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Gesellschaft

Muslimischer Feiertag in Deutschland: Anerkennung oder Traditionsbruch?

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Opferfest oder Fest zum Fastenbrechen: Sollten muslimische Feiertage in manchen Gegenden Deutschlands offiziell eingeführt werden? Die Idee stößt auf heftigen Widerstand – hat aber auch Befürworter.

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Opferfest oder Fest zum Fastenbrechen: Sollten muslimische Feiertage in manchen Gegenden Deutschlands offiziell eingeführt werden? Die Idee stößt auf heftigen Widerstand – hat aber auch Befürworter.

Für Überlegungen zu einem muslimischen Feiertag in Teilen Deutschlands hat Innenminister Thomas de Maizière viel Gegenwind bekommen – doch ein Experte für Religionspolitik hält so einen Vorstoß für berechtigt. «Die Überlegung ist sinnvoll», sagte der Politologe Ulrich Willems von der Universität Münster der Deutschen Presse-Agentur. Zwar sei es kaum machbar, allen Religionsgemeinschaften einen Feiertag zuzugestehen. Muslime machten aber rund fünf Prozent der deutschen Bevölkerung aus.

«Das größte integrationspolitische Signal wäre ein Feiertag, der für alle Menschen im Bundesland gilt», sagte Willems. Feiertage sind in Deutschland Ländersache, abgesehen vom Einheitstag am 3. Oktober.

Einerseits könnten Feiertage symbolische Anerkennung schaffen, erklärte Willems. Andererseits hätten sie eine praktische Funktion – etwa, einen ganzen Tag Gottesdiensten oder Prozessionen zu widmen. Der auf Politik und Religion spezialisierte Professor wirbt für eine pragmatische Herangehensweise. «In Mecklenburg-Vorpommern leben kaum Muslime, da hätte das weniger Sinn», sagte er. «In Nordrhein-Westfalen sieht es aber ganz anders aus.» Zudem spielten die wirtschaftlichen Folgen arbeitsfreier Tage eine Rolle.

„Allerheiligen ist auch nur dort Feiertag, wo viele Katholiken lebten“

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte sich bei einer Wahlkampfveranstaltung offen gezeigt, in bestimmten Regionen Deutschlands muslimische Feiertage einzuführen – und damit eine Debatte losgetreten. Allerheiligen sei auch nur dort Feiertag, wo viele Katholiken lebten. «Wo es viele Moslems gibt, warum kann man nicht auch mal über einen muslimischen Feiertag nachdenken.»

Kritik kam vor allem aus den eigenen Unionsreihen. «Unser christliches Erbe ist nicht verhandelbar», sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der «Bild»-Zeitung (Samstag). «Islam-Feiertage in Deutschland einzuführen, kommt für uns nicht in Frage.» Auch der CSU-Innenexperte Stephan Mayer lehnte de Maizières Vorstoß ab: «Deutschland ist über Jahrhunderte durch die christliche Tradition geprägt und bestimmt worden. Daran hat sich bis heute nichts geändert.»

CSU-Vize Manfred Weber sagte der «Passauer Neuen Presse» (Samstag): «Feiertage stehen vor allem für die religiöse Prägung eines Landes und nicht für einzelne Bevölkerungsgruppen.» Die Integration muslimischer Mitbürger werde nicht durch die Einführung von Feiertagen besser gelingen.

CDU und CSU treibt auch Sorge vor AfD

Dem widersprach Aiman Mazyek, der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland. Ein solcher Feiertag würde deutlich machen: «Muslime sind Teil der Gesellschaft und es gibt Verständnis untereinander für ein gutes und friedliches Zusammenleben.» SPD-Chef Martin Schulz sagte, man müsse «über den Vorschlag nachdenken». Man müsse in Deutschland in der Lage sein, einen Vorschlag zu unterbreiten und diesen dann in Ruhe und seriös zu diskutieren.

«CDU und CSU verteidigen die Privilegien der beiden großen Kirchen aus der Frühzeit der Bundesrepublik, aber sie treibt auch die Sorge vor der AfD», kommentierte Willems die Debatte. «Ich vermisse dabei, dass diese Parteien unsere religionspolitische Ordnung offensiv verteidigen.» Dazu gehöre das gleiche Recht auf Religionsfreiheit und das System einer breiten Kooperation mit den Religionsgemeinschaften – «und das heißt, unter Einschluss des Islam».

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dpa/dtj