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Politik

Mursi verhängt Ausnahmezustand über drei Städte

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Ägypten kommt nicht zur Ruhe: Am Abend verhängte Präsident Mursi für 30 Tage den Ausnahmezustand über die Städte Port Said, Suez und Ismailia. In Port Said war es am Samstag zu heftigen Ausschreitungen mit mindestens 31 Toten gekommen. (Foto: dpa)

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Mursi verhängt Ausnahmezustand über drei Städte
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Kairo – Nach den tödlichen Krawallen in Ägypten hatte sich die Lage eigentlich wieder beruhigt, doch nun scheint wieder das Gegenteil der Fall zu sein. Ägyptens Präsident Mohammed Mursi hat für 30 Tage den Ausnahmezustand für mehrere ägyptische Städte angeordnet. In Port Said, Suez und Ismailia gilt von Montag an auch eine Ausgangssperre zwischen 9 Uhr abends und 6 Uhr morgens, wie das Staatsoberhaupt am Sonntagabend in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Rede verkündete. In Port Said hatte es am Wochenende bei Ausschreitungen Dutzende Tote gegeben. Auch in der Stadt Suez waren bei Krawallen am Freitag mehrere Menschen ums Leben gekommen.

Die Krawallen waren ausgebrochen, nachdem ein Gericht am Samstagmorgen 21 Fans der örtlichen Fußballmannschaft Al-Masri wegen der Beteiligung an tödlichen Übergriffen auf Anhänger des gegnerischen Al-Ahli-Klubs vor einem Jahr zum Tode verurteilt hatte.

In Kairo, wo es ebenfalls zu Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und der Polizei kam, blieben am Sonntag – ein Arbeitstag in Ägypten – ausländische Vertretungen geschlossen. Die US-Botschaft, deren Gebäude etwa 300 Meter vom Tahrir-Platz entfernt ist, kündigte an, keine Visa-Antragsteller zu empfangen.

Gut organisierte Fußballfangruppen waren während der Revolution ein wichtiger Faktor

Fans des Kairoer Traditionsclubs Al-Ahli galten als Speerspitze der Revolution gegen den Langzeitpräsidenten Husni Mubarak. Die Ultras stellten sich der Polizei und Schlägerbanden des Regimes entgegen. Der ägyptische Sportkritiker Hassan Mistikawi berichtete in der Zeitung „Al Ahram weekly“, die gut organisierten Ultras hätten die anderen Demonstranten beschützt. Frauen berichteten auf Twitter, wie Ultras sie vor Mubaraks Schergen in Sicherheit gebracht hätten.

„Wir wollten keine Märtyrer sein“, erkläre der Ultra-Sprecher Amr Fahmy damals dem Fußballmagazin „11 Freunde“. Aber: „Wir haben keine Angst vor der Polizei, denn schwingende Knüppel und Tränengas sind für uns nichts Neues. Es war ganz selbstverständlich, dass wir ganz vorne mit dabei waren, als die Menschen auf der Straße kämpften.“

Zum tödlichen Drama wurde am Ende aber keine Auseinandersetzung der Al-Ahli-Ultras mit der Polizei, sondern eine Schlacht mit Ultras des Fußballvereins Al-Masri in Port Said. Am 1. Februar 2012 hetzten mit Flaschen, Steinen, Messern und sogar Pistolen bewaffnete Al-Masri-Fans in der Hafenstadt die Profis von Al-Ahli und ihre Anhänger. Die Bilanz: 74 Tote und Hunderte Verletzte.

Tödliche Begegnung in Port Said – möglicherweise auf Befehl des Militärs

Viele Ägypter sahen den Ereignissen fassungslos zu. Nicht alle gaben damals den Ultras die Schuld. „Die Generäle haben sich jetzt gerächt“, twitterten viele und erinnerten daran, dass die Kairoer Ultras auch an vielen Protesten gegen den Militärrat beteiligt waren, der nach Mubaraks Sturz die Macht übernommen hatte. Diese Gerüchte sind seither widerlegt.

Jetzt ist auch der Militärrat Geschichte und die Muslimbrüder stellen den Präsidenten Mohammed Mursi, der die getöteten Ultras zu Märtyrern der Revolution erklärt hat. Anhänger von Port Said werfen der Justiz politische Urteile gegen die Ultras aus dem Norden vor – schließlich wurden neu vorgelegte Beweise noch gar nicht ausgewertet.

Die miteinander verfeindeten Ultras der populären Kairoer Vereine Al-Ahli und Al-Samalek plädierten nach dem „Todesspiel“ von Port Said für ein Ende der Gewalt. Der Praxistest steht noch aus: Der Fußballverband hatte alle folgenden öffentlichen Spiele abgesetzt; die neue Saison soll erst am kommenden Donnerstag beginnen. (dpa/dtj)