Connect with us

Panorama

Musste Peggy sterben, weil ihre Mutter Kopftuch trug und einen türkischen Freund hatte?

Spread the love

Eine neue DNA-Spur im Fall Peggy hat die Thüringer Ermittler aufhorchen lassen. Sie nehmen sich drei bisher ungeklärte Todesfälle von Kindern aus dem Raum Jena noch einmal vor. Gibt es Parallelen zum Tod der neunjährigen Schülerin aus Oberfranken?

Published

on

Spread the love

Nach dem Fund einer DNA-Spur Uwe Böhnhardts im Mordfall Peggy prüft eine neue Sonderkommission mögliche Verbindungen des mutmaßlichen NSU-Terroristen zu drei ungeklärten Todesfällen von Kindern im Raum Jena. Die Gruppe von 15 Kriminalisten habe am Montag die Arbeit aufgenommen, sagte Polizeisprecherin Steffi Kopp auf Anfrage. Derweil schließt die Staatsanwaltschaft Bayreuth eine Verunreinigung der Probe weiterhin nicht aus. Die Ermittler wollen daher den Weg der Spur genau nachvollziehen.

Die neue Soko „90iger“ steht den Angaben zufolge unter Führung von Polizeidirektor Lutz Schnelle. Der 50-Jährige habe zuletzt im Innenministerium gearbeitet, davor sieben Jahre die Kriminalpolizei in Saalfeld geleitet. „Mit schnellen Ergebnissen ist voraussichtlich nicht zu rechnen, da die Aktenbestände umfangreich und die Ermittlungen höchst komplex sind“, dämpfte die Landespolizeidirektion die Erwartungen an die Arbeit der Ermittler.

Bernd, Ramona und Stephanie

Konkret geht es um drei bis heute ungeklärte Fälle aus den 1990er Jahren. 1993 verschwand in Jena der neunjährige Bernd. Er wurde wenige Tage später tot am Ufer der Saale entdeckt. Böhnhardt war damals schon zeitweise ins Visier der Ermittler geraten. Auch der Mörder der zehnjährigen Ramona aus Jena-Winzerla wurde nie gefasst. Sie verschwand im Sommer 1996 spurlos, als sie von der Schule nach Hause ging. Ihre Leiche wurde im Januar 1997 in einem Wald entdeckt. Der dritte Fall betrifft ein Mädchen aus Weimar: Stephanie war 1991 tot unter einer Brücke an der A4 rund 20 Kilometer östlich von Jena entdeckt worden. Der Täter hatte das Kind offensichtlich von der Brücke geworfen.

Die Ermittler sollen aber auch Untersuchungen zu weiteren ungeklärten Todesfällen von Kindern in Thüringen auf neue Anhaltspunkte prüfen.

Die Behörden in Bayern nehmen derweil weiter den Weg der DNA-Spur Böhnhardts unter die Lupe. „Wie ist sie an den Fundort gekommen und wie zur Untersuchung?“, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel. Es müsse zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass die DNA-Spur per Zufall oder aus Versehen mit dem Fall Peggy in Verbindung gebracht wurde.

Rechtsmedizin schließt versehentliche Übertragung der DNA aus

Am Donnerstag hatten die Ermittler überraschend mitgeteilt, dass am Fundort der Skelettteile der 2001 verschollenen Peggy genetisches Material Böhnhardts entdeckt wurde. Die Rechtsmedizin des Uniklinikums Jena, wo im November 2011 Böhnhardts Leichnam obduziert und im Juli Peggys Knochen untersucht worden waren, schloss eine versehentliche Übertragung von DNA am eigenen Institut aus.

Die neunjährige Peggy war 2001 im oberfränkischen Lichtenberg verschwunden. Im Juli wurden Skelettteile von ihr in einem Wald im thüringischen Saale-Orla-Kreis entdeckt. Nun soll geprüft werden, ob es Parallelen zu Kindestötungen auch in Thüringen gibt. Denn in Jena sind die mutmaßlichen Rechtsterroristen Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe aufgewachsen. Sie waren Ende der 1990er Jahre abgetaucht. Böhnhardt und Mundlos sollen dann jahrelang unerkannt gemordet haben – hauptsächlich aus fremdenfeindlichen Motiven.

„Bild“: Nazis schrieben hasserfüllten Brief an Peggys Mutter

Derweil haben die neuesten Entwicklungen im Fall Peggy samt möglicher Verbindungen zur Terrorzelle NSU die Familie des Mädchens in die Zeit vor 15 Jahren zurückversetzt. „Darüber war Peggys Mutter sehr ergriffen und bestürzt“, sagte deren Rechtsanwältin Ramona Hoyer in Wettin in Sachsen-Anhalt. Ob es einen an Peggys Mutter adressierten „Hassbrief“ aus der Neonaziszene gibt und dieser die Verbindung zum NSU sein könnte, wollte Hoyer weder dementieren noch bestätigen. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung darüber berichtet.

Es sei wahr, dass der damalige Lebensgefährte der Mutter Türke war und ihre Mandantin sich dem Islam zugewandt habe. Sie habe auch ein Kopftuch getragen, sagte Hoyer. Offen ließ die 43-Jährige, ob die Mutter auch konvertiert sei: „Dazu kann ich keine Angaben machen.“ Aktuell gebe es enge Kontakte zu den Ermittlungsbehörden und erste Verständigungen zu einer weiteren Vernehmung der Mutter. Es gebe eine Menge zu klären, sagte Hoyer. (dpa/dtj)