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DTJ-Blog

Neugierde gegenüber dem Fremden

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Wann hören Kinder auf neugierig zu sein? Was bedeutet es eigentlich, dass Kinder irgendwann aufhören die Eltern auszufragen? Wieso gilt „neugierig sein“ als nicht mehr ganz so positiv? Wie kann „Neugierde“ sublimiert werden? 

Katja Turtl, die Kostüm- und Bühnenbildnerin aus meinem letzten Artikel, erzählte nachher noch, dass sie früher auch mal Tagebücher schrieb. Aber dass sie sich heute fragt, warum sie die denn geschrieben habe. Wer das denn lesen solle.

Dann habe sie aber einen Eintrag zum 11. September zum Beispiel mal herausgekramt – was im Nachhinein schon interessant gewesen sei, zu lesen. Was sie damals so von sich gegeben habe. Aber bei vielen anderen Geschichten denke sie sich manchmal, wer das denn sei, über den sie da geschrieben habe – und dass sie sich ja gar nicht mehr daran erinnere.

Das vertraute Fremde

Ich würde gerne deine Tagebücher lesen, denke ich mir. Gerne wissen, was du als Jugendliche so gemacht oder gedacht hast. Wie dein Alltag oder dein Stress aussah. Was du von der Welt mitbekommen hast. Oder nicht mitbekommen hast. Und wie du das bewertet hast. Weil deine Welt mich neugierig macht. Dieses mir Vertraute und doch Unbekannte macht mich neugierig.

Vertraut, weil du mich an meine Freunde von damals erinnerst. An meine Freunde, mit denen ich aufgewachsen bin. Aber irgendwas an dir ist mir fremd. Denn letztendlich bist du anders als ich aufgewachsen. Was mich neugierig macht.

„Neugierde“ statt „Abgrenzung gegenüber dem Anderen“

Diese „Neugierde gegenüber dem Anderen“ könne nur entwickelt werden, wenn man sich selber kennt. Im Falle der fehlenden Selbstkenntnis tritt Unsicherheit – manchmal sogar Angst ein. Soziologen und Psychologen versuchen herauszufinden, wie Letzterem entgegengewirkt werden kann. Denn durch die Unsicherheit, die im schlechteren Fall zu Angst führt, entsteht erst eine potenzielle Gefahr, die diese Angst nur stützend und bestätigend nährt. Deshalb sei es sehr wichtig, sich selber zu kennen. Um Neugierde und Frohsinn darüber entwickeln zu können, Teil von etwas Unbekanntem zu sein, was durch die geteilte Intentionalität nicht mehr unbekannt bleibt.

Wissendurst bei Kindern bis zum Konkurrenzkampf beobachtbar

Dieser Durst, Neugierde zu stillen, ist besonders bei Kindern beobachtbar. Eltern, ErzieherInnen, GrundschullehrerInnen und im Idealfall auch Lehrpersonen der Sekundarstufen I und II kennen das ständige Ausfragen der Kinder. Vor allem bei Kleinkindern ist ein gewisser Erkenntnisdrang zu erkennen. Dass die Wissensneugier in der Sekundarstufe statistisch abnimmt, könnte unter anderem davon zeugen, dass Schülerinnen und Schüler immer mehr in einen Konkurrenzkampf geraten, der ihnen zum einen Druck und Angst bereitet und zum anderen die Lust nimmt, etwas Neues lernen zu wollen.

Dabei dient das Lernen neuer Inhalte der besseren Orientierung in der Welt, in der wir leben. So lohnt es sich, darüber nachzudenken, wie bedeutsam es ergo ist, einem Kind seinen Freiraum zu bieten. Damit es sich orientieren kann. Und sich in diesem entfalten kann.

Entscheidungsdruck für Viertklässler

Heute ist es bedauerlicherweise (noch) nicht selbstverständlich, dass einem 10-jährigen Kind Raum für die Entfaltung und Zeit für die Entscheidung bezüglich eines Abschlusses gewährt werden. Es oder seine Eltern müssen zu einem viel zu frühen Zeitpunkt entscheiden, wie der weitere Lebensverlauf des Kindes in etwa aussehen soll. Mit der jeweiligen Entscheidung hängt leider auch immer ein bestimmtes Narrativ und eine Wahrnehmung zusammen. Es herrscht derzeit sowohl unter Eltern als auch unter der LehrerInnenschaft das Narrativ, dass das Gymnasium die stärkste Säule im Bildungssektor sei. Dabei bietet Deutschlands Bildungssystem durchaus die Möglichkeit über jede Schulart zum Studium zu gelangen. Doch durch die frühe Etikettierung durch die Zuweisung zu Schulen kann es passieren, dass Schülerinnen und Schüler der Real- und Hauptschulen der Demotivation zum Opfer fallen, wohingegen die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums einem Leistungs- oder Zeitdruck ausgesetzt sind. Insofern gilt es neue Formen und Modelle von Schule zu stärken, auf die ich in meinem nächsten Artikel eingehen werde.

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Beitragsbild: http://www.bunte.de/meldungen/neugierde-macht-der-urtrieb-gluecklich-106622.html, Stand 20.05.2015.