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Politik

Jerusalem: Wer hat Muhammad Abu Chedair umgebracht?

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Der Konflikt im Nahen Osten spitzt sich während des islamischen Fastenmonats wieder zu. Nun erregt der Tod eines palästinensischen Jugendlichen die Gemüter. (Foto: reuters)

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Nach dem Mord an einem arabischen Jugendlichen kam es auch am Donnerstagabend zu Krawallen im Ostteil Jerusalems. Maskierte Palästinenser hätten Polizisten mit Steinen und Feuerwerkskörpern angegriffen, berichtete der israelische Rundfunk. Diese hätten versucht, die Demonstrationen aufzulösen. Ein Polizist sei verletzt worden.

Die Leiche des 16-jährigen Muhammad Abu Chedair war am Mittwoch in einem Wald bei Jerusalem gefunden worden. Israelische Medien sprachen von möglicher Rache rechtsgerichteter Israelis für den gewaltsamen Tod der drei verschleppten jüdischen Jugendlichen. Auch ein krimineller Hintergrund wird jedoch nicht ausgeschlossen.

Das „Israelnetz“ schreibt unter Berufung auf einen Reporter des 2. Fernsehkanal Israels, dass sich die Familie des ermordeten palästinensischen Jugendlichen schon einen Tag zuvor, am Montag, an die Polizei gewandt habe, weil angeblich ihr neunjähriger Sohn entführt werden sollte. Eine Polizeistreife begab sich zum Haus der Familie, wo die Mutter das neunjährige Kind in den Armen hielt. Es hatte Kratzer an seinem Körper. Die Mutter erzählte von Juden, die versucht hätten, ihr das Kind zu entreißen.

Ha’aretz vermutet nationalistischen Racheakt

Wenig später sei der Vater erschienen und widersprach der Erzählung seiner Frau: „Das waren keine Juden, sondern Araber, die den Jungen entführen wollten.“ Die Polizisten baten den Vater, in der Polizeiwache Anzeige zu erstatten. Doch der Vater wollte sich erst einmal um den Jungen kümmern. Obgleich die Polizei ihn mehrfach aufgefordert habe, Bericht zu erstatten, sei er nicht gekommen. Bei dem Neunjährigen handelt es sich um den jüngeren Bruder des am Mittwoch tot aufgefundenen Muhammad Abu Chedair.

Die Ha’aretz jedoch schrieb am heutigen Freitag, dass die Indizien für das Vorliegen eines nationalistischen Racheakts in Summe stärker seien als jene für einen Mord aus dem Umfeld der Familie, die als eher säkular galt und über die keine Fehden bekannt wären.

Die Ermordung des Palästinensers wurde von Premierminister Benjamin Netanjahu verurteilt. Er forderte die Polizei zur raschen Aufklärung auf und erklärte, dass Israel ein Rechtsstaat sei, in dem niemand „das Recht in die Hand nehmen darf“. Der Mord wurde auch vom Bürgermeister Jerusalems, Nir Barkat, als abscheuliche Tat bezeichnet. Politiker aus aller Welt verurteilten den „Rachemord“, obgleich die polizeilichen Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind und Täter wie Mordmotiv unbekannt sind. US-Außenminister John Kerry redete von einem „heimtückischen Mord“ und kondolierte den Palästinensern.

Tausend Menschen demonstrieren für Frieden und gegen den Hass

Der scheidende israelische Präsident Schimon Peres rief alle Bürger zu einem Ende der Gewalt und der Hetze auf. „Zwei Dinge sind jetzt notwendig: Das Gesetz respektieren und die Zunge zu zügeln“, sagte er.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Mord an dem jungen Araber. Die Verantwortlichen müssten sobald wie möglich zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Ban in New York. Er rief sowohl Israel als auch die Palästinenser zu Zurückhaltung, damit nicht noch mehr Tote zu beklagen seien.

Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier verurteilte das „abscheuliche Verbrechen“. „Nichts rechtfertigt die Ermordung Unschuldiger“, erklärte er am Donnerstag in Berlin. Großbritanniens Außenminister William Hague telefonierte mit Lieberman. Beide seien sich einig gewesen, dass die für die Verbrechen Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssten. Sie hätten aber auch übereingestimmt, dass Palästinenser und Israelis weiter zusammenarbeiten müssten, teilte das Außenministerium in London mit.

In Jerusalem demonstrierten rund Tausend Menschen gegen Gewalt und Rassismus. „Juden und Araber werden in diesem Land zusammenleben müssen“, sagte Oppositionsführer Izchak Herzog. Extremisten beider Seiten versuchten, das Land in eine Spirale der Gewalt zu ziehen. „Aber die Mehrheit der jüdischen und arabischen Gesellschaft will in Frieden leben.“ (dpa/dtj)