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Gesellschaft

Mit Kopftuch im Staatsdienst? – Mehrheit: „Kein Problem!“

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Angesichts der Debatte um eine neue Verfassung hat die TESEV Wahlberechtigte über deren Erwartungen und Wünsche befragt. Gravierende Änderungen werden eher abgelehnt, eine klare Mehrheit wünscht die Zustimmung durch Parlament und Volk. (Foto: Zaman)

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Mit Kopftuch im Staatsdienst? – Mehrheit: „Kein Problem!“
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Ein von der Türkischen Vereinigung für Wirtschafts- und Sozialforschung (TESEV) erstellter Bericht zitiert eine Umfrage, wonach 76,3% der befragten Türken der Auffassung seien, Frauen sollten auch dann im öffentlichen Dienst arbeiten können, wenn sie Kopftuch tragen.

Der Bericht, der den Titel „Definitionen und Erwartungen mit Blick auf die neue Verfassung”, wurde von TESEV unter Beteiligung von 2.699 Befragten aus 29 Provinzen erstellt.

Was die Haltung zum Kopftuch im öffentlichen Dienst anbelangt, gehen die Antworten je nach parteipolitischer Präferenz auseinander. Erwartungsgemäß finden 95% der befragten Wähler der regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP), dass es Frauen auch im Staatsdienst erlaubt sein muss, den Hijab zu tragen. Was überrascht, ist aber, dass sogar der Mehrheit der Anhänger der strikt kemalistischen Republikanischen Volkspartei (CHP), diese Form der individuellen Freiheit unterstützt, nämlich immerhin 51,1%.

Nach den Ergebnissen der Umfrage gaben 73,3% der Befragten an, der Unterricht an Schulen solle ausschließlich in türkischer Sprache erfolgen, 26,7% meinten, es sollte in türkischen Schulen auch möglich sein, Schüler mit anderer Muttersprache in dieser zu unterrichten. 94% der Wähler der pro-kurdischen Partei für Frieden und Demokratie (BDP) favorisierten diese Lösung. Unter Wählern der AKP sprachen sich 25% für muttersprachlichen Unterricht aus, von den CHP-Anhängern 19% und erwartungsgemäß gibt es die wenigsten Befürworter dieser Option unter den Wählern der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), von denen nur 11% sich dafür aussprechen.

Grundprinzipien sollen weitgehend beibehalten werden

Auf die Frage, welche Probleme eine ideale Verfassung lösen sollte, meinten 53,4% der Befragten, eine ideale Verfassung würde eine Lösung für die bereits so lange andauernden Probleme in den Kurdengebieten suchen, hingegen gaben 40,7% an, die Verfassung sollte Lösungen für ökonomische Probleme suchen.

Auf die Frage, welches Prinzip in der neuen Verfassung am stärksten betont werden sollte, nannten 65,1% die Gerechtigkeit, 50,4% die Gleichheit, 35,6% die Freiheit und 33,6% meinten, der derzeitige Zustand solle beibehalten werden.

Was den Säkularismus anbelangt, gaben 50,6% der Umfrageteilnehmer an, die Definition dieses Begriffes sollte nicht verändert werden und sollte in die Verfassung so hineingenommen werden, wie sie ist. 40,7% vertraten die Auffassung, es solle eine klare Definition des Begriffes in der Verfassung geben, aber diese sollte dahingehend verändert werden, dass der Staat nicht mit einer bestimmten Religion verbunden sei. Die Auffassung, der Säkularismus sollte völlig aus der Verfassung verschwinden, wurde von 8,7% vertreten.

Nach Parteipräferenzen sprachen sich 62,3% der MHP-Wähler gegen jede Änderung der derzeitigen Definition von Säkularismus mit Blick auf die neue Verfassung aus, 61,8% der CHP-Wähler teilten ebenfalls diese Meinung und 47,8% der AKP-Anhänger. Hingegen wollten nur 9,5% der BDP-Wähler den derzeitigen Zustand beibehalten.

Auf die Frage „Auf welche Weise sollte die neue Verfassung in Geltung gesetzt werden?” favorisierte eine klare Mehrheit von 74% – quer durch alle Parteien – eine Zustimmung sowohl durch das Parlament als auch durch eine Volksabstimmung. Nur 14,7% fänden es ausreichend, wenn nur das Volk zustimmt, eine ausschließlich durch das Parlament erteilte Zustimmung würden 11,3% favorisieren.

Wehrpflicht für alle Männer weiterhin erwünscht

Hinsichtlich des Militärdienstes sprachen sich 69,7% für eine allgemeine Wehrpflicht aus, nur 17,4% befürworteten die Abschaffung der Wehrpflicht und Schaffung einer reinen Berufsarmee – in Ländern, die Erfahrungen mit putschbereiten Militärs machen mussten, ist ein solches Stimmungsbild nicht unüblich. Der Prozentsatz derer, welche die Möglichkeit der Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen befürworten, liegt der Umfrage zufolge bei 6,7%, insgesamt 6,2% der Befragten stimmten der Auffassung zu, Staatsbürger sollten frei wählen können, ob sie Wehr- oder Zivildienst machen wollten.

Derzeit besteht eine allgemeine Wehrpflicht für alle männlichen Staatsangehörigen zwischen 20 und 41 Jahren. Der Wehrdienst dauert 15 Monate, Universitätsabsolventen müssen nur 5 ½ Monate in der Armee dienen.