unbedingt zwei Mahlzeiten, besser noch eine Zwischenmahlzeit, einhalten. In dieser Zeit sollte man sich durch richtige Ernährung auf den nächsten Tag gut vorbereiten.

Zwischen Iftar und Sahur sollte man unbedingt 2- 2,5 Liter Wasser oder ungezuckerte Tees zu sich nehmen. Auch Obstsorten, wie Pflaumen, Wasser- und Honigmelone, sind ratsam. Zur Vorbeugung von Verstopfung, was beim Fasten der Fall sein kann, würde ich Vollkornbrot oder Vollkornreis empfehlen. Ebenfalls zu raten sind Milchprodukte wie Joghurt zu jeder Mahlzeit.

Generell gilt: zum Iftar eher leicht verdauliche Nahrungsmittel aufnehmen, wie Gemüse, Humus, Geflügel oder Fisch. Auch sollte man den Rat des Propheten Muhammad, das Fasten mit einer Dattel zu beenden, befolgen. Denn sie ist ballaststoffreich und füllt die ausgezehrten Zuckerreserven des Fastenden schnell wieder auf. Zum Sahur rate ich Vollkornprodukte, Hafer, Reis, Bohnen, Linsen, Milchprodukte, Eier und Käse.

Mehr zum Fasten im Ramadan findet ihr hier.

Das Interview wurde 2015 geführt.