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Kolumnen

Neue Studie: 65,4% der Deutschlandtürken werden zur Wahl gehen

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Noch im Jahr 2008 sorgte der türkische Ministerpräsident für großes Aufsehen: 20.000 Deutschlandtürken folgten seiner Einladung nach Köln. Mittlerweile soll Angela Merkel unter diesen jedoch beliebter sein als ihr türkischer Amtskollege.(Foto: Zaman)

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Neue Studie: 65,4% der Deutschlandtürken  werden zur Wahl gehen
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endaX” – so heißt die neue Initiative des futureorg Instituts und des Deutsch-Türkischen Journals (DTJ), das der türkischen Mediengruppe World Media Group AG angehört. Zweck dieser Initiative ist es, erstmals repräsentative Wahl-, Markt- und Meinungsforschung für die Gruppe der Einwandererinnen und Einwanderer in Deutschland zu realisieren.

Nach amtlichen Statistiken würde das Potenzial aller wahlberechtigten Migrantinnen und Migranten 10% aller Wählerstimmen in Westdeutschland umfassen. In NRW beträgt dieses Stimmenpotenzial sogar über 11%. Und in den deutschen Großstädten, wo die meisten Einwanderinnen und Einwanderer leben, dürfte der Anteil sogar höher sein.

Angesichts dessen ist es erstaunlich, dass das Wahlverhalten und die parteipolitischen Präferenzen der migrantischen Community in Deutschland kaum eine Rolle für die Wahlforschung spielen. Dabei betrifft dies – folgt man dem Mikrozensus – 20% aller Einwohner in Deutschland. Wenn die politische Stimme eines Fünftels jener Menschen, die in diesem Land dauerhaft leben, nicht gehört wird, dann ist dies ein gravierendes Demokratiedefizit in diesem, unserem Land!

Ein ganzes Leben in Abwesenheit von Demokratie

In Anbetracht dessen, dass Deutschland – im Gegensatz zu anderen EU-Ländern – kein kommunales Wahlrecht für ausländische Staatsangehörige vorsieht, gibt es noch eine weitere traurige Begleiterscheinung dieses Defizits: So ist es nicht ausgeschlossen, dass die einstigen Gastarbeiter, die in jungem Alter während der 1960er- und 70er-Jahre nach Deutschland eingewandert waren, vielleicht nie in ihrem Leben eine Stimme abgeben. Das ist ein Leben in Abwesenheit von Demokratie.

Aus diesem Grund haben das futureorg Institut und das Deutsch-Türkische Journal Anfang dieses Jahres beschlossen, die Initiative “endaX” zu starten.

Das Humankapital der Einwanderergesellschaft sichtbar machen

Ziel der Initiative “endaX” ist es, für die Einwanderinnen und Einwanderer in Deutschland eine repräsentative und aussagekräftige Wahl-, Markt- und Meinungsforschung durchzuführen. Durch sie wird von nun an wissenschaftlich ermittelt, welche Parteien diese Bevölkerungsgruppe wählen würde und warum, welche Politiker beliebt sind, welche Themen sie interessieren, welche Meinung sie zu aktuellen Themen haben. Es interessiert aber auch, welches ökonomische Potenzial sie besitzen.

Kurz: Durch “endaX” soll das politische, ökonomische und kulturelle Kapital der Einwanderergesellschaft so detailliert und differenziert wie möglich ermittelt werden, um so die Anliegen dieser Bevölkerungsgruppe gegenüber der Politik, den Ministerien und Verbänden sowie der Wirtschaft bestmöglich artikulieren zu können.

Auf diese Weise wird “endaX” einen wichtigen Beitrag zur Information, Organisation und Emanzipation der migrantischen Community in Deutschland leisten.

Überraschende Ergebnisse

Im Zuge des Starts der Initiative “endaX” wurde bereits eine erste repräsentative Wahlforschung durchgeführt, die allerhand überraschende Ergebnisse geliefert hat.

Allen voran, dass Angela Merkel, die deutsche Bundeskanzlerin, bei jungen Deutschlandtürkinnen und –türken in der Altersgruppe von 18 bis 25 Jahren sehr beliebt ist, ja sogar beliebter als der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan und Grünen-Chef Cem Özdemir! Wer hätte das gedacht!? Je älter die Befragten waren, umso niedriger sind jedoch die Sympathiewerte für die deutschen Politiker. Bei Angehörigen der ersten Gastarbeitergeneration spielt kein deutscher Politiker eine nennenswerte Rolle.

Von wegen Türkinnen und Türken wählen nur die SPD

Nach der ersten endaX-Studie wird einiges anders: Bisher hatte es geheißen, dass die Türkinnen und Türken in Deutschland eh’ alle die SPD wählen würden, weswegen lange Zeit viele Parteien in diese Wählergruppe weder Geld noch Mühe investiert haben. Bei der klassischen Sonntagsfrage übertrifft die SPD zwar alle anderen Parteien in der Wählergunst der Stimmberechtigten mit Migrationshintergrund, aber bei weitem nicht so stark, wie man es bisher angenommen hat. Die SPD vereint 31,3% auf sich und wird von der CDU mit 27,8% dicht bedrängt. Die größte Überraschung allerdings ist die FDP: Ganze 20% aller Befragten würden den Liberalen ihre Stimme gegeben, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahlen wären. Die FDP übertrifft damit die Grünen um Längen, die gerade Mal 13,8% der Stimmen auf sich vereinigen konnten. Die Linke weist eine Zustimmung von 9,3 Prozentpunkten auf.

Doch damit ist noch nicht alles gesagt. Denn der endaX-Studie zufolge werden 65,4% der Deutschlandtürkinnen und -türken bei den Bundestagswahlen zu den Wahlurnen gehen. 25,9% hingegen sind sich noch unsicher. Die politischen Parteien haben bis zum 22. September Zeit, ein großes Wählerpotenzial für sich zu gewinnen.

Kamuran Sezer, Jg. 1978, ist Leiter des Dortmunder futureorg Instituts, eine Denkfabrik für Diversity und gesellschaftlichen Wandel und gemeinsam mit Mustafa Altaş Leiter der Initiative endaX.

Die Ergebnisse der ersten endaX-Studie können kostenlos auf www.endax.de heruntergeladen werden.