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Neue Kirchen für die Türkei?

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In den letzten Jahrzehnten erlebt man eine liberalere Politik bezüglich der Neuerbauung von Kirchen. Allerdings bleibt die Frage offen, inwieweit diese Minderheit daran interessiert ist und wo man geeignetes Personal dafür findet. (Foto: cihan)

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Neue Kirchen für die Türkei?
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Herr Dr. Grulich, in der Debatte über die Lage der Christen in der Türkei wird sehr oft beklagt, dass es noch immer nicht möglich sei, Kirchen in der Türkei zu bauen. Ein anderer Punkt ist die große Schwierigkeit, Priester aus dem Ausland zu holen. Andererseits gibt es mehr und mehr Stimmen, die in den letzten Jahren eine liberalere Politik der türkischen Regierung diesbezüglich zu erkennen glauben. Was stimmt?

Die Debatte wird leider zu sehr schwarz-weiß geführt. Manche Zuspitzung ist überflüssig. Nehmen wir das Beispiel der Orthodoxen Kirche in der Türkei: Es sind noch 3000 bis 4000 Griechen in Istanbul und auf den Prinzeninseln, aber sie haben über 40 Kirchen. Das katholische Erzbistum Izmir mit seinen 1200 Gläubigen hat 7 Pfarreien mit eigenen Kirchen. Daher konnte es gerade seine schönste Kirche an die Anglikaner abgegeben.

Eine andere Kernfrage ist die des 1971 geschlossenen griechischen Priesterseminars in Chalki. Jetzt heißt es, die Genehmigung zu dessen Wiedereröffnung sei da, nicht aber die, geeignetes Lehrpersonal dafür aus dem Ausland zu holen?

Man muss sich auch in diesem Falle die Frage stellen. Kann die griechisch-orthodoxe Kirche in der Türkei denn überhaupt mit ihrer geringen Zahl von Gläubigen ein Priesterseminar aufrechterhalten? Woher soll der Nachwuchs kommen? Zumal es ja verschiedene Ausbildungsstätten in Griechenland gibt, sollten die Europäer bei den EU-Beitrittsverhandlungen von der Türkei die Möglichkeit fordern, Priester aus dem Ausland ohne bürokratische Schikanen in der Türkei arbeiten zu lassen. Im Falle der Hochschule in Chalki sollte eine gemeinsame ökumenische Lösung angestrebt werden: Eine internationale ökumenische theologische Akademie mit eigenen Instituten für die verschiedenen Denominationen. Es werden oft, teilweise aus Unkenntnis, nicht reflektierte Forderungen gestellt, die es der türkischen Politik unmöglich machen, vernünftige Zwischenlösungen anzugehen.

Zunahme von christlichen Gotteshäusern

Ein anderes schwer zu klärendes Kapitel ist das, ob es heute in der Türkei grundsätzlich wieder möglich ist, neue Kirchen zu bauen. Leichter ist es wohl in den Gebieten mit vielen Touristen. Zum Teil sind renovierte Kirchen auch als Museen wieder eröffnet worden.

Leider ist das Interesse der Touristen und der in der Türkei als Alterssitz lebender ausländischer Rentner an der Kirche sehr gering. Es gibt aber Fälle von Totalrenovierung von Kirchen, die fast Neubauten waren, zum Beispiel in dem letzten armenischen Dorf auf dem Musadag, wo schon 1997 die Kirche neu erbaut wurde. Was die christlichen Gotteshäuser der Türkei betrifft, so lag nach einem sehr interessanten Artikel der Zeitung Hürriyet von Anfang 2007 nach offiziellen staatlichen Statistiken die Zahl der christlichen Kirchen und Gotteshäuser Ende 2006 bei 373, während sie noch wenige Jahre zuvor nur bei 273 gelegen hatte. Die Zunahme beruht auf Aktivitäten protestantischer Freikirchen. Die Probleme machen übrigens meist nicht die Regierung, sondern örtliche Behörden.

Dieselbe Frage stellt sich bei den ausländischen Geistlichen. Lange war eine Einreise und Arbeitserlaubnis nur unter dem Deckmantel von Botschaftsangestellten möglich wie für den deutschen evangelischen Pfarrer Nollmann.

Es gibt leider immer noch Schwierigkeiten, aber der neue deutsche katholische Pfarrer in Antalya ist sicher genau so wenig wie der neue italienische Bischof für Ostanatolien, Msgr. Padovese, Angestellter irgendeiner Botschaft.

Dr. Grulich, vielen Dank für Ihre Einschätzung und alles Gute weiterhin für Ihre Arbeit.