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Bildung & Forschung

München: Seit drei Jahren kein Muttersprachlicher Unterricht

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Um den Muttersprachlichen Ergänzungsunterricht durchführen zu können, brauchen die türkischen Konsulate Klassenräumlichkeiten. Die Stadt München besteht dabei auf einer Nutzungsgebühr. Die Opposition will dies nun ändern. (Foto: B. Aydın)

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München: Seit drei Jahren kein Muttersprachlicher Unterricht
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Verkehrte Welt in München: Ausgerechnet in einer Stadt, in der fast 50.000 türkische Staatsangehörige leben, wird seit mehr als drei Jahren kein Muttersprachlicher Ergänzungsunterricht (MEU) mehr in Türkisch angeboten. Der noch bis 2009 vom Bayerischen Kultusministerium organisierte MEU wird nun durch ausländische Konsulate übernommen. Nach eigenen Angaben veranstaltet das türkische Konsulat in Bayern in 220 Städten und Gemeinden MEU in Türkisch, leider aber nicht in München.

Der Grund dafür ist relativ skurril: Zur Durchführung des MEU werden Klassenzimmer benötigt. Da der MEU als konsularischer Sprachunterricht wie eine außerschulische Veranstaltung bewertet wird, will die LH München keine kostenlosen Räume genehmigen und erhebt in Folge dessen gemäß einem Stadtratsbeschluss die ermäßigte Anerkennungsgebühr in Höhe von 2 Euro je Stunde und Klasse. Auf Anfrage von DTJ bestätigt die Pressesprecherin des Referats für Bildung und Sport der LH München, Ursula Oberhuber, dass ihr Referat Miete in Höhe von 2 Euro pro Stunde und Klasse von ausländischen Konsulaten für den MEU abverlangt.

Die türkische Community und auch andere ausländische Vereine und Mitbürger sind wegen dieser Entwicklungen sehr verärgert und wollen, dass die LH München dafür eine Lösung findet. Neben den Migrantenvereinen bemängeln auch die CSU und FDP die Situation. Diese beiden Parteien haben im Stadtrat einen Antrag unter dem Titel „Kostenlose Raumüberlassung für den konsularischen muttersprachlichen Ergänzungsunterricht (MEU) an den Münchner Schulen ermöglichen” gestellt.

Der CSU-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Josef Schmid (Foto), erklärt dem DTJ: „Für eine gelungene Integration ist auch der muttersprachliche Ergänzungsunterricht wichtig. Dieses Angebot soll deshalb genauso wie in anderen bayerischen Städten und Gemeinden gefördert und nicht durch zusätzliche Kosten behindert werden.” In dem Antrag fordert die CSU die durch SPD und Grüne regierte Landeshauptstadt München auf, eine rechtliche Lösung zu finden, damit für dieses Angebot auf die „Anerkennungsgebühr“ in Höhe von 2 je Stunde verzichtet werden oder die Finanzierung intern geregelt werden könne. Die CSU will das Thema im Stadtrat zur Sprache bringen.

Klassenräume städtischer Schulen bleiben vielfach ungenutzt

Auch der Chef der Freien Wähler in München, Prof. Dr. Piazolo, unterstützt das Anliegen: „Die Muttersprache ist ein Schlüssel zum erfolgreichen Erlernen weiterer Sprachen. Wer seine Muttersprache richtig beherrscht, erlernt Fremdsprachen und damit auch die deutsche Sprache im Regelfall leichter und einfacher. Es sollte daher im Interesse der Stadt und des Konsulates sein, den muttersprachlichen Ergänzungsunterricht wieder zu ermöglichen und dafür auch Barrieren zu beseitigen. Da viele Klassenräume städtischer Schulen am Nachmittag nicht genutzt werden, sollte aus unserer Sicht vonseiten der Stadt überlegt werden, dem Konsulat kostenfreie Räumlichkeiten für den Ergänzungsunterricht zur Verfügung zu stellen.“

Ebenfalls kritisiert der Türkenrat München, der 20 Vereine unter seinem Dach vereint, die „Anerkennungsgebühr“ in Höhe von 2 Euro. In der Pressemitteilung des Türkenrates ist folgendes zu lesen: „Unsere Forderung an die Parteien und Stadtratsfraktionen ist es, die Verantwortung für dieses Problem zu übernehmen und die Abschaffung der Raumkosten für den MEU zu gewährleisten, um den Unterricht erneut zu ermöglichen.”

Die SPD und die Grünen schieben die Schuld auf das Bildungsministerium in Bayern. Auf unsere Anfrage bekommen wir folgende Antwort: „Es ist ganz klar erkennbar, dass die bayerische Staatregierung sich in diesem wichtigen Bereich ihrer Pflichten und Aufgaben entzieht, den MEU nicht mehr als schulische Veranstaltung einordnet und somit den Kommunen zusätzlich Organisationsaufwand, Kosten und Verantwortungen wie z.B. Versicherungsschutz überträgt.“ Die Regierungsparteien der Landeshauptstadt verteidigen ihre Vorgehensweise und betonen, dass die LH München am geringfügigen Unkostenbeitrag festhalten muss.

Am Ende sind es die Kinder, die für den politischen Eiertanz die Zeche zahlen müssen.