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Kolumnen

Der Mörder kann nur ein Verrückter gewesen sein

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Der mutmaßliche Mörder der drei jungen Muslime in North Carolina soll ein radikaler Atheist gewesen sein. Auf seiner Facebook-Seite habe er etwa zur Lösung von Konflikten im Nahen Osten „Atheismus“ vorgeschlagen, so als wäre Religion ein Markenzeichen von Krieg und Terrorismus. Unter Terror wird man die Mordtat in Chapel Hill vermutlich auch nicht zählen, denn sie wurde nicht von Muslimen verübt. In dieser Logik fehlte nach den Anschlägen in Paris auffallend oft der christlich-abendländisch motivierte Terror des Anders Breivik in den Aufzählungen terroristischer Untaten der letzten Jahre. Aber auch die Toten in den Kriegen, die im Namen der Menschenrechte geführt werden, zählen nicht in den Terrorstatistiken.

Das Schicksal der drei jungen Leute schockiert. Aber sind alle gleichermaßen berührt davon, wie von den Opfern in Paris? Die Berichterstattung in Deutschland setzt langsam ein und es wird durchaus auch nach antimuslimischem Rassismus als Motiv gefragt. Die offiziellen Verlautbarungen aus Chapel Hill lassen jedoch Rassismusleugnung erkennen. Ein möglicher Parkplatzstreit wird hervorgehoben – mit dem Kopftuch der beiden ermordeten Frauen soll die Tat nichts zu tun haben. Einer der üblichen Reflexe in den Erklärungsmustern ist auch bereits zu erkennen: So markieren einige Einträge in sozialen Netzwerken den mutmaßlichen Täter bereits als „verrückt“. Das war Anders Breivik schließlich auch und so wurde er als Ausnahme abgebucht, als jemand, der nicht unsere Gesellschaft und deren antimuslimischen Rassismus repräsentiert.

Muslimischen Attentätern billigt man das nicht zu. Sie werden nicht als geistig Verwirrte, Verrückte oder dergleichen interpretiert, und nicht als Ausnahme, sondern als Stellvertretende der gesamten muslimischen Gemeinde. Solange diese Reflexe vorherrschen, dürfen wir auf ein Messen mit dem gleichen Maß warten, wenn Menschen zu Schaden kommen. Mitgefühl mit den jungen Studierenden – der 19-jährigen Razan Muhammad Abu Salha, ihrer zwei Jahre älteren Schwester Yusor, deren Mann Deah Shaddy Barakat, 23 – und deren Familien gibt es durchaus. Aber von Distanzierungsforderungen gegenüber atheistischen Organisationen oder Mahnwachen für die Opfer oder Solidaritätsnoten für die USA als Opfer einer terroristischen Attacke sind wir noch weit entfernt. Und das hat nichts mit der Ungeklärtheit des Sachverhalts im juristischen Sinne zu tun. Die Schlussfolgerungen des Anschlags auf die Redaktion von Charlie Hebdo standen auch schon fest, bevor man den Personalausweis eines der flüchtigen Tatverdächtigen gefunden hatte.