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Gesellschaft

Muslime haben starke Bindung an EU-Heimat

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«Die Ergebnisse unserer Erhebung zeigen, dass es vollkommen lächerlich ist, zu behaupten, Muslime wären in unseren Gesellschaften nicht integriert», erklärte FRA-Direktor Michael O’Flaherty.

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Integration ist ein heißes Eisen. Die EU hat Einstellungen und Erfahrungen der zugewanderten Muslime in Europa untersuchen lassen. In Sachen Offenheit für Fremde ist für beide Seiten viel zu tun.

Die meisten Muslime fühlen sich trotz mancher Anfeindungen einer Umfrage zufolge in der EU zu Hause. 76 Prozent der Befragten hätten ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zu dem Land, in dem sie lebten, geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA) hervor. Ihr Vertrauen in öffentliche Einrichtungen sei sogar höher als das der Allgemeinbevölkerung. Allerdings sei dieses Vertrauen zum Beispiel in die Arbeit von Polizei und Justiz bei den jüngeren Muslimen weniger ausgeprägt als bei den älteren.

«Die Ergebnisse unserer Erhebung zeigen, dass es vollkommen lächerlich ist, zu behaupten, Muslime wären in unseren Gesellschaften nicht integriert», erklärte FRA-Direktor Michael O’Flaherty. Jeder Fall von Hass und Diskriminierung erschwere aber ihre Einbindung. Ohne Offenheit der Einheimischen bestehe die Gefahr, ganze Bevölkerungsgruppen zu entfremden, so Flaherty.

In der oft diskutierten Frage zur Einstellung von Muslimen gegenüber Gewalt gibt die Umfrage eine zunächst recht deutliche Antwort: 87 Prozent lehnen Gewalt als Reaktion auf rassistische oder religiöse Beleidigungen als «niemals akzeptabel» ab. Aber elf Prozent finden Gewalt in diesem Zusammenhang «manchmal» oder «immer» akzeptabel. Unter den Nicht-Muslimen ist die Ablehnung von Gewalt aus religiösen Gründen deutlich stärker ausgeprägt.

Der FRA-Bericht ist Teil einer Umfrage im Jahr 2016 unter 25 500 Migranten und Angehörigen von Minderheiten in allen 28 EU-Staaten.
10 500 von ihnen waren muslimische Zuwanderer.

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39 Prozent haben Diskriminierung erlebt

Von den Muslimen haben laut Umfrage 39 Prozent aufgrund ihrer Herkunft Diskriminierung, Belästigung oder Gewalt erlebt. Das gelte vor allem für die Wohnungs- und Arbeitssuche sowie für Arztbesuche. Jeder dritte Befragte erzählte, dass er bei der Jobsuche schlechte Erfahrung gemacht habe. Opfer von Diskriminierung seien vor allem Menschen aus Afrika.

Im Vergleich zu einer ähnlichen Umfrage vor zehn Jahren habe sich nichts gebessert, bilanzierte die FRA. Gerade in Deutschland sei die Lage für Zuwanderer speziell aus Afrika nicht einfacher geworden. Rund die Hälfte der Befragten gab an, in letzter Zeit aus rassistischen Gründen schikaniert oder diskriminiert worden zu sein.

Die Umfrage berücksichtigt nicht die seit 2015 herrschende Migration. Die Befragten mussten mindestens ein Jahr in der EU in einem privaten Haushalt leben. Sie stammten aus der Türkei, Afrika und Asien. Insgesamt leben in der EU rund 20 Millionen Muslime, fast die Hälfte davon in Frankreich und Deutschland.

Die EU-Agentur spart nicht mit Kritik an letztlich halbherzigen Integrationsplänen europäischer Staaten. Zwar habe fast jedes Land eine Strategie bei der Integration und erwarte eine deutliche Anpassung an seine Werte. Zugleich eröffneten sich gerade für die junge Zuwanderer aber kaum wirkliche Möglichkeiten der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. «Das Schaffen eines Zugehörigkeitsgefühls wird das Zusammenleben beflügeln», heißt es in dem Bericht.

Die Toleranz der Muslime selbst hat ihre Grenzen. So würden 23 Prozent nur ungern in der Nachbarschaft von homosexuellen oder bisexuellen Paaren leben. In der allgemeinen Bevölkerung denken nur 16 Prozent so. Bei der Suche nach dem Ehepartner würde die Hälfte der Muslime auch Nicht-Muslime akzeptieren. 17 Prozent schließen so eine Partnerschaft aus. Umgekehrt – so frühere Untersuchungen – wären 30 Prozent der allgemeinen Bevölkerung wenig glücklich über eine Ehe mit einem Muslim oder einer Muslima.

INFO: 
Der FRA-Bericht ist Teil einer Umfrage unter 25 000 Personen aus verschiedenen Zuwanderergruppen und ethnischen Minderheiten, die im Jahr 2016 in allen 28 EU-Mitgliedstaaten durchgeführt wurde. Hierunter waren mehr als 10 500 Befragte, die sich auf die Frage nach ihrer Religion selbst als „Muslime“ oder „Muslimas“ bezeichneten. Alle Befragten wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, und die Ergebnisse der Erhebung sind für ausgewählte Gruppen von außerhalb der EU geborenen muslimischen Zuwanderern (erste Generation) und für Nachkommen solcher Zuwanderer (zweite Generation) mit mindestens einem außerhalb der EU geborenen Elternteil repräsentativ.

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dpa/dtj