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Gesellschaft

Integration über den Tod hinaus

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Die Sargpflicht für Muslime in Baden-Würtemberg soll abgeschafft werden. Verstorbene Muslime können somit, wie ihre Religion es vorsieht, in ein Leinentuch gehüllt ins Grab gelegt werden. (Foto: initiative-kabir.de)

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Muslime wollen eigene Grabstätte in Baden-Württemberg.
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Die Abschaffung der Sargpflicht für Muslime auf baden-württembergischen Friedhöfen wird der Landtag aller Voraussicht nach am Donnerstag beschließen. Dem Parlament liegt ein entsprechender Gesetzentwurf aller vier Fraktionen vor. Ziel der Initiative von CDU, SPD, Grünen und FDP ist es, Muslimen eine ihren religiösen Traditionen entsprechende Beisetzung zu ermöglichen.

Verstorbene Muslime können dann in ein Leinentuch gehüllt in ein Grab gelegt werden. In diesem Sinn wird das Bestattungsrecht angepasst. Ebenso wird die Mindestdauer von 48 Stunden zwischen Tod und Bestattung aufgehoben, wenn dem Standesamt alle notwendigen Unterlagen vorliegen und jede Möglichkeit eines Scheintods ausgeschlossen ist.

In der Gesetzesvorlage heißt es: „In den Fällen, in denen die Religionszugehörigkeit eine Bestattung ohne Sarg vorsieht, können die Verstorbenen in Tüchern erdbestattet werden, sofern keine gesundheitlichen Gefahren zu befürchten sind.” Für den Transport von Verstorbenen zum Grab wird aus hygienischen Gründen allerdings weiter ein Sarg nötig sein.

Bei einer Anhörung von Sozialausschuss und Integrationsausschuss des Landtags hatten sich 2012 Experten der Kommunen und Vertreter von Judentum, Christentum und Islam für eine Änderung der bisherigen Regelung ausgesprochen. Bedeutsam ist sie vor allem für Muslime.

Viele verfügen, dass sie nach ihrem Tod in ihr Herkunftsland überführt werden, damit eine Beisetzung gemäß ihrer eigenen Tradition möglich ist. In Baden-Württemberg leben mehr als 600.000 Menschen islamischen Glaubens sowie rund 10.000 Angehörige der israelitischen Religionsgemeinschaften. Bei Juden außerhalb Israels ist eine Bestattung im Sarg die Regel.

Die Fraktionen verstehen ihre Initiative als Beitrag zur Integration. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte gesagt: „Solange sich Menschen nicht dort begraben lassen, wo sie gelebt haben, sind sie nicht voll integriert.” Das Gesetz zur Bestattungsordnung ist das erste nach dem Antreten der grün-roten Regierung 2011, das von allen Fraktionen gemeinsam verabschiedet wird. Das Thema, hieß es, eigne sich nicht für parteipolitische Auseinandersetzungen.

In Nordrhein-Westfalen gibt es zwar keinen Sargzwang, doch trotzdem soll ein neues Bestattungsgesetz dafür sorgen, dass muslimische Organisationen ab 2014 in Nordrhein-Westfalen erstmals eigene Friedhöfe betreiben dürfen. In Wuppertal haben sich bereits elf örtliche Moscheegemeinden zusammengeschlossen, um dort im kommenden Jahr einen muslimischen Friedhof zu errichten. Der muslimische Friedhof in Wuppertal soll unmittelbar in Nachbarschaft zu einem christlichen und jüdischen Friedhof entstehen. Migranten fühlten sich erst dann vollständig integriert, wenn sie hier ihre Angehörigen bestatten und ihre Trauer ausleben könnten, sagt Jürgen Lemmer, Integrationsbeauftragter der Stadt Wuppertal. (KNA/dtj)