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Gesellschaft

Mölln-Opfer Ayten Arslan ist nicht gut auf die Türkei zu sprechen

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20 Jahre nach dem Mordanschlag von Mölln hat Ayten Arslan über die Brandnacht und die Jahre danach gesprochen. Noch immer kann sie kein normales Leben führen. (Foto: dpa)

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Mölln-Opfer Ayten Arslan ist nicht gut auf die Türkei zu sprechen
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Mölln ist ein beschaulicher Ort in Schleswig-Holstein. Die Kleinstadt zählt knapp 18.000 Einwohner. Sie hat in der Geschichte keine wichtige Rolle gespielt, und doch ist sie heute, besonders in diesen Tagen, nahezu jedem in Deutschland lebenden Bürger ein Begriff.

Es war die Nacht des 23. Novembers 1992, der Mölln einen festen Platz in der jüngeren Geschichte Gesamtdeutschlands einnehmen ließ. Ein trauriges und tragisches Datum, denn an diesem Tag starben drei Menschen im lodernden Feuer, neun wurden zum Teil schwer verletzt. Traurig und tragisch, denn es war kein Unfall, der zu diesem Feuer geführt hatte. Neonazis hatten Molotow-Cocktails in die beiden Häuser in der Mühlenstraße geworfen. Ihr blinder Ausländerhass hatte zu dieser abscheulichen Tat geführt. Am Freitag gab es in Mölln eine große Gedenkveranstaltung

Ayten Arslan, eine Überlebende des Brandanschlags, beantwortete erstmals Fragen zum Anschlag. Der „stern“ sprach mit der 46-jährigen, die heute immer noch in Mölln lebt. Während sie sich in Deutschland trotz des Anschlags heimisch fühlt, ist sie auf die Türkei gar nicht gut zu sprechen.

Auf die Frage, ob ihr die Türkei nach dem 23. November geholfen habe, antwortet Arslan mit einer Anekdote: „Als es mir nach dem Anschlag wieder besser ging, brauchte ich einen neuen Pass, der alte war ja verbrannt. Also ging ich zum türkischen Konsulat. Ich dachte, nach dem Anschlag bekomme ich den Ausweis kostenlos. Hatten alle anderen ja auch. Aber ich sollte bezahlen, die Beamten sagten nur: Das ist doch schon Monate her, müssen wir uns immer noch mit dieser Sache herumschlagen! Da habe ich die türkische Staatsbürgerschaft abgelegt. Heute habe ich die deutsche.“

Mehr als zwei Millionen türkische Staatsbürger leben in Deutschland. Seit jeher sind sie ein Zankapfel der deutschen wie auch der türkischen Politik. Premier Erdoğan hat in den deutschen Medien regelmäßig heftige Kritik für seine Reden in Deutschland, die er an die türkischen Bürger adressierte, geerntet. Im Zusammenhang mit den NSU-Morden fiel auf, dass die türkische Öffentlichkeit kaum ein Interesse an den Ermittlungen zeigte. Stets wurde eine „lückenlose Aufklärung“ gefordert, doch die türkischen Medien verweigerten geradezu eine investigative Berichterstattung.

Und auch der Fall von Ayten Arslan wirft ein schlechtes Licht auf die türkischen Behörden. Viele Türken in Deutschland wissen von schlechten Erfahrungen mit dem türkischen Konsulat zu berichten. Doch Frau Arslans Fall ist sicher nicht zu vergleichen mit den langen Warteschlangen und der miesen Laune der Beamten in den Konsulaten.
Mustafa Görkem